Büro Brüssel

Ausgabe 6/2004                                                                                                                  24.03.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Schutz der Rechte an geistigem Eigentum

 

Strafrecht

- Kriminalprävention in der EU

 

 

Wirtschaftsrecht

- 8. Gesellschaftsrechtsrichtlinie

 

Freizügigkeit

- Verordnung über Systeme der sozialen Sicherheit

- Freizügigkeit von Unionsbürgern

 

Rechtsprechung

- Grenzüberschreitende Kurorte


 

Zivilrecht

 

Schutz der Rechte an geistigem Eigentum

Das Europäische Parlament hat am 09.03.2004 in erster Lesung dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum mit einigen Änderungen zugestimmt. Die neue Richtlinie soll zu einer stärkeren EU-weiten Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über Sanktionen in Fällen von Nachahmung und Produktpiraterie führen. In allen Mitgliedstaaten sollen zukünftig gleiche Wettbewerbsbedingungen für Rechteinhaber geschaffen werden. Der Richtlinienentwurf befasst sich mit der Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum, die den Inhabern aufgrund Gemeinschaftsrechts oder einzelstaatlicher Rechtsvorschriften verliehen wurden. Behörden sind unter anderem zu Maßnahmen zur Sicherung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen berechtigt. Für den Rechteinhaber ist ein Schadensersatz für entgangenen Gewinn vorgesehen. Die von der Kommission ursprünglich vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen sind vom Parlament gestrichen worden. Voraussetzung für die Anwendung der Richtlinie im Falle einer Rechtsverletzung ist die Zufügung eines nachhaltigen Schadens. Nach der ersten Lesung im Parlament entfallen ist die Voraussetzung der „Begehung zu gewerblichen Zwecken“. Der Vorschlag wird nun dem Ministerrat zugeleitet. Voraussichtlich noch im April wird die Richtlinie offiziell verabschiedet, wenn der Ministerrat zustimmt.

 

Den Vorschlag der Kommission vom 30.01.2003 finden Sie unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0046de01.pdf,

 

Den Parlamentsbericht finden Sie unter auf den Seiten 217 ff.: http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0040309DE.pdf&LANGUE=DE

 

Informationen der Kommission zur Annahme der Richtlinie im Parlament:

http://www.europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/04/316|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Die Stellungnahme der BRAK zum Kommissionsvorschlag zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum ist abrufbar unter:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/SchutzRechtegeistigemEigentum.pdf


 

Strafrecht

 

Kriminalprävention in der EU

Die Europäische Kommission hat am 15.03.2004 eine Mitteilung über Kriminalprävention in der EU vorgelegt. Haupanliegen sind Strategien zur Bekämpfung von Jugendkriminalität, Kriminalität in Städten und Drogenkriminalität, die sich in Wohnungseinbrüchen, Diebstahl aus Kraftfahrzeugen und Straßenraub manifestiert. Da die Massenkriminalität typischerweise auf lokaler Ebene auftritt, sind primär die Behörden auf dieser Ebene mit Unterstützung der nationalen Ebene für dieses Problem zuständig. Auf nationaler Ebene sollen Präventivstrategien entwickelt werden, die durch eine Zusammenarbeit auf EU-Ebene flankiert werden sollen. Dabei sollen die Erfahrungen des Europäischen Netzes zur Kriminalitätsprävention (EUCPN) und die Finanzierungsmöglichkeiten der EU, insbesondere im Rahmen des Programms AGIS der Kommission genutzt werden. U. a. folgende Aufgaben und Tätigkeiten sollen auf Ebene der EU durchgeführt werden: Erfahrungsaustausch zwischen den politisch Verantwortlichen und den Sachverständigen für Prävention; Erstellung und Akkordierung von Prioritäten für Maßnahmen; Übereinkunft über Präventionsstrategien/-maßnahmen, die sich in der Praxis bewährt haben (bewährte Praktiken); Verwendung einer gemeinsamen Methode für die Erstellung, Durchführung und Bewertung von Präventionsstrategien; Durchführung gemeinsamer Präventionsprojekte; Überwachung und Bewertung nationaler Präventionsstrategien und Verbesserung der Vergleichbarkeit nationaler Statistiken zur Feststellung von Unterschieden in der Kriminalitätsrate. Die Kommission plant, Ende 2004 konkrete Vorschläge zur Umsetzung ihrer Empfehlungen zu unterbreiten.

 

Mitteilung der Europäischen Kommission zur Kriminalprävention in der EU:

http://www.europa.eu.int/eur-lex/de/com/cnc/2004/com2004_0165de01.pdf

 

Die Pressemitteilung der Kommission ist abrufbar unter:

http://www.europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/04/336|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Weitere Informationen der Kommission zur Kriminalprävention finden Sie unter (englisch):

http://www.europa.eu.int/comm/justice_home/fsj/crime/prevention/fsj_crime_prevention_en.htm

 

Wirtschaftsrecht

 

8. Gesellschaftsrechtsrichtlinie

Nach den Fällen Enron und Parmalat hat die Europäische Kommission zur Bekämpfung von Betrug und Missbrauch eine Änderung der Vorschriften über die Prüfung von Unternehmensabschlüssen vorgeschlagen. Die EU-Mitgliedstaaten sollen effektive, unabhängige Systeme zur Beaufsichtigung von Prüfern und Prüfungsgesellschaften aufbauen. So sollen Zulassung und Ausbildung der Prüfer sowie interne Kontrollen und die Qualitätssicherung der Prüfungsarbeiten überwacht werden. Die Vorschriften zur Ausbildung und Zulassung von Wirtschaftsprüfern bleiben im Wesentlichen unverändert. Der Richtlinienvorschlag präzisiert die Pflichten der Abschlussprüfer und legt strengere Regeln und gewisse Berufsgrundsätze zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit fest. Es soll eine Pflicht zur kontinuierlichen Fortbildung der Abschlussprüfer und externen Qualitätskontrolle eingeführt, eine öffentliche Beaufsichtigung sichergestellt und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen der EU verbessert werden; so wird die Aufsicht dem Herkunftsland übertragen, d.h. dem Staat, in dem die Prüfungsgesellschaft ihren Sitz hat. Ebenso ist die Schaffung eines neuen Regelungsausschusses "Abschlussprüfung" aus Vertretern der Mitgliedstaaten vorgesehen. Der Vorschlag beinhaltet die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards auf alle in der EU durchgeführten Abschlussprüfungen. Dadurch wird die Grundlage für eine wirksame internationale Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden von Drittländern gelegt wie der US-amerikanischen Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB). Prüfungsgesellschaften aus Drittstaaten sollen einer besonderen Zulassungs- und Registrierungsprozedur unterworfen werden. Die Richtlinie soll bis Anfang 2006 in nationales Recht umgesetzt werden.

 

Den Vorschlag im Volltext finden Sie hier:

http://europa.eu.int/comm/internal_market/auditing/docs/com-2004-177/com2004-177_de.pdf

 

Die Pressemitteilung der Kommission ist im Internet einzusehen unter: http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/04/340|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Häufig gestellte Fragen und die entsprechenden Antworten zum Thema  finden Sie unter: http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=MEMO/04/60|0|RAPID&lg=DE

 

Freizügigkeit

 

Verordnung über Systeme der sozialen Sicherheit

Das Europäische Parlament hat am 11.03.2004 den Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zur Reform der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 abgestimmt (Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung  zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über deren Durchführung). Das Parlament hat den Verordnungsvorschlag der Kommission fast unverändert angenommen. Nachdem die Versorgungswerke bisher vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen waren (vgl. Anhang II der Verordnung), werden diese voraussichtlich zum 01.01.2005 in die Verordnung einbezogen. Dazu gehören auch die anwaltlichen Versorgungswerke. Dies führt auf der Beitragsseite dazu, dass man nur in einem System der sozialen Sicherheit Beiträge leisten muss, eine Doppelversicherung also ausgeschlossen ist und lediglich die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates zur Anwendung kommen. Auf der Leistungsseite hat dies zur Folge, dass die in einem Versorgungswerk zurückgelegten Zeiten im Ausland als Wartezeit angerechnet werden. Der Berechtigte erhält schlussendlich aus jedem Mitgliedstaat eine anteilige Rente. Parallel laufen die Verhandlungen über den Vorschlag im Rat. Das dortige Ergebnis bleibt abzuwarten

 

Die vom Plenum des Europäischen Parlaments angenommene legislative Entschließung finden auf den Seiten 31 ff.:

http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0040311DE.pdf&LANGUE=DE

 

Den vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten vorgelegten Bericht finden Sie hier: http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?L=DE&OBJID=68969&LEVEL=3&MODE=SIP&NAV=X&LSTDOC=N

 

Der Gemeinsame Standpunkt des Rates Teil 1 ist abrufbar unter:

http://www.europarl.eu.int/commonpositions/2004/pdf/c5-0043-04-part.1_de.pdf

 

Der Gemeinsame Standpunkt des Rates Teil 2 ist hier zu lesen:

http://www.europarl.eu.int/commonpositions/2004/pdf/c5-0043-04-part.2_de.pdf

 

Freizügigkeit von Unionsbürgern

Am 10.03.2004 hat das Europäische Parlament in 2. Lesung den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ohne Änderungen billigt. Damit kann die Richtlinie zum 01.07.2005 in Kraft treten. Die Richtlinie sieht vor, dass Unionsbürger in den verschiedenen Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit unter ähnlichen Bedingungen ausüben können wie die Bürger eines Mitgliedstaates, die sich innerhalb ihres eigenen Landes bewegen und ihren Wohnsitz ändern. Jeder Unionsbürger hat ein Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen Mitgliedstaat, wenn er Arbeitnehmer oder Selbständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist, oder für sich oder seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, oder wenn er im Aufnahmemitgliedstaat eine Ausbildung verfolgt. Dasselbe Aufenthaltsrecht gilt auch für seine Familienangehörigen. Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag wurde im Laufe des Verfahrens dahingehend geändert, dass auch gleichgeschlechtliche Paare von der Richtlinie erfasst werden, sofern dies nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehen ist. Außerdem muss auch entfernteren Familienangehörigen die Einreise und der Aufenthalt erleichtert werden, wenn Krankheitsgründe die persönliche Pflege durch den Unionsbürger zwingend erforderlich machen. Ferner berührt die Aufhebung der Ehe des Unionsbürgers nicht das Aufenthaltsrecht seiner Familienangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und unter gewissen Voraussetzungen auch nicht das derjenigen, die diese nicht besitzen.

 

Die vom Europäischen Parlament angenommene Entschließung finden Sie hier (S. 17.f.):

http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0040310DE.pdf&LANGUE=DE

 


Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 14.01.2004:

http://www.europarl.eu.int/commonpositions/2004/pdf/c5-0014-04_de.pdf

 

Presseinformationen des Parlaments:

http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?PUBREF=-//EP//TEXT+PRESS+TW-20040308-S+0+DOC+XML+V0//DE&LEVEL=2&NAV=S#SECTION36

 

Rechtsprechung

 

Grenzüberschreitende Kurorte

Der EuGH hat im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die für Beamte geltende deutsche Regelung der Übernahme von Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Heilkur für teilweise mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar erklärt. Er hält die Voraussetzung, dass die Erfolgsaussichten im Ausland höher sein müssen, für ein nicht gerechtfertigtes Hindernis. Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen sind bei Heilkuren die medizinischen Aufwendungen, sowie die Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten, Kurtaxe und ärztlichen Schlussbericht beihilfefähig. Die Erstattung der Kosten ist aber von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Bei im Ausland durchgeführten Heilkuren wird die Beihilfefähigkeit nur anerkannt, wenn zusätzlich durch ein Gutachten nachgewiesen ist, dass die Kur wegen der wesentlich größeren Erfolgsaussichten im Ausland zwingend erforderlich ist. Dies führt dazu, dass die Beamten sich nicht an Kurorte in anderen Mitgliedstaaten wenden. Ein solches Hindernis für die Dienstleistungsfreiheit ist nur dann zulässig, wenn es nach dem Vertrag gerechtfertigt werden kann, etwa mit der Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit oder mit der Notwendigkeit, in Deutschland einen bestimmten Umfang der Versorgung und eine bestimmte medizinische Kompetenz aufrechtzuerhalten. Nach Ansicht des EuGH wurden keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, die eine solche Rechtfertigung stützen könnten.

 

Das Urteil im Volltext findet man unter:

http://www.curia.eu.int/jurisp/cgibin/form.pl?lang=de&Submit=Suchen&docrequire=alldocs&numaff=C-8%2F02&datefs=&datefe=&nomusuel=&domaine=&mots=&resmax=100

 

Die Pressemitteilung hierzu ist auf der Seite des EuGH einsehbar: http://www.curia.eu.int/de/actu/communiques/index.htm

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

Der Newsletter ist im Internet unter www.BRAK.de abrufbar und kann auch dort be- oder abbestellt werden.

Wenn Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.be.