Büro Brüssel

Ausgabe 11/2005                                                                                                                02.06.2005

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Europäisches Mahnverfahren

 

Strafrecht

- Legislative Entscheidung des EP zur 3. Geldwäscherichtlinie

 

Freizügigkeit

-  Dienstleistungsrichtlinie

 

Sonstiges

-     EU-Verfassung

-     Rahmenvereinbarung über die Beziehungen EP/Kommission

-     IBA Konferenz

 


 

Zivilrecht

 

Europäisches Mahnverfahren

Am 23. Mai 2005 legte die Berichterstatterin Arlene McCarthy dem federführenden Rechtsausschuss ihren Bericht zum Kommissionsvorschlag zur Einführung eines Europäschen Mahnverfahrens vor. Zur streitigen Frage der Anwendbarkeit des einzuführenden Europäischen Mahnverfahrens auch auf nationale Streitigkeiten schlägt McCarthy eine „Opt-In“-Lösung vor, nach der die Mitgliedstaaten entscheiden können, ob sie das Europäische Mahnverfahren auch auf nationale Streitigkeiten anwenden. Allerdings sieht ihr Vorschlag gleichzeitig vor, dass nach fünf Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung die Kommission einen Vorschlag zur Ausdehnung auf nationale Sachverhalte unterbreitet. Damit will McCarthy einen Kompromiss aufzeigen, mit dem die Blockierung durch den Rat umgangen werden könne. Der Rat hatte sich im März 2005 dafür ausgesprochen, das Europäische Mahnverfahren auf grenzüberschreitende Sachverhalte zu beschränken.

Demgegenüber schlägt Mihael Brejec in seiner am 26. Mai 2005 dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres vorgelegten Stellungnahme eine „Opt-Out“-Lösung vor. Danach soll das Europäische Mahnverfahren auch auf rein nationale Streitigkeiten anwendbar sein, den Mitgliedstaaten aber die Möglichkeit offen stehen, die Anwendung auf grenzüberschreitende Fälle zu beschränken.

Die BRAK hat sich in ihren Stellungnahmen aus den Jahren 2003 und 2004 zum Grünbuch Europäisches Mahnverfahren für eine Beschränkung auf grenzüberschreitende Sachverhalte ausgesprochen. Wir haben bereits in den Ausgaben 1, 9, 20, 21 aus 2003, Ausgaben 5, 7, 18 aus 2004 sowie 8 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel über das Europäische Mahnverfahren berichtet.

 

Strafrecht

 

Legislative Entscheidung des EP zur 3. Geldwäscherichtlinie

Das Plenum des EP hat mit legislativer Entscheidung vom 26. Mai 2005 den Bericht von Hartmut Nassauer (EVP/CDU) zum Komissionsvorschlag zu einer Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche einschließlich der Finanzierung des Terrorismus (3. Geldwäscherichtlinie) zum ganz überwiegenden Teil angenommen. Danach wird – wie von der Kommission vorgeschlagen – nicht nur die Geldwäsche, sondern auch die Finanzierung von Terrorismus unter Strafe gestellt. Im Hinblick auf die Verschwiegenheitsverpflichtung der Rechtsanwälte ist es zu begrüßen, dass entgegen dem Kommissionsentwurf die Freistellung von der Meldepflicht bei Geldwäscheverdacht für die Rechtsberatung nicht fakultativ, sondern zwingend ist (Erwägung 13). Gleiches gilt für die neu eingeführte Erwägung 21b, durch die den Mitgliedstaaten, die nach Artikel 20 Abs. 2 der Richtlinie die Rechtsanwaltskammer als zuständige Meldestelle bestimmt haben, insoweit ein Ermessen eingeräumt wird, als dass sie in bestimmten Fällen von einer zwingenden Meldungpflicht durch die Kammer an die zentrale Meldestelle, die Staatsanwaltschaft, absehen können. Auf der anderen Seite führt das EP allerdings in Art. 20 Abs. 1 die Pflicht zur sofortigen und gefilterten Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft ein.

In Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie räumt das EP den Mitgliedstaaten erfreulicherweise die Möglichkeit ein, Anwälte von der Identifizierungspflicht von Mandaten gemäß Art. 8 der Richtlinie auszunehmen. Der Verzicht auf die Kundenidentifizierung bei Sammelanderkonten (Erwägung 15a neu und Art. 10 Abs. 1 lit. c) soll nur gelten, wenn der Rechtsanwalt die Angaben über die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers den kontoführenden Instituten auf Anfrage zugänglich machen kann. Für die deutsche Rechtslage beim Sammelanderkonto dürfte sich dadurch nichts ändern.

Durch Art. 39 der Richtlinie wird die Kommission verpflichtet, dem EP und dem Rat nach vier Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Bericht über deren Anwendung vorzulegen, in dem sie eine spezifische Prüfung der Behandlung von Rechtsanwälten sowie anderen Angehörigen von Rechtsberufen vornimmt.

Der Annahme des Berichts durch das EP ist ein Kompromiss mit dem Rat vorausgegangen. Es wird daher angenommen, dass die zur Verabschiedung der Richtlinie notwendige Annahme des Rats ohne Änderungen erfolgt.

Über die 3. Geldwäscherichtlinie haben wir bereits in Ausgaben 13 und 23 aus 2004 sowie 2 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel berichtet.

 

Freizügigkeit

 

Dienstleistungsrichtlinie

Am 24. Mai 2005 hat Evelyne Gebhardt (SPE/SPD) im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EP ihren vollständigen Bericht (Teil I und II) zur Dienstleistungsrichtlinie vorgelegt und damit den von ihr am 8. April 2005 vorgelegten, unverändert übernommenen Bericht (Teil I) vervollständigt. Die wesentlichsten Änderungen gegenüber dem Kommissionsentwurf betreffen nach wie vor den Anwendungsbereich: Dienstleistungsbereiche, die durch sektorale Richtlinien geregelt werden, sollen nach Ansicht von Evelyne Gebhardt nicht in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie fallen. Danach wären die Anwälte nicht in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie einbezogen. Ein weiterer Kernpunkt der Änderungen des Berichts gegenüber dem Kommissionsvorschlag betrifft die Einführung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung anstelle des Herkunftslandsprinzips. Evelyne Gebhardt spricht sich in ihrem Bericht außerdem für eine vierjährige, anstelle einer zweijährigen Umsetzungsfrist ins nationale Recht aus.

Vor allem die Reaktionen der konservativen und liberalen Fraktion im EP auf den Gebhardt-Bericht waren eher negativ. Insbesondere wurde der Ersatz des Herkunftslandsprinzips durch das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung kritisiert. Außerdem wurde beanstandet, dass Gebhardt eine sog. indikative Liste zur Klärung des Anwendungsbereichs der Richtlinie vorschlägt. Auch der Ausschluss der von sektoralen Richtlinien abgedeckten Dienstleistungsbereiche stieß auf Widerstand. Insgesamt wurde der Berichtsentwurf als Rückschritt gegenüber dem Status quo bezeichnet.

Es wird erwartet, dass der Ausschuss im September, das EP im Oktober dieses Jahres abstimmen wird.

Über den Vorschlag zur Dienstleistungsrichtlinie berichteten wir bereits in Ausgaben 1 und 12 aus 2004 sowie 2, 3 und 5 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel. Die Stellungnahme der BRAK zum Kommissionsvorschlag finden Sie hier.

 

 

Sonstiges

 

EU-Verfassung

In Deutschland hat der Bundesrat am 27. Mai 2005 die EU-Verfassung gebilligt. Unmittelbar nach dieser Abstimmung hat der CSU-Bundestagsabgeordnete Gauweiler Verfassungsbeschwerde eingelegt, um zu verhindern, dass Deutschland die Verfassung ratifiziert. Sofern das Verfassungsgericht die Klage annimmt, ist eine Verzögerung der zur Ratifizierung erforderlichen Unterschriftsleistung durch den Bundespräsidenten Horst Köhler möglich.

Bereits am 19. Mai 2005 hat das belgische Parlament der EU-Verfassung mit großer Mehrheit zugestimmt. Zur Ratifizierung in Belgien ist noch die Annahme der Verfassung durch die fünf regionalen Parlamente erforderlich.

Indes haben sich die Franzosen im Referendum am 29. Mai 2005 mit 54,87 % mehrheitlich gegen die Verfassung entschieden. Die Niederländer haben am 01. Juni 2005 abgestimmt und sogar zu 61,6 % die Verfassung abgelehnt. Die Ablehnung durch Frankreich und die Niederlande hat zur Folge, dass die Verfassung zunächst nicht in Kraft treten wird.

Der EU-Verfassungstext steht im Internet zum Download zur Verfügung oder kann in einem Informationszentrum des „Europe Direct Informationsnetzwerks“ persönlich abgeholt werden.

 

Rahmenvereinbarung über die Beziehungen EP/Kommission

Das EP hat am 26. Mai 2005 die Revision der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen Parlament und Kommission gebilligt. Bereits seit 1990 besteht ein Verhaltenskodex zwischen dem EP und der Kommission, der bislang zweimal – 1995 und 2000 – abgeändert wurde. Neuerungen der Rahmenvereinbarungen sind die Einführung eines Verhaltenskodex zur Ernennung von Kommissaren sowie zu Änderungen in den Portfolien der Kommissare. Darüber hinaus regelt die Vereinbarung ein Verfahren, mit dem ein Kommissionsmitglied vorzeitig abgelöst werden kann. Enthalten ist außerdem die Zielvereinbarung, den Dialog zwischen den beiden Institutionen zu verbessern.

 

IBA Konferenz

Vom 25. bis 30. September 2005 wird in Prag die jährliche Konferenz der International Bar Association (IBA) stattfinden. Das Programm der Konferenz umfasst mehr als 150 Working Sessions sowie vier Show Cases. Es wird erwartet, dass an der Konferenz über 3.000 Anwälte aus allen Teilen der Welt teilnehmen werden. Informationen zur Anmeldung zur Konferenz finden Sie hier.

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M. und RAin Mila Otto, LL.M.

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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