Büro Brüssel

Ausgabe 16/2004                                                                                                                02.09.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- EG-Vollstreckungstitel - Durchführungsgesetz

- Haager Konferenz

 

Strafrecht

- Seminar zur „Corporate Criminal Liability“

 

 

Freizügigkeit

- Sprachtest für Anwälte in Luxemburg

 

Sonstiges

- Neue Kommissionsmitglieder

- UIA Jahreskongress in Genf

 


 

Zivilrecht

 

EG – Vollstreckungstitel – Durchführungsgesetz

Zwischenzeitlich liegt der Entwurf eines EG – Vollstreckungstitel – Durchführungsgesetzes vor. Dieser dient zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen. Ziel der Verordnung ist es, jede Nachprüfung der Entscheidungen eines anderen Mitgliedstaats in Vollstreckungsverfahren entbehrlich zu machen. Eine Nachprüfung der Entscheidung („Exequaturverfahren“) soll nicht mehr unerlässliche Voraussetzung für die Vollstreckung sein. Ferner wird der europäische Vollstreckungstitel Mindestvoraussetzungen für die Zustellung enthalten, um Schuldnerrechte zu wahren. Grundsätzlich gilt, dass gemäß EG-Recht eine Verordnung unmittelbare Geltung im jeweiligen Mitgliedstaat entfaltet. Zur Anpassung und vereinfachten Verfahrensweise im nationalen Recht werden jedoch regelmäßig so genannte Durchführungsgesetze zu einer Verordnung erlassen. Der vorliegende Referentenentwurf dient zur Vorbereitung eines solchen Durchführungsgesetzes. Er regelt zum einen die Ausstellung, die Berichtigung und den Widerruf der Bestätigungen zu inländischen Titeln, die in anderen Mitgliedstaaten vollstreckt werden sollen. Zum anderen enthält der Entwurf ergänzende Vorschriften für Titel, die in anderen Mitgliedstaaten als europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind und im Inland vollstreckt werden sollen. Der Entwurf sieht weiter Änderungen in Buch 1 und Buch 2 der ZPO vor, indem er die Belehrungspflichten gegenüber Schuldnern ergänzt und damit das innerstaatliche Zivilprozessrecht an die verfahrensrechtlichen Mindeststandards der neuen EG-Verordnung anpasst. Darüber hinaus erleichtert der Entwurf die Vollstreckung dynamisierter inländischer Unterhaltstitel im Ausland. Die Durchführungsvorschriften sollen in das neu geschaffene 11. Buch der ZPO integriert werden.

 

Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/l_143/l_14320040430de00150039.pdf

 

Stellungnahme der BRAK zum Verordnungsvorschlag:

http://www.brak.de/seiten/pdf/stellungEurosep02.pdf

 

Nachrichten aus Brüssel 8/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten8aus2004.htm#_Toc26763711

 

Haager Konferenz

Die Europäische Kommission hat eine Konsultation zum Vorhaben der Haager Konferenz zu den „exclusive choice of court agreements for business to business transactions“ eingeleitet. Interessierte Kreise sind aufgefordert, die Fragen des Konsultationspapiers bis zum 15. November 2004 zu beantworten. Die betreffende Haager Konvention soll Vereinbarungen von Parteien in Zivil- und Handelssachen über das im Streitfall zuständige Gericht regeln.

 

Informationen:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/intro/news_intro_en.htm

 

Arbeitspapier:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/gp_15112004/doc_travail_en.pdf

 

Konsultationspapier:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/gp_15112004/consultation_paper_en.pdf

 

Strafrecht

 

Seminar zur „Corporate Criminal Liability“

Am 18./19. 09.2004 findet in Santa Fe, New Mexico, ein Seminar mit dem Titel „Corporate Criminal Liability“ statt. Das Seminar wird die neuen Auslieferungsverfahren nach dem Europäischen Haftbefehl, die Entwicklungen der Wirtschaftskriminalität und des Terrorismus, die Unterschiede in den Verfahren des „Common Law“- und des „Civil Law“-Systems sowie andere wichtige Entwicklungen im Internationalen Strafrecht analysieren. Weitere Themen der Veranstaltung werden u. a. die aktuellen Entwicklungen beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag und anderen internationalen Gerichtshöfen (Guantanamo, ICTY, ICTR und Sierra Leone) sein sowie die neusten Vorschläge im Bereich der Geldwäsche und der Einziehung in Strafverfahren, die Verfahrensrechte in Strafverfahren und die Verpflichtungen nach dem amerikanischen Sarbanes-Oxley Act.

 

Weitere Informationen erhalten Sie im Sekretariat der European Criminal Bar Association (ECBA):

secretariat@ecba.org

 

Freizügigkeit

 

Sprachtest für Anwälte in Luxemburg

Die Europäische Kommission hat am 16.07.2004 Luxemburg gemäß Artikel 226 EG förmlich aufgefordert, die Sprachprüfung für Rechtsanwälte abzuschaffen, die sich im Großherzogtum niederlassen wollen, mit der Begründung, sie verstoße gegen die Niederlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte (98/5/EG). Die Richtlinie ermöglicht Anwälten, sich in einem anderen Mitgliedstaat unter der Berufsbezeichnung ihres Herkunftslandes niederzulassen und im dortigen Recht tätig zu sein, ohne eine Eignungsprüfung oder einen Anpassungslehrgang zu absolvieren. Der Anwalt muss lediglich nachweisen, dass er in einem anderen Mitgliedstaat bereits als Rechtsanwalt zugelassen ist. Nach dem luxemburgischen Umsetzungsgesetz wird nur derjenige Anwalt zugelassen, der den Sprachtest besteht, mit dem die Deutsch-, Französisch- und Luxemburgischkenntnisse überprüft werden. Damit wird die Zielsetzung der Richtlinie erheblich erschwert. Außerdem wendet sich die Kommission gegen eine Bestimmung des Gesetzes, die luxemburgischen Anwälten die Domizilierung von Gesellschaften vorbehält. Die unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung tätigen Anwälte haben nach der Richtlinie Zugang zu allen anwaltlichen Tätigkeiten. Schließlich beanstandet die Kommission, dass die betroffenen Anwälte jedes Jahr eine Bescheinigung über die Mitgliedschaft in der Anwaltskammer des Herkunftslandes vorlegen müssen.

 

Presseinformationen der Kommission:

http://www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/936&language=de&guiLanguage=en

 

Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/1998/l_077/l_07719980314de00360043.pdf

 

Aktuelle Informationen über alle gegen die Mitgliedstaaten anhängigen Vertragsverletzungsverfahren finden Sie auf folgender Website:

http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/droit_com/index_en.htm

 

Deutsches Umsetzungsgesetz: Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG - Stand: zuletzt geändert 26.10.2003):

http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/eurag/index.html

 

Sonstiges

 

Neue Kommissionsmitglieder

Am 12.08.2004 hat der designierte Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso die Zuständigkeitsbereiche der 25 neuen Kommissionsmitglieder vorgestellt, die am 01.11.2004 ihr Amt antreten werden. Die Mitgliedstaaten erfüllten Barrosos Wunsch, mindestens ein Drittel bzw. 8 weibliche Kommissare zu benennen, kamen allerdings seinem zweiten Wunsch nicht nach, ihm jeweils mehrere Kandidaten zur Auswahl zu stellen. Barroso hat letztlich in einen Kompromiss den Kandidaten der großen Mitgliedstaaten zwar wichtige Ressorts, allerdings nicht ihre erste Wahl zugeteilt. Als Ausgleich verteilt er insgesamt 5 Vize-Präsidentenposten. Positiv ist, dass diverse erfahrene nationale Politiker ernannt worden sind. Von den neuen Mitgliedern kommen 11 aus wichtigen nationalen Politikämtern, einige sind allerdings auch aus innenpolitischen Opportunitätsgründen nominiert worden. Lediglich 3 Mitglieder der letzten Kommission sind wieder ernannt worden.

 

Der Forderung Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens nach einem „Super-Kommissar“ in der Person des deutschen Sozialdemokraten Günter Verheugen hat Barroso widerstanden. Allerdings soll Verheugen neben seiner Position als einer der 5 Vize-Präsidenten zuständig sein für Unternehmen, Industrie und die Koordinierung der Rolle der Kommission im Rat für Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem ist er Stellvertreter Barrosos in der Koordination der Lissabon-Strategie. Die ehemalige niederländische Verkehrsministerin Neelie Kroes-Smit löst überraschenderweise den italienischen Wettbewerbskommissar Mario Monti ab und erhält damit eines der wichtigsten Ressorts. Barroso führt zur Begründung ihre große Erfahrung und Unabhängigkeit als Vertreterin eines kleinen Mitgliedstaats an. Den Posten des Binnenmarktkommissars übernimmt ebenfalls überraschend der bisherige irische Finanzminister Charlie McGreevy, allerdings ohne die Zuständigkeit für den freien Warenverkehr im Binnenmarkt. Letztere soll auch zum Ressort Verheugens gehören. Außerdem wird die Zuständigkeit für Steuern und Zölle abgetrennt und geht an die umstrittene euroskeptische Lettin Ingrida Udre. Der italienische Europaminister Rocco Buttiglione bekommt das Ressort der Innen- und Justizpolitik und wird gleichzeitig Vizepräsident. Sein Ressort wird umbenannt in Kommissar für Justiz, Freiheit und Sicherheit. Neue Kommissarin für Außenbeziehungen der EU wird die bisherige österreichische Außenministerin Ferrero-Waldner. Der Brite Peter Mandelson bekommt das bedeutende Ressort für den Außenhandel.

 

Nachstehend finden Sie eine Übersicht der neuen EU-Kommissare:

 

José Manuel Durăo Barroso

Präsident

 

 

 

 

Portugal

Margot Wallström

Vizepräsidentin

 

Beziehungen zu den EU-Institutionen und Öffentlichkeitsarbeit

 

Schweden

Günter Verheugen

Vizepräsident

 

Industrie- und Unternehmenspolitik

 

Deutschland

Jacques Barrot

Vizepräsident

 

Transport und Verkehr

 

 

Frankreich

Rocco Buttiglione

Vizepräsident

 

Justiz, Freizügigkeit und Sicherheit

 

 

Italien

Siim Kallas

Vizepräsident

 

Kommissionsverwaltung

 

Estland

Neelie Kroes-Smit

 

 

Wettbewerb

 

 

Den Niederlanden

Joaquín Almunia

 

 

Wirtschaft und Währung

 

Spanien

Charlie McCreevy

 

 

Binnenmarkt

 

 

Irland

Peter Mandelson

 

 

Außenhandel

 

 

Großbritannien

Dalia Grybauskaité

 

Haushalt

 

 

Litauen

Danuta Hübner

 

Regionalpolitik

 

 

 

Polen

Mariann Fischer Boel

 

Landwirtschaft

 

 

Dänemark

Joe Borg

 

Fischerei und Schifffahrt

 

 

Malta

Benita Ferrero-Waldner

 

Außenbeziehungen der EU

 

Österreich

Louis Michel

 

Entwicklungshilfe

 

 

 

Belgien

Markos Kyprianou

 

Gesundheit und Verbraucherschutz

 

 

Zypern

Jan Figel

 

Bildung, Ausbildung, Kultur und Vielsprachigkeit

 

Slowakei

Vladimir Špidla

 

Arbeit, Soziales und Chancengleichheit

 

 

Tschechien

Janez Potocnik

 

Wissenschaft und Forschung

 

 

Slowenien

László Kovács

 

Energie

 

 

Ungarn

Ingrida Udre

 

Steuern und Zölle

 

 

Lettland

Stavros Dimas

 

Umwelt

 

 

Griechenland

Olli Rehn

 

Erweiterungskommissar

 

Finnland

Viviane Reding

 

Informationsgesellschaft

 

Luxemburg

 

Nächste Schritte:

Vor Amtsantritt der neuen Kommission am 01.11.2004 muss sie das Vertrauen und die Zustimmung des Europäischen Parlaments gewinnen. Dazu werden die Kommissionsmitglieder in einzelnen Anhörungen vom 27.09.- 08.10.2004 vor den Parlamentsausschüssen erscheinen. In der Plenarwoche vom 25.-28.10.2004 wird das Parlament dem neuen Kommissionskollegium seine Zustimmung oder Ablehnung erteilen. Der Rat wird dem Kollegium vor Amtsantritt formal zustimmen. Laut dem Entwurf des Vertrages für eine Verfassung für Europa wird der EU-Außenminister gleichzeitig Vize-Präsident der Kommission sein. Dieser soll jedoch erst nach Ratifizierung des Verfassungsvertrages benannt werden. Dies könnte die Kommission u. U. nochmals umbesetzen, wenn Javier Solana einer der Vizepräsidenten wird. Der Verfassungsvertrag eröffnet dem Kommissionspräsidenten die Möglichkeit, die politischen Zuständigkeiten erneut zu verändern. Dies wird nach dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien in 2007 erforderlich sein.

 

Eine vollständige Übersicht über die Portfolio Zuständigkeiten der neuen Kommissare finden Sie hier (englisch):

http://www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/1030&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en

 

Alle 25 ernannten Kommissare finden Sie mit Foto und Lebenslauf unter:

http://www.europa.eu.int/comm/commissioners/newcomm_en.htm

 

Presseinformationen der Kommission zur Ernennung der Kommissare:

http://www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/1029&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

 

Weitere Informationen über den designierten Kommissionspräsidenten Barroso sind abrufbar unter:

http://www.europa.eu.int/comm/commissioners/barroso/index_de.htm

 

UIA Jahreskongress in Genf

Vom 1. bis 5. September findet der 48. Jahreskongress der Union Internationale des Avocats (UIA) in Genf statt. Hauptthemen des diesjährigen Kongresses sind das Recht auf Gesundheit als Menschenrecht, die Problematik der internationalen Regulierung des nationalen Anwaltsberufs und generell Menschenrechte im 21. Jahrhundert.

 

Homepage der UIA:

http://www.uianet.org/index.jsp

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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