Büro Brüssel

Ausgabe 23/2003                                                                                                                17.12.2003

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Einigung über Kfz-Haftpflichtversicherung

 

 

Wirtschaftsrecht

- VW obsiegt über Kommission vor EuG
- Neue Fusionskontrollverordnung

 

Freizügigkeit

- Anwaltsgebühren im freien Dienstleistungsverkehr
- Systeme der sozialen Sicherheit in der EU

 

Sonstiges

- Entschließungsantrag des EP zu Freien Berufen

 


 

Zivilrecht

 

Einigung über Kfz-Haftpflichtversicherung

Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit erzielte am 26./27.11.2003 eine politische Einigung über den Richtlinienentwurf zur Änderung der bestehenden Vorschriften über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (5. KH-Richtlinie). Zu den wichtigsten Neuerungen zählen die neuen Bestimmungen über den Versicherungsschutz im Falle von Langzeitaufenthalten außerhalb des Zulassungslandes des Fahrzeugs, die Festlegung von unionsweit geltenden Mindestdeckungssummen für Personenschäden (1 Million Euro pro Unfallopfer oder 5 Millionen Euro je Schadensfall unabhängig von der Anzahl der Unfallopfer) sowie für Sachschäden (1 Million Euro je Schadensfall unabhängig von der Anzahl der Unfallopfer). Die Mitgliedstaaten haben fünf Jahre Zeit, um die derzeit geltenden Beträge auf das vereinbarte Niveau anzuheben. Ferner muss die Versicherung für Personenschäden aufkommen, die Fußgänger und Radfahrer und andere nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer infolge eines von einem Kraftfahrzeug verursachten Unfalls erleiden, wenn sie aufgrund des einzelstaatlichen Zivilrechts Anspruch auf Schadenersatz haben. Die Koppelung an den zugrunde liegenden nationalen Anspruch hatte auch die BRAK im Rahmen des Rechtssetzungsverfahrens gefordert, um zu verhindern, dass in die zivilrechtliche Haftung nach nationalem Recht eingegriffen wird. Schließlich soll es bestimmte Einschränkungen in Bezug auf die Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten geben, Unfallopfer nicht zu entschädigen, wenn der Fahrer unter Alkoholeinfluss stand oder ein nicht identifiziertes Fahrzeug in den Unfall verwickelt war.

 

Presseinformationen des Rates für Wettbewerbsfähigkeit, S. 22 ff.:

http://ue.eu.int/newsroom/newmain.asp?LANG=4

 

Weitere Informationen der Europäischen Kommission:

http://europa.eu.int/comm/internal_market/insurance/motor_de.htm

 

Der Kommissionsvorschlag zur 5. KH-Richtlinie ist abrufbar unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/lip/latest/doc/2002/com2002_0244de01.doc

 

1. Lesung im Europäischen Parlament, S. 4 ff.: http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0031022DE.pdf&LANGUE=DE

 

Stellungnahme der BRAK zum Vorschlag der 5. KH-Richtlinie:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/europa_kfz.pdf

 

Vorangegangene Informationen der BRAK in den Ausgaben 9 und 20 der Nachrichten aus Brüssel:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten20aus2003.htm

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten%209%20aus%202003.htm

 

 

Wirtschaftsrecht

VW obsiegt über Kommission vor EuG

Mit Urteil vom 3.12.2003 erklärte das Gericht Erster Instanz eine Entscheidung der Europäischen Kommission für nichtig, wonach Volkswagen mit bestimmten Aufforderungen an seine deutschen Vertragshändler wettbewerbswidrig gehandelt haben soll. Die Kommission blieb nach Ansicht des Gerichts beweisfällig, ob zwischen Volkswagen und seinen Vertragspartnern eine Vereinbarung bestand, wodurch aufgrund eines Verbotes von Preisnachlässen auf Neuwagen ein Fixpreis vorgegeben war. Nach einer Verbraucherbeschwerde hat die Kommission festgestellt, dass die Aufforderung Volkswagens an seine Vertragspartner, nicht unter Preisempfehlung zu verkaufen, eine wettbewerbwidrige Vereinbarung sei. Volkswagen hat bestritten, dass es sich um eine Vereinbarung handele, vielmehr hätten einseitige Aufforderungen vorgelegen. Dies wurde nun vom Gericht bestätigt. Aufgrund der Tatsache, dass nach Ansicht des Gerichts Erster Instanz die Kommission beweisfällig blieb, ob eine Vereinbarung im Sinne des Wettbewerbsrechts vorgelegen habe, wurde die Entscheidung der Kommission über eine Verhängung eines Bußgelds in Höhe von 30,96 Millionen Euro für nichtig erklärt.

 

Pressemitteilung des Europäischen Gerichts Erster Instanz:

http://www.curia.eu.int/de/actu/communiques/cp03/aff/cp03111de.htm

 

Urteil des Gerichts Erster Instanz vom 3.12.2003:

http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&Submit=Suchen&docrequire=judgements&numaff=T-208%2F01&datefs=&datefe=&nomusuel=&domaine=&mots=&resmax=100

 

Entscheidung der Kommission vom 29.06.2001:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=32001D0711&model=guichett

 

Nachrichten aus Brüssel 6/2003 zum Vertragsverletzungsverfahren wegen des „VW-Gesetzes“:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten6aus2003.htm#_Toc26763713

 

Nachrichten aus Brüssel 10/2003 zu den „Golden Shares“:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten10aus2003.htm#_Toc26763713

 

Nachrichten aus Brüssel 13/2003 zur Stellungnahme der Bundesregierung zum „VW- Gesetz“:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten13aus2003.htm#_Toc26763713

 

Neue Fusionskontrollverordnung

Der Rat erzielte einstimmig eine politische Einigung über den Verordnungsentwurf über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“). Nach Fertigstellung des Textes wird der Rat diesen Gesetzgebungsvorschlag auf einer seiner nächsten Tagungen förmlich annehmen und damit der Forderung des Europäischen Rates vom März 2003 nachkommen, die Reform des Fusionskontrollsystems vor der Frühjahrestagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2004 voranzubringen. Der Verordnungsentwurf bezweckt eine Umgestaltung der Verordnung Nr. 4064/89 des Rates in eine Gesetzgebung, die den Herausforderungen des Binnenmarktes und der bevorstehenden Erweiterung der EU gerecht wird. Wichtigste Neuerungen sind u. a., dass die Unternehmen nicht mehr eine formale Vereinbarung über den Zusammenschluss nachweisen müssen. Es reicht der Antrag auf eine einmalige, zentrale Prüfung, wenn die Kommission nicht automatisch zuständig ist. Darüber hinaus werden die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission gestärkt. 

 

Werdegang der Rechtsetzung (Kommission):

http://europa.eu.int/prelex/detail_dossier.cfm?CL=de&ReqId=0&DocType=COM&DocYear=2002&DocNum=0711

 

Werdegang Rechtsetzung (Parlament):

http://wwwdb.europarl.eu.int/oeil/oeil_ViewDNL.ProcViewByNum?lang=2&procnum=CNS/2002/0296

 

Verordnungsvorschlag der Kommission aus dem Jahre 2002:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2003/c_020/c_02020030128de00040057.pdf

 

Fusionskontrollverordnung in der letzten Fassung von 1997:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=31997R1310&model=guichett

 

Fusionskontrollverordnung Nr. 4064/89:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=31989R4064&model=guichett

 

Pressemitteilung der Kommission:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/1621|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Pressemitteilung des Rates:

http://ue.eu.int/newsroom/LoadDoc.asp?MAX=1&BID=88&DID=78236&LANG=4

 

 

Freizügigkeit

 

Anwaltsgebühren im freien Dienstleistungsverkehr

Am 11.12.2003 hat der EuGH in der Rechtssache AMOK Verlags GmbH gegen A&R Gastronomie GmbH sein Urteil vorgelegt. In dem Vorabentscheidungsverfahren ging es um die Frage, ob es mit Art. 12 und 49 EG vereinbar ist, wenn in einem Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht, in dem die unterlegene Partei der obsiegenden Partei deren Anwaltskosten zu erstatten hat, die Kosten des ausländischen Rechtsanwalts nur im Rahmen der deutschen Gebührenordnung erstattungsfähig sind und die Erstattung der zusätzlichen Kosten des Einvernehmensanwalts ausgeschlossen ist. Die obsiegende A&R war von einem in Österreich niedergelassenen Rechtsanwalt vertreten worden, der nach § 28 EuRAG im Einvernehmen mit einem in Deutschland niedergelassenen Rechtsanwalt handelte. Sie verlangte von AMOK die Erstattung ihrer Anwaltskosten für den in Österreich niedergelassenen Rechtsanwalt nach den österreichischen Gebührensätzen, die beträchtlich über den BRAGO-Gebühren liegen, und die Kosten des in Deutschland niedergelassenen Anwalts. Der EuGH urteilte, dass die Artikel 49 EG und 50 EG sowie die Richtlinie 77/249/EWG zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte der nationalen Regel eines Mitgliedstaats nicht entgegenständen, nach der die Kostenerstattung durch die unterlegene Partei auch bei Beteiligung eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassener Rechtsanwalts auf die Höhe der im ersteren Staat anfallenden Kosten begrenzt ist. Die Kostenerstattung umfasse nach den genannten Regelungen auch die Kosten des Einvernehmensanwalts, da ansonsten die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung für den Rechtsanwalt an Attraktivität verliere.

 

Das Urteil des EuGH ist abrufbar unter:

http://curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&Submit=Suchen&docrequire=judgements&numaff=C-289%2F02&datefs=&datefe=&nomusuel=&domaine=&mots=&resmax=100

 

Die Schlussanträge des Generalanwalts sind nachzulesen unter:

http://www.curia.eu.int/jurisp/cgibin/form.pl?lang=de&Submit=Suchen&docrequire=opinions&numaff=C-+289%2F02&datefs=&datefe=&nomusuel=&domaine=&mots=&resmax=100

 

Informationen zu den Schlussanträgen in der Ausgabe 18/2003 der Nachrichten aus Brüssel:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten18aus2003.htm

 

Systeme der sozialen Sicherheit in der EU

Am 01./02.12.2003 hat der Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz auf der Grundlage eines Kompromissvorschlags des Ratsvorsitzes einvernehmlich eine teilweise politische Einigung (ausgenommen der Anhänge) über den Vorschlag für eine Verordnung erzielt, die die geltende Verordnung 1408/71/EWG für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der EU ersetzen soll. Der 1999 unterbreitete Vorschlag zielt ab auf eine Änderung der bestehenden Regelung zur Anwendung der Systeme auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften sollen vereinfacht werden, um Hemmnisse für die Freizügigkeit, die auf das Nebeneinander unterschiedlicher Sozialversicherungssysteme zurückzuführen sind, zu beseitigen. Dies erfordert Einstimmigkeit im Rat und die Mitentscheidung des Europäischen Parlaments. Im Rahmen dieser Novellierung ist von Bedeutung, dass es keine Ausnahmevorschriften mehr geben wird, durch die Sondersysteme vom sachlichen Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden. Dies bedeutet, dass auch die Rechtsanwalts-Versorgungswerke von dieser Verordnung umfasst wären. Allerdings werden die anwaltlichen Versorgungswerke voraussichtlich bereits in den sachlichen Geltungsbereich der geltenden Verordnung 1408/71 einbezogen. Ein entsprechender Vorschlag der Europäischen Kommission für eine diesbezügliche Änderungsverordnung liegt bereits vor.

 

Presseinformationen des Rates Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz zur Tagung am 01./02.12.2003, S. 7f.:

http://ue.eu.int/newsroom/newmain.asp?LANG=4

 

Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Verordnung 1408/71:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0468de01.pdf

 

 

Weitergehende Informationen der Europäischen Kommission:

http://www.europa.eu.int/comm/employment_social/soc-prot/schemes/index_de.htm

 

 

Sonstiges

 

Entschließungsantrag des EP zu Freien Berufen:

Am 16.12.2003 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit einen fraktionsübergreifenden gemeinsamen Entschließungsantrag zu den Freien Berufen verabschiedet. Darin werden die Freien Berufe als ein Stützpfeiler des Pluralismus und der Unabhängigkeit der Gesellschaft anerkannt. Die Freien Berufe sollten weitgehend im Interesse des Verbrauchers und der Qualität der Dienstleistungen für einen Wettbewerb national und europaweit geöffnet werden bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Kammerwesens bzw. der Berufsvereinigungen unter Beachtung des jeweils unterschiedlichen Berufsrechts. In diesem Zusammenhang stellt der Entschließungsantrag besonders auf die Vertraulichkeit im Verhältnis zum Kunden/Mandanten ab. Die Europäische Kommission wird bei ihrer Überprüfung der Freien Berufe aufgerufen, den besonderen Charakter der einzelnen Freien Berufe im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse zu berücksichtigen. Dazu gehört u. a., dass die Freien Berufe Ausdruck einer demokratischen Grundordnung sind. Die Regeln der Freien Berufe sind Garant für deren Unparteilichkeit, Kompetenz, Integrität und Verantwortung. Damit sichern die Berufsregeln der Freien Berufe die Qualität der Dienstleistungen und dienen dem öffentlichen Interesse. Das Parlament betont, dass jede Tätigkeit des betreffenden Berufsverbandes einzeln zu überprüfen sei und nur solche Tätigkeiten den Wettbewerbsregeln unterliegen, die ausschließlich im Interesse der Berufsangehörigen erfolgen. Im Interesse der Aufrechterhaltung der hohen Qualitätsstandards müssen die Qualifikationen der Freien Berufe zugunsten der Verbraucher geschützt werden. Das Parlament ist der Auffassung, dass der Wettbewerb unter den Freien Berufen nur vor dem Hintergrund gefördert werden kann, wenn das öffentliche Interesse an den Freien Berufen beachtet wird. So sind insbesondere solche Regelungen notwendig, die sich auf die Organisation, die Qualifikation, die Berufsethik, die Überwachung, Haftung, den Sachverstand der Berufsangehörigen beziehen oder die Interessenkonflikte und irreführende Werbung verhindern sollen.

 

Der gemeinsame Entschließungsantrag ist hier zu finden (Seite 70f.):

http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0031216DE.pdf&LANGUE=DE

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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