Büro Brüssel

Ausgabe 9/2003                                                                                                                  07.05.2003

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Nachtrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung

- Anhörung zum europäischen Mahnverfahren

 

Strafrecht

- Initiative: „ne-bis-in-idem“-Prinzip

 

Wirtschaftsrecht

- Registrierung von Wirtschaftsprüfern in USA

 

Sonstiges

- EU-Vorschlag in der WTO über Dienstleistungen

- Bericht über Grundrechte in der EU

- Schlechtere Umsetzung von EU-Recht


 

Zivilrecht

 

Nachtrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung

Der Berichtsentwurf des Abgeordneten Willi Rothley zur 5. Kfz-Haftpflichtversicherungsrichtlinie ist in der letzten Ausgabe der Nachrichten aus Brüssel unklar dargelegt worden. Der Berichterstatter spricht sich in seinem Berichtsentwurf nicht für eine verschuldensunabhängige Haftung des Fahrers aus, sondern will den Schutzbereich des Direktanspruchs der Unfallopfer gegen die Haftpflichtversicherung auf alle schwachen Verkehrsteilnehmer ausweiten, die keine Fahrer sind. Er stellt klar, dass diese Regelung versicherungsrechtlicher Natur ist und weder die Fragen der zivilrechtlichen Haftung noch die Höhe des Schadensersatzes berührt. Diese Vorschläge Rothleys werden von der BRAK uneingeschränkt unterstützt. Außerdem will Rothley die von der Kommission vorgeschlagene Mindestdeckungssumme in Höhe von €1 Million je Unfallopfer für Personenschäden und €1/2 Million für Sachschäden je Schadensfall auf jeweils €10 Millionen für Personen- und Sachschäden je Unfall festlegen. Schließlich weist er darauf hin, dass die Ausdehnung der Direktklage gegen den Versicherer auf alle Unfälle im vorliegenden Richtlinienvorschlag die Begründung eines Gerichtsstands im Wohnsitzland des Unfallopfers zur Folge hat.

 

Der Kommissionsvorschlag zur 5. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsrichtlinie ist abrufbar unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/lip/latest/doc/2002/com2002_0244de01.doc

 

Der Berichtsvorschlag von Rothley ist zu finden unter:

http://www.europarl.eu.int/meetdocs/committees/juri/20030422/492969DE.pdf

 

Die 4. KH-Richtlinie finden Sie unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2000/l_181/l_18120000720de00650074.pdf

 

Anhörung zum europäischen Mahnverfahren

Am 26. Juni 2003 wird die Europäische Kommission eine öffentliche Anhörung zum europäischen Mahnverfahren abhalten. Im Dezember 2002 hatte sie ein Grünbuch über ein europäisches Mahnverfahren und über Maßnahme zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert vorgelegt.

 

Das bis zum 20.06.2003 zurückzusendende Anmeldeformular ist abrufbar unter:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/news/regis_form_260603_de.doc

 

Grünbuch über ein europäisches Mahnverfahren:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/dpi/gpr/doc/2002/com2002_0746de01.doc

 

Über das Europäische Mahnverfahren wurde bereits in den Nachrichten aus Brüssel berichtet:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten1aus2003.htm#_Toc26763711

 

Strafrecht

 

Initiative: „ne-bis-in-idem“-Prinzip

Griechenland hat Ende April 2003 eine Initiative für einen Rahmenbeschluss über die Anwendung des „ne-bis-in-idem“-Prinzips eingebracht. Damit sollen gemeinsame Regeln geschaffen werden, durch die sowohl die einheitliche Auslegung als auch die Anwendung des Verbots der Doppelbestrafung in den Mitgliedstaaten sichergestellt werden. Insbesondere ist die Erstreckung des Prinzips auf sämtliche rechtskräftige Entscheidungen und nicht nur auf Urteile geplant. Der Vorschlag wird voraussichtlich in der Kommission wegen der gegenüber dem Schengener Durchführungsübereinkommen präziseren Fassung und Regelung der internationalen Zuständigkeiten begrüßt werden. Hingegen war die Reaktion des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten des Europäischen Parlaments während der ersten Aussprache am 23.04.2003 im Hinblick auf die bereits vorhandene Verankerung des Prinzips im Protokoll zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in der Grundrechtscharta und dem Schengener Abkommen eher verhalten.

 

Initiative der Hellenischen Republik:

http://www.europarl.eu.int/meetdocs/committees/libe/20030423/03-165_de.pdf

 

Informationen zum Schengener Übereinkommen und Schengener Durchführungsübereinkommen des Auswärtigen Amts finden Sie unter:

http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/willkommen/einreisebestimmungen/schengen_html


Informationen des Auswärtigen Amts zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Zusatzprotokollen sind abrufbar unter:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/aussenpolitik/menschenrechte/europarat/konventionen/mrk_html

 

Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) (englisch):

http://conventions.coe.int/treaty/EN/WhatYouWant.asp?NT=005&CM=1&DF=31/07/01

 

Wirtschaftsrecht

 

Registrierung von Wirtschaftsprüfern in USA

Um dem kürzlich ergangenen Sarbanes-Oxley-Act nachzukommen, hat die US-Aufsichtsbehörde Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) beschlossen, in der EU ansässige Wirtschaftsprüfungsfirmen mit börsennotierten US-Kunden einer Registrierungspflicht zu unterwerfen: In USA ansässige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müssen sich bis Oktober 2003, ausländische bis Mai 2004 registrieren lassen. Damit müssen personenbezogene Daten aller ihrer Mitarbeiter übermittelt und Zugang zu arbeits- und kundenbezogenen Unterlagen gewährt werden. Der Beschluss bedarf noch der Billigung der US-Börsenaufsicht (SEC). Kommissionsmitglied Bolkestein nahm die Entscheidung des PCAOB bedauernd auf: Durch sie würde der Druck zur Schaffung einer analogen Registrierungspflicht in der EU erhöht, den die Kommission wegen der entstehenden Kosten für Wirtschaftsprüfer und Anleger sowie der durch Übermittlung persönlicher Daten bestehenden rechtlichen Schwierigkeiten ablehnt. Er sprach sich für eine einjährige Aussetzung dieser Verpflichtung für EU-Wirtschaftsprüfer aus, um das Vertrauen in die Wertpapiermärkte wiederherstellen zu können, ohne Unternehmen und Wirtschaftsprüfer aus der EU unverhältnismäßig stark zu belasten. Zwar seien wirksame Aufsichtssysteme nötig, doch bestünden bereits jetzt gleichwertige, ständig verbesserte Systeme. Ziel müsse eine strengere Aufsicht im Herkunftsland sein, die den Anlegerschutz wirksamer gewährleisten könne. Die Kommission hat ihre Auffassung bereits in einer schriftlichen Stellungnahme zum Entwurf der neuen Regeln und beim Runden Tisch der PCAOB in Washington geäußert. Bald will sie eine Mitteilung über die Prioritäten im EU-Wirtschaftsprüfungsrecht vorlegen, in der sie ihre Initiativen intensivieren will. 

 

Pressemitteilung der EU: http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/571|0|RAPID&lg=DE&display=


 

Homepage der PCAOB: 

http://www.pcaob.com/

 

Homepage der US-Börsenaufsicht (SEC):

http://www.sec.gov/index.htm

 

Über den Sarbanes-Oxley-Act wurde bereits in früheren Ausgaben der Nachrichten aus Brüssel berichtet:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten3aus2003.htm#_Toc26763713

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten1aus2003.htm

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten2aus2003.htm

 

Sonstiges

 

EU-Vorschlag in der WTO über Dienstleistungen

Am 29.04.2003 hat die EU - erstmals nach öffentlichen Konsultationen – im Rahmen der neuen Verhandlungsrunde der World Trade Organisation (WTO) einen Vorschlag zur Öffnung des Dienstleistungsverkehrs für Unternehmen und Personen aus Drittstaaten vorgelegt. Hiermit soll mehr Wachstum und Beschäftigung auf dem 2/3 des Bruttosozialprodukts (rund 6.000 Mrd. Euro) umfassenden Dienstleistungssektor erreicht und zum Gesamtfortschritt der Doha-Entwicklungsagenda beigetragen werden. Durch den Vorschlag profitieren insbesondere Staatsangehörige aus Entwicklungsländern wegen der Möglichkeit zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in den EU-Staaten. Das EU-Angebot umfasst auch den Bereich der Personen betreffenden Erbringungsweise von Dienstleistungen. Dies stellt eines der Hauptinteressen der Entwicklungsländer dar. Bereits in der Uruguay-Runde ist die EU Verpflichtungen eingegangen, wonach bestimmte ausländische Staatsangehörige zur Dienstleistungserbringung vorübergehend in das Gebiet der EU einreisen können. Der europäische Vorschlag im Sektor freiberuflicher Dienstleistungen sieht die Verbesserung des Marktzugangs für Staatsangehörige aus Drittländern durch die Ausweitung der Bandbreite der abgedeckten Sektoren sowie der Aufenthaltsdauer vor. Ausländische Rechtsanwälte und Kanzleien sollen sich demzufolge in jedem Mitgliedstaat niederlassen und dort im Bereich desjenigen Landesrechts rechtsbezogene Dienstleistungen erbringen können, in dem sie qualifiziert sind. Nach deutschem Recht ist dieses bereits jetzt schon möglich.

 

Pressemitteilungen der EU:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=MEMO/03/92|0|RAPID&lg=DE&display=

 

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/582|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Homepage der World Trade Organisation (WTO) (englisch):

http://www.wto.org/

 

Seite der WTO zur Doha-Entwicklungsagenda (englisch):

http://www.wto.org/english/tratop_e/dda_e/dda_e.htm

 

Bericht über Grundrechte in der EU

Nach dem 11. September 2001 hat die Europäische Kommission auf Wunsch des Europäischen Parlaments im Oktober 2002 ein Netz unabhängiger Sachverständiger eingerichtet. Seine Aufgabe ist die von der Zuständigkeit der Union unabhängige Erstellung einer jährlichen Analyse zur Lage der Grundrechte auf Basis der Grundrechtecharta in der EU. Die Sachverständigen prüfen Rechtsvorschriften, Rechtsprechung sowie Praktiken der innerstaatlichen Behörden im nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Kontext. Auf der Grundlage der Analyse sprechen sie Empfehlungen für das künftige Vorgehen der Gemeinschaftsorgane aus. Nunmehr hat das Netz unabhängiger Sachverständiger seinen ersten Bericht abgeschlossen und an das Kommissionsmitglied António Vitorino übergeben. Gegenstand sind insbesondere die nach dem 11. September von den Mitgliedstaaten getroffenen Anti-Terrormaßnahmen. Der Bericht mahnt Besonnenheit an, um die Gefahr der Aushöhlung der Grundrechte zu vermeiden.

 

Pressemitteilung der EU: http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/618|0|RAPID&lg=DE;

 

Der Bericht wird in Kürze - nur in englischer und französischer Fassung – auf der folgenden Seite veröffentlicht werden.

http://europa.eu.int/comm/justice_home/index_en.htm

 

Schlechtere Umsetzung von EU-Recht

Der Binnenmarktanzeiger berichtet in seiner Ausgabe vom 05.05.2003, dass sich das mittlere Umsetzungsdefizit der Mitgliedstaaten bei Binnenmarktrichtlinien, das sich in den letzten Jahren kontinuierlich reduziert hatte, im letzten Jahr erstmals wieder von 1,8% auf 2,4% erhöht hat. Das Umsetzungsdefizit beziffert den Prozentsatz der Richtlinien, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden sind. Als Zielvorgabe hatte der Europäische Rat 1,5% vorgegeben. Dies wurde nur von Dänemark, Schweden, Finnland, Spanien und dem Vereinigten Königreich erreicht oder unterschritten, Schlusslicht ist Italien. Deutschland weist ein Defizit von 3,0% auf und hat noch vier Richtlinien umzusetzen, deren Umsetzungsfrist bereits vor dem 01.03.2001 abgelaufen ist. Gleichzeitig hat sich auch die Zahl der anhängigen Vertragsverletzungsverfahren gegenüber dem letzten Jahr um 6% auf nunmehr 1598 Verfahren erhöht. Gegen Deutschland sind 136 Verfahren anhängig, 30% aller Fälle betreffen Italien sowie Frankreich.

 

Der vollständige Binnenmarktanzeiger ist hier zu finden:

http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/update/score/index.htm

 

Pressemitteilung der EU:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/621|0|RAPID&lg=DE;

 

 

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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