Büro Brüssel
Ausgabe
19/2004 14.10.2004
Themen in dieser
Ausgabe: - Europäischer Tag der
Ziviljustiz - Internationaler Strafgerichtshof (IStGH) - Mitteilung zur
Bekämpfung von Unternehmens- |
-
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutsch - Designierter Justizkommissar abgelehnt -
Alternative Streitbeilegung -
Europäischer Bürgerbeauftragter |
Zivilrecht
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Die
Europäische Kommission und der Europarat haben den Europäischen Tag der
Ziviljustiz ins Leben gerufen, um die Ziviljustiz den Bürgern Europas näher zu
bringen. Das Hauptereignis
wird eine Veranstaltung der drei Nachbarländer Deutschland, Tschechische Republik und
Polen am 27. Oktober 2004 in Bautzen (Sachsen) sein. Die Europäische Kommission und der Europarat werden daran
teilnehmen. Der Staatssekretär des Bundesjustizministeriums, Dr. Geiger, wird
an der Eröffnung zusammen mit dem Staatssekretär für Justiz der Tschechischen
Republik, dem Staatssekretär für Justiz des Landes Sachsen und dem Staatssekretär
für Justiz des Landes Nordrheinwestfalen teilnehmen. Simulationen von zivilrechtlichen
Gerichtsverhandlungen werden wie in Polen, der Tschechischen Republik und in
Deutschland stattfinden. Davor wird es an jedem Ort eine Kurzdarstellung der
verschiedenen Gerichtssysteme durch den Vorsitzenden Richter geben. Die
für die Simulationen ausgewählten Fälle werden grenzüberschreitende Bezüge
haben. Darüber hinaus werden Veranstaltungen u.a. in Frankreich, Lettland,
Litauen, Malta, Finnland und Rumänien stattfinden.
Weitere Informationen:
http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/news/whatsnew_de_ezrt.htm
Strafrecht
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Internationaler
Strafgerichtshof (IStGH)
Der
IStGH in Den Haag bietet gegenwärtig akademisch qualifizierten Kandidaten die
Möglichkeit, an seinem Gerichtshof Praktika bzw. Referendariatsstationen bis zu
sechs Monaten zu absolvieren (Internship/Clerkship
Programme) sowie erfahrenen Berufsangehörigen mit Expertise in den für
die Funktionen des Gerichtshofs relevanten Gebieten für eine Zeitspanne von
einem bis drei Monaten ihre Kenntnisse an dem IStGH zu vertiefen (Visiting
Professionals Programme). Beide Programme werden jeweils für eines der
folgenden Organe des Gerichtshofs angeboten: die Präsidentschaft
und Kammern (Presidency and Chambers), das Büro der Staatsanwaltschaft
(Office of the Prosecutor) und die Kanzlei (Registry). Die Praktikanten,
Referendare und Berufsangehörigen werden vom IStGH mit monatlich 1.000 sowie
der Erstattung der Reisekosten für die Rückkehr in ihr Heimatland unterstützt.
Der IStGH verspricht sich davon einen gegenseitigen Austausch von
Rechtskenntnissen- und Erfahrungen und einen Einblick des Gerichtshofs in die
nationale Praxis. Außerdem teilt der IStGH mit, dass er als neue
Organisation an qualifizierten festangestellten Mitarbeitern interessiert ist.
Ansprechpartner in der Personalabteilung des IStGHs ist Leroy Stockton.
Details
zu den Programmen für Berufsangehörige finden Sie auf der Website des IStGH
unter:
http://www.icc-cpi.int/vpp1g.html
Details
zu den Programmen für Praktikanten und Referendare:
http://www.icc-cpi.int/cc1g.html
Leitlinien
des IStGH für Bewerbungen für Festanstellungen:
http://www.icc-cpi.int/jobs/guidelines.html
Mitteilung
zur Bekämpfung von Unternehmens- und Finanzdelikten
Am
27.09.2004 hat die Kommission eine Mitteilung über die Verhütung und Bekämpfung
von Unternehmens- und Finanzdelikten veröffentlicht, mit der sie eine neue
Strategie zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken von Unternehmen im
Finanzbereich verfolgt. Die Strategie soll im Anschluss an die jüngsten
Finanzskandale Initiativen in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Gesellschaftsrecht,
Rechnungslegung, Steuern, Justiz und Inneres, Beaufsichtigung und Durchsetzung
koordinieren. Ziel ist die Verstärkung der internen Kontrollen im Unternehmen,
vor allem durch den Vorstand, unabhängige Abschlussprüfung, Beaufsichtigung und
Gesetzesvollzug. In der Mitteilung fordert die Kommission eine fristgerechte
und wirksame Umsetzung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen und des
Aktionsplans für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance. Die Kommission
schlägt außerdem neue politische Initiativen im Bereich der Steuern (z. B. die
Entwicklung einer gemeinsamen Definition von Steuerhinterziehung) und der
Durchsetzung vor. Im Hinblick auf den Gesetzesvollzug will die Kommission ein
EU-Instrument entwickeln, um der Behinderung der Justiz entgegenzuwirken, sowie
eine EU-Politik zur Haftung von Unternehmen mit abschreckenden Geldbußen, wenn
vorhandene Rechtsvorschriften nicht eingehalten werden. Außerdem soll ein
EU-Instrument zur Aufteilung eingezogener Vermögenswerte und die Rückerstattung
eingezogener Erlöse entwickelt werden.
Die
Mitteilung der Kommission über die Verhütung und Bekämpfung von Unternehmens-
und Finanzdelikten finden Sie hier:
Mehr
Informationen über den Aktionsplan für Finanzdienstleistungen sind abrufbar
unter:
Weiterführende
Informationen zum Aktionsplan für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance:
Pressemitteilung
der Kommission:
Wirtschaftsrecht
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Vertragsverletzungsverfahren
gegen Deutschland (VW-Gesetz)
Die
Europäische Kommission hat beschlossen, Klage gegen Deutschland wegen des sog.
VW-Gesetzes vor dem EuGH einzureichen. Bei der Abstimmung im 30-köpfigen
Kommissionskabinett gab es eine Mehrheit, gegen Deutschland vorzugehen. Es
handelt sich dabei um ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226
EG-Vertrag. Im Frühjahr 2004 forderte der Binnenmarktkommissar Bolkestein die
Bundesregierung ultimativ auf, dass Gesetz aufzuheben oder nachhaltig zu
ändern. Die Bundesregierung ließ das Ultimatum verstreichen. Das formelle
vorgerichtliche Verfahren wurde bereits im März 2003 eingeleitet. Die Kommission
befürchtet, dass einige Bestimmungen des 1960 erlassenen und später mehrfach
geänderten Volkswagengesetzes (VW-Gesetz) Investoren aus anderen
EU-Mitgliedstaaten abschrecken und damit gegen die Vorschriften des EG-Vertrags
über den freien Kapitalverkehr (Art. 56) und die Niederlassungsfreiheit (Art.
43) verstoßen könnten. Die Kommission kritisiert insbesondere das
Höchststimmrecht, nach dem kein Aktionär mehr als 20 % der Stimmen ausüben
kann, die Sperrminorität von 20% und die Entsenderechte zur Vertretung im
Aufsichtsrat. Die Bundesregierung ist nach wie vor zuversichtlich und hält das
Gesetz für europarechtskonform. Gerade mit Blick auf die Historie des
VW-Gesetzes ergebe sich, dass keine Begünstigung der öffentlichen Hand als
Anteilseigner vorliege, so dass keine Vergleichbarkeit zu den Fällen der
Golden Shares bestünde. Aufgrund der ungeklärten Eigentumsverhältnisse nach
dem Zweiten Weltkrieg stelle das Gesetz einen noch heute gültigen, sorgfältig
austarierten Interessenausgleich zwischen sämtlichen Beteiligten dar. Die
aktive Teilnahme an Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens sei für alle
Aktionäre auch zukünftig gewährleistet.
Pressemitteilung
der Kommission:
Bericht
Nachrichten aus Brüssel 14/2004:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten14aus2004.htm#_Toc26763713
Bericht
Nachrichten aus Brüssel 7/2004:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten7aus2004.htm#_Toc26763713
Sonstiges
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Designierter
Justizkommissar abgelehnt
Am 11.10.2004 hat der
Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz- und innere Angelegenheiten des
Europäischen Parlaments den designierten italienischen Kommissar für das
Ressort Freiheit, Sicherheit und Recht Rocco Buttiglione in geheimer Abstimmung
mit 27 zu 26 Stimmen abgelehnt. Hintergrund der Ablehnung des Ausschusses ist
insbesondere Buttigliones moralische Haltung zu Homosexualität und Ehe sowie
dessen Äußerung zu den Auffanglagern von Asylbewerbern in Nordafrika. Das in
der Parlamentsgeschichte bisher einmalige Votum des Ausschusses ist mit der
Aufforderung an den designierten Kommissionspräsidenten Barroso verbunden,
Buttiglione mit anderen Aufgaben in der neuen Kommission zu betrauen. Barroso
äußerte sich zunächst nicht zu der Ablehnung, sondern teilte mit, dass er den
für den 21.10.2004 erwarteten Bericht des Parlaments zu seinem gesamten
Kommissionsteam abwarten wolle. Mit 28 zu 25 Stimmen lehnte der Ausschuss
außerdem die Berufung des Italieners in das Amt des Vizepräsidenten ab. Gemäß
Artikel 214 Absatz 4 EG-Vertrag stellen sich der Präsident und die übrigen designierten
Mitglieder der Kommission als Kollegium dem Zustimmungsvotum des Parlaments.
Nach dessen Zustimmung werden der Präsident und die übrigen
Kommissionsmitglieder vom Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt. Das
Parlament kann daher lediglich die Kommission als Ganzes, nicht jedoch einzelne
Mitglieder ablehnen. Das Parlament wird voraussichtlich in der Plenarwoche vom
25.-28.10.2004 sein Votum zu der Gesamtkommission abgeben, die ihr Amt am
01.11.2004 antreten wird.
Das gesamte Verfahren
zur Einsetzung gemäß dem EG-Vertrag finden Sie unter:
http://www.europarl.eu.int/hearings/commission/2004_comm/pdf/procedure_de.pdf
Rocco Buttigliones Lebenslauf
(englisch):
http://www.europarl.eu.int/press/audicom2004/cv/cv_buttiglione.pdf
Eine
Übersicht aller designierten Kommissare finden Sie hier (englisch):
http://www.europarl.eu.int/hearings/commission/2004_comm/commissioners_en.htm
Buttigliones
Antworten auf die allgemeinen Fragen
des schriftlichen Fragebogens:
http://www.europarl.eu.int/hearings/commission/2004_comm/pdf/gen_buttiglione_de.pdf
Buttigliones Antworten
auf die fachspezifischen Fragen des schriftlichen Fragebogens:
http://www.europarl.eu.int/hearings/commission/2004_comm/pdf/speca_buttiglione_de.pdf
Zusammenfassung des EP 1.
Anhörung Rocco Buttigliones (englisch):
http://www.europarl.eu.int/press/audicom2004/resume/041005_BUTTIGLIONE_EN.pdf
Zusammenfassung des EP 2.
Anhörung Rocco Buttigliones (englisch):
http://www.europarl.eu.int/press/audicom2004/resume/041006_ButtiglioneII_EN.pdf
Nach
der Konferenz zur alternativen Streitbeilegung am 02.07.2004 in Brüssel wurde
als Teil der Nachbereitung des Konsultationsverfahrens zum Grünbuch Alternative
Dispute Resolution (ADR) der Verhaltenskodex für Mediation veröffentlicht. Die
BRAK begrüßte seinerzeit in ihrer Stellungnahme, dass die Europäische
Kommission die Vereinheitlichung von ADR-Verfahren anstrebt. Notwendig sei
insbesondere die Integration verschiedener Möglichkeiten der Streitbearbeitung
in ein Gesamtsystem vor allem für die gerichtliche Konfliktaustragung einerseits
und die Mediation als zentrale Alternative Dispute Resolution Entwicklung
andererseits.
Europäischer
Verhaltenskodex für Mediatoren:
http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/adr/adr_ec_code_conduct_en.pdf
Grünbuch
Alternative Streitbeilegung:
Stellungnahme
der BRAK zum Grünbuch Alternative Streitbeilegung:
http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/gruenbuch-adr.pdf
Bericht
aus Nachrichten aus Brüssel 11/2004:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten11aus2004.htm#_Toc26763714
Zwischenzeitlich
liegt der über 300 Seiten starke Gesamtbericht des Bürgerbeauftragten Prof. Dr.
Nikiforos Diamandouros aus dem Jahre 2003 vor. Der Europäische
Bürgerbeauftragte untersucht Beschwerden über Missstände in der
Verwaltungstätigkeit von Organen und Institutionen der Europäischen Union.
Jeder Unionsbürger (jede natürliche oder juristische Person) mit Wohnsitz bzw.
satzungsgemäßem Sitz in einem EU-Mitgliedstaat kann sich beim Europäischen
Bürgerbeauftragten per Post, Fax oder E-Mail beschweren. Bei dem vorliegenden
Jahrebericht handelt sich um den neunten an das EP. Der Bericht enthält
Dokumentationen der Beschwerden an den Ombudsmann, die Entscheidungen im
Anschluss an eine Untersuchung, die Beziehungen zu Bürgerbeauftragten und
ähnlichen Einrichtungen und schließlich die Öffentlichkeitsarbeit. Auffällig
ist, dass im Jahre 2003 2436 Beschwerden beim Ombudsmann eingingen, etwa 10 %
mehr als im Vorjahr. Dies führt der Bürgerbeauftragte auf die Sensibilisierung
der Bürger für ihre Rechte in einem zusammenwachsenden Europa zurück.
Zusammenfassung
und Statistik aus dem Bericht 2003:
http://www.euro-ombudsman.eu.int/report03/pdf/de/short03_de.pdf
Homepage
des Bürgerbeauftragten:
http://www.euro-ombudsman.eu.int/home/de/default.htm
Beschwerdeformular:
http://www.euro-ombudsman.eu.int/media/de/default.htm
Weitere
Hintergrundinformationen:
http://www.euro-ombudsman.eu.int/form/de/default.htm
Bericht
in Nachrichten aus Brüssel 15/2004:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten15aus2004.htm#_Toc26763714
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M.. |
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