Büro Brüssel

Ausgabe 14/2005                                                                                                                13.07.2005

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

-        Rom II - Abstimmung im EP

-        Zustellung von Schriftstücken zwischen den Mitgliedstaaten

-        Kommission erhält Verhandlungsmandat für UN-Übereinkommen über elektronische Vertragsabschlüsse

 

Strafrecht

-        Strafrechtliche Sanktionen bei Nachahmungen und Produktpiraterie

 

 

Wirtschaftsrecht

-        Richtlinie zu Softwarepatenten gescheitert

 

Freizügigkeit

-        Dienstleistungsrichtlinie - Aussprache zu Änderungsanträgen

-        EuGH: Österreichs Zulassungsbeschränkungen für Hochschulen gemeinschaftsrechtswidrig

 

Sonstiges

-        Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung einer „Grundrechte-Agentur“ der EU

-        EGMR - Grundrechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften

-        InfEuropa Schumann 14

-        Colloquium Europäisches Zivilverfahrensrecht


 

Zivilrecht

 

Rom II – Abstimmung im EP

Am 5. und 6. Juli 2005 fanden im Plenum des EP die Aussprache und Abstimmung über den Bericht von Berichterstatterin Diana Wallis zu dem Verordnungsvorschlag über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) statt. Die Verordnung soll regeln, welches nationale Recht auf außervertragliche, grenzüberschreitende zivil- und handelsrechtliche Schuldverhältnisse Anwendung findet. Das Plenum hat den Verordnungsvorschlag mit einigen Änderungen angenommen. Nun steht noch die für die Verabschiedung der Verordnung notwendige Abstimmung im Rat aus.

Über den Verordnungsvorschlag „Rom II“ berichteten wir zuletzt in Ausgabe 13 aus 2005.

 

Zustellung von Schriftstücken zwischen den Mitgliedstaaten

Zur Steigerung der Effizienz von Übermittlungen und Zustellungen, der Vereinfachung bestimmter Verordnungsvorschriften und der Erhöhung der Rechtssicherheit hat die Kommission am 7. Juli 2005 einen Vorschlag für eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen vorgelegt. Darin sind unter anderem die Verkürzung der Zustellungsfrist für die Empfangsstelle auf einen Monat (Art. 7), eine Ergänzung der Sprachenregelung (Art. 8), Änderungen hinsichtlich des Datums der Zustellung (Art. 9), eine Regulierung der Kostenfrage bei Zustellung durch eine Amts- oder andere zuständige Person (Art. 11) und die Einführung einheitlicher Postzustellungsregeln sowie die Pflicht, eine unmittelbare Zustellung zwischen den am Verfahren beteiligten Personen zuzulassen (Art. 14 f.), vorgesehen. Zur Frage der bisher in der Verordnung nicht ausdrücklich geregelten Rechtsfolgen der Sprachenregelung hatte die Generalanwältin Stix-Hackl am 28. Juni 2005 in ihren Schlussanträgen zum Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH in der Rechtssache Götz Leffler/ Berlin Chemie AG (Rs. C-443/03) Stellung bezogen. Gemäß Art. 8 der Verordnung darf der Zustellungsempfänger die Annahme von Schriftstücken aus einem anderen EU-Staat verweigern, wenn sie in einer anderen als in der im Zustellungsort geltenden Amtssprache abgefasst sind und der Zustellungsempfänger diese nicht versteht. Stix-Hackl zufolge soll die Ausübung des Annahmeverweigerungsrechts lediglich zu einer prozessualen Hemmung führen. Die Kommission schlägt nun eine ausdrückliche Regelung vor, wonach die Zustellung bei rechtmäßiger Annahmeverweigerung erst dann rechtswirksam sein soll, wenn die Übersetzung zugestellt ist. Muss die Zustellung zur Wahrung der Rechte des Antragstellers nach innerstaatlichem Recht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen, soll es für den Antragsteller jedoch auf den Tag ankommen, an dem das Original erstmals zugestellt wurde.

 

Kommission erhält Verhandlungsmandat für UN-Übereinkommen über elektronische Vertragsabschlüsse

Der Rat der EU hat der Kommission das von ihr geforderte Verhandlungsmandat erteilt. Dies erlaubt ihr, für die EU an den im Rahmen der UN-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) geführten Verhandlungen über ein UN-Übereinkommen teilzunehmen, das den elektronischen Abschluss internationaler Verträge zwischen Unternehmen einfacher gestalten soll.

Über dieses Thema berichteten wir bereits in Ausgabe 13 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.

 

Strafrecht

 

Strafrechtliche Sanktionen bei Nachahmungen und Produktpiraterie

Die Kommission hat am 12. Juli 2005 einen Richtlinienvorschlag und einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss angenommen. Mit ihnen sollen die Maßnahmen zur Bekämpfung von Nachahmung und Produktpiraterie durch strafrechtliche Sanktionen ergänzt werden, indem das Strafrecht der Mitgliedstaaten angenähert und eine engere europaweite Zusammenarbeit gefördert wird. Die vorgeschlagenen Rechtsakte sollen für alle vorsätzlichen – auch nur versuchten – Schutzrechtsverletzungen gelten.

Die Pressemitteilung der Kommission finden sie hier.

 

Wirtschaftsrecht

 

Richtlinie zu Softwarepatenten gescheitert

Das EP hat am 6. Juni 2005 in zweiter Lesung den Gemeinsamen Standpunkt des Ministerrats zum Richtlinienvorschlag über die Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen mit 648:14 Stimmen bei 18 Enthaltungen zurückgewiesen. Die Richtlinie, mit der die Regelung zur Patentierung computerimplementierter Erfindungen harmonisiert werden sollte, ist damit gescheitert: Nach Artikel 251  Absatz 2 b) des EGV gilt ein Rechtsakt als nicht erlassen, wenn das EP mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder den Gemeinsamen Standpunkt des Rates ablehnt.

 

Freizügigkeit

 

Dienstleistungsrichtlinie – Aussprache zu Änderungsanträgen

Am 11. Juli 2005 fand eine Aussprache im federführenden Ausschuss Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des EP zu den 1083 Änderungsanträgen zum Richtlinienvorschlag einer Dienstleistungsrichtlinie statt, an der auch die Kommission und der Rat teilnahmen. Insbesondere die Frage des Anwendungsbereichs der Richtlinie, bei dem die Mehrheit der Konservativen und Liberalen einen weiteren Geltungsbereich als die Sozialdemokraten und Grünen favorisieren, und die Geltung des Herkunftslandsprinzips, des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung oder der vom Konservativen Malcolm Harbour (GB) vorgeschlagenen „Binnenmarktklausel“ sowie die Frage nach dem Umgang von Dienstleistungen im allgemeinen Interesse prägten die Diskussion.

Die Berichterstatterin Evelyne Gebhardt (SPD, Deutschland) machte im Verlauf der Sitzung mehrfach deutlich, dass sie – anders als andere Abgeordnete – am Zeitplan festhalten wolle. Sie werde Kompromissvorschläge präsentieren, die in einer Sitzung in der letzten Augustwoche mit den Urhebern der eingereichten Änderungsanträge diskutiert werden sollen, um einen Kompromiss zu erzielen. Es ist vorgesehen, dass der Ausschuss am 13. September 2005 abstimmt und eine Abstimmung im Plenum des EP im Oktober 2005 erfolgt. Die Rats-Arbeitsgruppe plant, sich am 8. September 2005 mit dem Anwendungsbereich der Richtlinie zu befassen.

Über die Dienstleistungsrichtlinie berichteten wir bereits in den Ausgaben 1 und 12 aus 2004 sowie 2, 3, 5, 6, 11, 12 und 13 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.

Die Stellungnahme der BRAK zum Kommissionsvorschlag finden Sie hier.

 

EuGH: Österreichs Zulassungsbeschränkungen für Hochschulen gemeinschaftsrechtswidrig

Der EuGH hat in der Rechtssache Europäische Kommission / Republik Österreich (C-147/03) entschieden, dass die österreichische Regelung über den Zugang zum Hochschul- und Universitätsstudium gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und die Bestimmungen des EGV über die berufliche Bildung verstößt. Gemäß dem österreichischen Universitäts-Studiengesetz können Bewerber aus anderen Mitgliedstaaten nur dann in Österreich studieren, wenn sie nachweisen, dass sie auch in ihrer Heimat einen entsprechenden Studienplatz erhalten hätten. Dies wirkt sich diskriminierend auf Schulabgänger aus anderen Mitgliedstaaten aus, wenn in ihrem Heimatstaat strengere Zulassungsvoraussetzungen als in Österreich bestehen, wie das Erreichen eines Numerus clausus oder das Bestehen einer Aufnahmeprüfung.

 

Sonstiges

 

Vorschlag zur Errichtung einer „Grundrechte-Agentur“ der EU

Die Kommission hat mit Datum vom 30. Juni 2005 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung einer Agentur der EU für Grundrechte sowie für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Agentur, ihre Tätigkeiten in den Bereichen nach Titel VI des EUV auszuüben, veröffentlicht. Der Vorschlag zielt darauf ab, das Mandat der „Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ (EUMC) auf alle in der Charta genannten Grundrechtsbereiche auszuweiten und eine Agentur der EU für Grundrechte zu errichten, deren Sitz in Wien sein soll. Aufgabe der Agentur soll u.a. die Prüfung der Lage der Grundrechte in der EU, den Mitgliedstaaten und den Bewerberländern sowie der Bericht hierüber sein. Sie soll zudem Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Grundrechte ergreifen, ohne sich indes selbst mit Einzelbeschwerden zu befassen. Der Vorschlag sieht eine enge Zusammenarbeit mit bereits bestehenden Gremien sowie dem Europarat vor, um Arbeitsüberschneidungen zu vermeiden. Es wird vorgeschlagen, dass zur Wahrung der Unabhängigkeit der Agentur jeder Mitgliedsstaat und das EP einen unabhängigen Sachverständigen in den Verwaltungsrat entsenden.

 

EGMR - Grundrechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil vom 30. Juli 2005 in der Rechtssache Bosphorus Airways gegen Irland festgestellt, dass das Gemeinschaftsrecht grundsätzlich einen mit den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gleichwertigen Grundrechtsschutz biete. Allerdings könne sich im Einzelfall ergeben, dass Rechte aus der EMRK durch die EG offensichtlich nur unzulänglich geschützt seien. Diese Einschätzung des EGMR ist gerade im Hinblick darauf interessant, dass der EU erst durch die Ratifizierung des Verfassungsvertrags die Möglichkeit eines Beitritts eröffnet wäre; bislang kann sie mangels Ermächtigung im EGV selbst nicht Mitglied der EMRK sein.

 

InfEuropa Schumann 14

Am 30. Juni 2005 wurde ein neues Informationszentrum für Bürger am Rond Point Schumann in Brüssel eröffnet. Das Zentrum soll mit seiner Informations- und Dokumentationsstelle als Forum für den interaktiven Austausch zwischen den Organen der EU und den Bürgern dienen und ihnen kostenlose Informationen zur Verfügung stellen. Außerdem bietet es einen Konferenzraum, einen Besucherdienst sowie Räume für Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen.

 

Colloquium Europäisches Zivilrecht

Das österreichische Justizministerium, der österreichische Juristenverband, die Universität Wien, die deutschsprachige Universität Budapest sowie die International Association of Procedural Law (IAPL) veranstalten vom 21. bis 25. September 2005 in Wien und Budapest ein „Colloquium Europäisches Vertragsrecht“ mit dem Untertitel „Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven nach der EU-Erweiterung“. Den Programmablauf sowie das Anmeldeformular können sie unter diesem Link abrufen.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M. und RAin Mila Otto, LL.M.

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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