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Aktuelles
aus Berlin: Modernisierung von Verfahren im
anwaltlichen Berufsrecht Neuregelung der Anrechnung einer Gebühr
auf eine nachfolgende Gebühr Reform des
Untersuchungshaftrechts Ausgabe
Nr. 9/2009 v. 30.04.2009 |
Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von
schweren staatsgefährdenden Gewalttaten |
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Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen BerufsrechtDer Bundestag hat am 23.04.2009 in 2. und 3.
Lesung den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren
im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer
Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung der
Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und kostenrechtlicher
Vorschriften (BT-Drucks.
16/11385) mit den vom Rechtsausschuss beschlossenen Änderungen (BT-Drucks.
16/12717) verabschiedet. Kern der gesetzlichen
Neuregelung ist die Einrichtung einer unabhängigen Schlichtungsstelle zur
Vermittlung bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis 15.000
zwischen Rechtsanwälten und ihren Auftraggebern, durch welche die bestehenden
Schlichtungseinrichtungen der regionalen Rechtsanwaltskammern ergänzt werden.
Die Neuregelung sieht des Weiteren eine Vereinheitlichung der
Verfahrensordnungen vor, indem sie in gerichtlichen Verwaltungsverfahren in
Anwaltssachen grundsätzlich die VwGO und in außergerichtlichen Verfahren das
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) für anwendbar erklärt. Vorgesehen ist
ferner eine Neuregelung der Anrechnung einer Gebühr auf eine nachfolgende
Gebühr im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Das Gesetz enthält zudem eine Erhöhung der Zahl der
zu führenden Fachanwaltschaften von zwei auf drei. Hervorzuheben ist von den
Änderungen des Rechtsausschusses im Vergleich zum Regierungsentwurf insbes. §
191f BRAO, in dem die Anregung der BRAK, dass ein allein tätiger Schlichter
bzw. mindestens ein Schlichter des Kollegialorgans über die Befähigung zum
Richteramt verfügen muss, aufgegriffen wurde. Die weitere Forderung der BRAK,
dass die Durchführung des Schlichtungsverfahrens von einer angemessenen
Schutzgebühr abhängig gemacht werden darf, fand indes keinen Eingang in das
Gesetz. Die Änderungen der BRAO, des EuRAG, der BNotO und
des VwVfG treten am 01.09.2009 in Kraft. Abweichend hiervon sollen die
Regelungen zur Abwicklung von Verfahren über den einheitlichen
Ansprechpartner, die der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie dienen,
erst zum Ende der Umsetzungsfrist am 28.12.2009 in Kraft treten, weil erst
dann die notwendigen Strukturen zum einheitlichen Ansprechpartner in den
Ländern geschaffen sein müssen. Dies betrifft auch die Änderung des § 13 Abs.
1 Satz 2 RDG, wo klargestellt wird, dass das Registrierungsverfahren auch
über eine einheitliche Stellung nach den Vorschriften des
Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des
Bundesrates. Lesen Sie zu diesem Thema die BRAK-Pressemitteilung-Nr. 5
v. 23.04.2009 und KammerInfo 23,
21,18,
13,
8
sowie 6/2008. Neuregelung der Anrechnung einer Gebühr auf eine nachfolgende GebührDer Bundestag hat 23.04.2009 die Neuregelung der Anrechnungsvorschriften im RVG (BT-Drucks. 16/11385, 16/12717) beschlossen. Ein neuer § 15a RVG (Anrechnung einer Gebühr) wird in das Gesetz eingefügt und eine weitere Änderung wurde in § 55 Abs. 5 Satz 2 vorgenommen. Durch diese Regelung sollen die unerwünschten Auswirkungen der Anrechnung insbes. im Hinblick auf die Entscheidungen des BGH aus der letzten Zeit vermieden werden, indem klargestellt wird, dass die Anrechnung in erster Linie das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber betrifft. Beide Gebührenansprüche bleiben unangetastet erhalten, können also jeweils in voller Höhe geltend gemacht werden. Allerdings kann der Rechtsanwalt insgesamt nicht mehr als den Betrag verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrages ergibt. Damit wird die Begrenzung des Vergütungsanspruchs erreicht, der mit der Anrechnung bezweckt wird, ohne dass Nachteilte zulasten des Auftraggebers entstehen. Die Änderung in § 55 Abs. 5 Satz 2 RVG führt dazu, dass dem Urkundsbeamten für die Festsetzung der Vergütung alle Daten zur Verfügung stehen, die er benötigt, um zu ermitteln, in welchem Umfang die Zahlungen nach § 58 Abs. 1 und 2 RVG auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festzusetzende Gebühr zu behandeln sind. Da eine Änderung des § 58 RVG nicht erfolgt, bleibt gewährleistet, dass die Anrechnung von Vorschüssen auf die Wahlanwaltsvergütung auch bei gewährter Prozesskostenhilfe bestehen bleibt. Diese Änderungen werden am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Lesen Sie hierzu auch die BMJ-Pressemitteilung v. 28.04.2009. KinderschutzgesetzAm 25.03.2009 veröffentlichte der Bundestag den
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Kinderschutzes (BT-Drucks.
16/12429). Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Maßnahmen zur Stärkung des
Kinderschutzes gesetzlich zu regeln. Kern des Gesetzgebungsvorschlags ist die
Schaffung einer Befugnisnorm in § 2 des Gesetzentwurfs, die es Berufsgeheimnisträgern
im Sinne des § 203 StGB ermöglicht und für diese rechtlich absichert,
dass sie bei Kindeswohlgefährdung Informationen an Dritte weitergeben dürfen,
ohne einen Geheimnisverrat zu begehen. Dies bedeutet auch für Rechtsanwälte,
dass sie ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegende Informationen im
Falle der Gefährdung des Wohls eines Kindes
weitergeben sollen, also abwägen müssen zwischen dem besonders geschützten
Vertrauen und dem Kindeswohl. Die BRAK kritisierte dies in ihrer Stellungnahme-Nr.
14/2009. Dadurch werde das Vertrauen zwischen Rechtsanwalt und Mandant
empfindlich gestört, wenn letzterer immer damit rechnen müsse, dass
Informationen, die er erteilen müsse, um sachgerecht vertreten zu werden,
gegen ihn verwendet und den Ermittlungsbehörden offenbart werden könnten.
Zudem erhalte der Rechtsanwalt bei familienrechtlichen Auseinandersetzungen
regelmäßig nur Informationen von einer Seite, während Ärzte oder
Psychotherapeuten objektive Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung
erhalten könnten. Es genüge daher, die durch den Gesetzentwurf angesprochenen
Konfliktfälle jedenfalls für Rechtsanwälte unter dem Blickwinkel der Nothilfe
oder des übergesetzlichen Notstands de lege lata zu lösen, einer Aufhebung
der Strafbarkeit von Schweigepflichtverletzungen bedürfe es nicht. Wir berichteten zu diesem Thema in KammerInfo 6/2009. Reform des UntersuchungshaftrechtsDer Rechtsausschuss des Bundestags befasste sich
am 22.04.2009 in einer öffentlichen Anhörung mit dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Änderung des Untersuchungshaftrechts (BT-Drucks.
16/11644). Die BRAK hat in der BRAK-Stellungnahme-Nr.
10/2009 zu diesem Entwurf Stellung genommen. Darin begrüßt sie die nunmehr
aufgrund der geäußerten Kritik aufgenommene Verpflichtung in § 114a StPO-E,
Beschuldigten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, eine
schriftliche Übersetzung des Haftbefehls auszuhändigen. Diese Forderung hatte
die BRAK bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf (BRAK-Stellungnahme-Nr.
37/2008) erhoben. § 119 Abs. 1 StPO-E wurde nunmehr, wie von der BRAK
gefordert, als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Keinen Eingang in den
Gesetzentwurf gefunden haben die Forderungen, den § 119 Abs. 3 StPO
der beabsichtigten Neufassung des § 119 StPO-E als Leitsatz voranzustellen
und den Beschuldigten in § 114b Abs. 2 Nr. 4 StPO-E auf die Möglichkeit einer
Pflichtverteidigerbestellung hinzuweisen. Durch die Neuregelung des
Untersuchungshaftrechts sollen die Vorgaben des BVerfG (vgl. u. a.
BVerfG-Urteil v. 31.05.2006 (2
BvR 1673/04; 2 BvR 2402/04) umgesetzt werden. Das BVerfG hatte wiederholt
eine gesetzliche Grundlage für die Ausgestaltung einer Inhaftierung
gefordert. Lesen Sie auch KammerInfo 7/2009,
3/2009
und 1/2009,
21
und 19/2008,
18
und 17/2007
sowie 12/2006. Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden GewalttatenDie BRAK
hat in ihrer Stellungnahme-Nr.
13/2009 die Entwürfe der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks.
16/11735) und der Bundesregierung (BT-Drucks.
16/12428) eines Gesetzes über die Verfolgung von schweren
staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG) abgelehnt. Kern der Neuregelung ist die Schaffung von zwei
neuen Straftatbeständen (§ 89a StGB - Vorbereitung einer schweren
Gewalttat und § 91 StGB - Anleitung und Aufnahme von Beziehungen zur
Begehung einer schweren Gewalttat). Die BRAK lehnt die vorgesehenen
Straftatbestände aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Sie bezeichnet die
Verlagerung der Strafbarkeit in das Stadium des strafbaren Versuchs als
bedenklich. Die BRAK hatte sich bereits mit der BRAK-Stellungnahme-Nr.
46/2008 kritisch zum Referentenentwurf des Gesetzes geäußert. Wir
berichteten hierzu in KammerInfo 1/2009.
Am 22.04.2009 beriet auch der Rechtsausschuss des
Bundestags über die Gesetzentwürfe sowie über den Entwurf des Bundesrates zur
Bekämpfung des Aufenthalts in terroristischen Ausbildungslagern (BR-Drucks. 16/7958). Zugang zum AnwaltsnotariatDas Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung,
das den Zugang zum Anwaltsnotariat neu regelt, ist am 08.04.2009 im BGBl. 2009 I, S.
696ff. verkündet worden. Nach Art. 2 tritt es am Tag nach der
Verkündung in Kraft. Eine Ausnahme gilt für Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes,
der die Änderung des § 6 Abs. 2 bis 4 BNotO, also die Eignung für das Amt des
Notars, vorsieht. Diese Neuregelung tritt am ersten Tag des 25. auf die
Verkündung folgenden Kalendermonats, somit am 01.05.2011, in Kraft. Wir
berichteten zu diesem Thema in KammerInfo 4/2009
und 12/2008. Reform des KontopfändungsschutzesDer
Bundestag hat am 23.04.2009 den Regierungsentwurf zur Reform des
Kontopfändungsschutzes beschlossen. Durch die Neuregelung wird ein sog.
Pfändungsschutzkonto eingeführt. Auf diesem Konto erhält ein Schuldner für
sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages,
unabhängig davon aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt. In Zukunft
haben somit auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben. Lesen
Sie hierzu die BMJ-Pressemitteilung
v. 24.04.2009. Weitere Einzelheiten zum Gesetzentwurf finden Sie unter www.bmj.de/p-konto. Die BRAK hatte sich
mit der BRAK-Stellungnahme-Nr.
18/2008 zu dem Gesetzesvorhaben geäußert. Wir berichteten zu diesem Thema
in KammerInfo 14/2008
sowie 22
und 16/2007. Leitfaden zum VereinsrechtSeit
dem 23.04.2009 bietet das BMJ in seinem Internetangebot einen neuen Leitfaden
zum Vereinsrecht an. Dieser kann kostenlos unter www.bmj.de/Vereinsrecht
abgerufen werden. Der Leitfaden enthält einen Überblick zu den wichtigsten
Fragen der Gründung und Führung eines Vereins und informiert über die
wesentlichen Rechte und Pflichten der Mitglieder und Organe des Vereins. DAIDas Deutsche Anwaltsinstitut (DAI) präsentiert die Veranstaltung Erbrechtsreform und neues Erbschaftsteuerrecht" am 09.05.2009 in Heusenstamm. Weitere Informationen finden Sie hier. |
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Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Berlin,
Littenstraße 9, 10179 Berlin, Tel: 030/ 28 49 39 0 , Redaktion und Bearbeitung: RAin Friederike Lummel; RAin Tanja Ortel, RA Stephan Göcken, Frauke Karlstedt |
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