Büro Brüssel

Ausgabe 10/2003                                                                                                                20.05.2003

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Europäischer Tag der Ziviljustiz

 

Strafrecht

- Europaweite Vollstreckung

 

Wirtschaftsrecht

- Schadensersatz aufgrund von WTO-Recht

- “Golden Shares“

Sonstiges

- Binnenmarktstrategie 2003 - 2006

- Preis für Giscard d’Estaing


 

Zivilrecht

 

Europäischer Tag der Ziviljustiz

Die Europäische Kommission hat am 16.05.2003 den von António Vitorino initiierten und mit dem Europarat zu realisierenden „Europäischen Tag der Ziviljustiz“ gebilligt. Er soll alljährlich am 24.Oktober stattfinden. An diesem Tag sollen europaweit Regierungen, nationale Justizbehörden und interessierte Akteure der Zivilgesellschaft Veranstaltungen organisieren, um den Menschen zu vergegenwärtigen, dass Justiz nicht nur das oftmals in erster Linie assoziierte Strafrecht umfasst, sondern vor allem dem Bürger die Geltendmachung seiner Rechte und Regelung seiner privatrechtlichen Streitigkeiten ermöglichen soll. Das Projekt ist Teil des vom Europäischen Rat 1999 in Tampere geäußerten Wunsches, allen Bürgern den Zugang zum Recht zu erleichtern und hierzu Informationskampagnen durchzuführen. Zur Erreichung dieses Ziels hat die Kommission bereits u.a. die Internetseite „Europäisches Justizielles Netz“ eingerichtet, die über die Rechtsordnungen und -praxis der Mitgliedstaaten sowie das Gemeinschafts- und Völkerrecht informiert.

 

Pressemitteilung der EU:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/699|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Internetseite „Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen“:

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/index_de.htm

 

Die BRAK hat bereits über das „Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen“ berichtet:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten6aus2003.htm#_Toc26763711

 

Strafrecht

 

Europaweite Vollstreckung

Die EU-Justizminister haben am 08.05.2003 in Brüssel einen Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und –bußen gefasst. Der Beschluss sieht vor, dass sämtliche in einem Mitgliedstaat verhängten Geldstrafen und –bußen bei allen Formen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten EU-weit anerkannt und vollstreckt werden. Die Vollstreckung darf vom Heimatstaat des Betroffenen nur verweigert werden, wenn die Entscheidung unter Verletzung von Grundrechten oder rechtsstaatlichen Prinzipien zustande gekommen ist. Diese Überprüfung wird in Deutschland durch ein unabhängiges Gericht erfolgen.

 

Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums:

http://www.bmj.bund.de/ger/service/pressemitteilungen/10000711/?sid=95e92b086f3f4c653d2086ee321a93c4

Wirtschaftsrecht

 

Schadensersatz aufgrund von WTO-Recht

Der Generalanwalt Alber plädiert in den Rechtsmittelverfahren C-93/02 P und C-94/02 P mit seinen Schlussanträgen für die Anerkennung eines auf die Verletzung von WTO-Recht gestützten Schadensersatzanspruchs. WTO-Recht sei unmittelbar anwendbar, wenn das Streitbeilegungsgremium festgestellt hat, dass eine Gemeinschaftsrechtsmaßnahme mit WTO-Recht unvereinbar sei und die Gemeinschaft die bedingungslos umzusetzenden Empfehlungen oder Entscheidungen des Streitbeilegungsgremiums nicht fristgerecht umsetze. Die Anerkennung eines solchen Schadensersatzanspruchs entspräche der Rechtsprechung zum Vertragsverletzungsverfahren und zur Haftung der Mitgliedstaaten für die Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrecht. Zudem sei es nach der EuGH-Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass eine Norm zum Schutz von Allgemeininteressen auch Einzelne schütze, so dass sich dieser auch auf die Verletzung der Norm berufen könne. Hingegen hatte das Gericht erster Instanz (EuG) einen Schadensersatzanspruch abgelehnt: Das WTO-Abkommen sei zwar Teil des Gemeinschaftsrechts, gehöre jedoch wegen seiner Natur und Systematik nicht zu den Vorschriften, an denen die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane geprüft würde. Die WTO-Vorschriften gäben nur ausnahmsweise Rechte für Einzelne, wenn die Gemeinschaft bestimmte, im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtungen umsetze oder wenn eine Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Abkommen verweise.

Der Generalanwalt schlägt dem EuGH vor, das Urteil des EuG aufzuheben und den Rechtsstreit zurückzuverweisen, damit es die Voraussetzungen Schaden und Kausalität prüfen könne.

 

Pressemitteilung der EU:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=CJE/03/39|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Schlussanträge, Rechtssache C-93/02 P (Biret International SA/Rat der EU):

http://europa.eu.int/servlet/portail/CuriaServlet?curiaLink=%26lang%3DDE%26ident%3D79969484C19020093%26model%3Ddoc_curia

 

Schlussanträge, Rechtssache C-94/02 P (Etablissements Biret et Cie SA/Rat der EU):

http://europa.eu.int/servlet/portail/CuriaServlet?curiaLink=%26lang%3DDE%26ident%3D79969484C19020094%26model%3Ddoc_curia

 

Francovich-Urteil, Rechtssache C-6/09:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=61990J0006&model=guichett

 

“Golden Shares“

Der EuGH hat am 13.05.2003 Regelungen Spaniens sowie des Vereinigten Königreichs verworfen, die bestimmte Handlungen von strategisch wichtigen und privatisierten Unternehmen von einer vorherigen behördlichen Genehmigung abhängig machen. Diese Rechte der öffentlichen Verwaltung („Golden Shares“) räumen den Regierungen Vetorechte bei Anteilsverkäufen ein, in Spanien bei mehreren zur Privatisierung anstehenden Konzernen, im Vereinigten Königreich hinsichtlich des Flughafenbetreibers BAA. Der EuGH sieht in den streitgegenständlichen Regelungen nach dem EG-Vertrag grundsätzlich verbotene Beschränkungen des Kapitalverkehrs. Diese seien nur zulässig, wenn sie keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bewirken, aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und angesichts des verfolgten Ziels verhältnismäßig seien. Relevanz hat dieses Urteil auch für das von der Kommission wegen des Volkswagen-Gesetzes gegen Deutschland eingeleitete Verfahren. Zwar handelt es sich hierbei nicht um Sonderaktien, jedoch stellt es eine Ausnahme des Grundsatzes „eine Aktie, eine Stimme“ dar: Das Land Niedersachsen, das 18% der Aktien besitzt, erhält faktisch ein Vetorecht, da jedem Aktionär unabhängig von seinem Anteil maximal 20% der Stimmen zukommen.

 

Pressemitteilung der EU:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=CJE/03/37|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Urteil des EuGH in der Rechtssache C-98/01 (Kommission/Vereinigtes Königreich):

http://europa.eu.int/servlet/portail/CuriaServlet?curiaLink=%26lang%3DDE%26ident%3D79969486C19010098%26model%3Ddoc_curia

Urteil des EuGH in der Rechtssache C-463/00 (Kommission/Spanien):

http://europa.eu.int/servlet/portail/CuriaServlet?curiaLink=%26lang%3DDE%26ident%3D79969486C19000463%26model%3Ddoc_curia

 

Neueste allgemeine Informationen zu Vertragsverletzungsverfahren betreffend sämtliche Mitgliedstaaten sind hier erhältlich (englisch):

http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/droit_com/index_en.htm

 

Die BRAK hat bereits über das Vertragsverletzungsverfahren wegen des VW-Gesetzes berichtet:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten6aus2003.htm#_Toc26763713

 

Sonstiges

 

Binnenmarktstrategie 2003 - 2006

Die Europäische Kommission hat mit ihrer Binnenmarktstrategie für die vorrangigen Aufgaben bis 2006 einen 10-Punkte-Plan vorgestellt: Das Ziel, die erweiterte Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln, soll u.a. durch bessere Um- und Durchsetzung der Rechtsakte durch die Mitgliedstaaten erreicht werden. Die Kommission fordert vom Rat und Parlament die schnelle Verabschiedung anhängiger Vorschläge und kündigt für Juni 2003 den Vorschlag einer Rahmenrichtlinie zur Harmonisierung nationaler Vorschriften zu unlauteren Geschäftsmethoden im Verhältnis Händler zu Verbraucher an. Ende 2003 will sie die bereits angekündigte Rahmenrichtlinie für den Dienstleistungssektor vorschlagen, mit der die Beseitigung rechtlicher und verwaltungstechnischer Hindernisse im grenzüberschreitenden Binnenmarkt angestrebt wird. Ziel der Dienstleistungsrichtlinie ist die Gewährleistung des uneingeschränkten Wettbewerbs unter Dienstleistern und die Schaffung einer großen Auswahl zu geringen Preisen für den Verbraucher.

 

Mitteilung der Kommission zur Binnenmarktstrategie, Vorrangige Aufgaben 2003 – 2006:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/dpi/cnc/doc/2003/com2003_0238de01.doc

 

Der dieser Mitteilung der Kommission vorausgehende Bericht über den Stand des Binnenmarktes für Dienstleistungen findet sich unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/dpi/rpt/doc/2002/com2002_0441de01.doc

 

Pressemitteilung der EU:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/645|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Pressemitteilung der EU „Binnenmarktstrategie 2003 – 2006, Häufig gestellte Fragen“:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=MEMO/03/100|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Preis für Giscard d’Estaing

Am 29.05.2003 wird der Präsident des Europäischen Konvents Giscard d‘ Estaing in Aachen für seine Arbeit an einer europäischen Verfassung mit dem Karlspreis ausgezeichnet werden. Der "Internationale Karlspreis zu Aachen" wird seit 1950 alljährlich am Himmelfahrtstag für die beste Leistung im Dienst der Verständigung und der Internationalen Zusammenarbeit im Europäischen Raum verliehen. Der endgültige Verfassungsentwurf soll vom Konvent den EU-Regierungschefs am 20.06.2003 beim Gipfel in Thessaloniki präsentiert werden. Für die zweite Jahreshälfte sind die Verhandlungen der Mitgliedstaaten über den Vertrag im Rahmen der Regierungskonferenz geplant. Die Unterzeichnung soll nach der Erweiterung der Europäischen Union am 01.05.2004 erfolgen.

 

Information vom Europäischen Konvent:

http://ue.eu.int/pressdata/FR/conveur/75824.PDF

 

Homepage des Europäischen Konvents:

http://european-convention.eu.int/bienvenue.asp?lang=DE

 

Die BRAK hat bereits über den Verfassungsentwurf der ersten 16 Artikel berichtet:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten3aus2003.htm#_Toc26763714

 


Seite der Stadt Aachen über den Karlspreis:

http://www.aachen.de/DE/stadt_buerger/aachen_profil/preise_auszeichnungen/karlspreis/99_einstieg_karlspreis.html

 

Homepage über den Karlspreis:

http://www.karlspreis.de/html/frame.html

 

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

Der Newsletter ist im Internet unter www.BRAK.de abrufbar und kann auch dort be- oder abbestellt werden.

Wenn Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.be.