Büro Brüssel

Ausgabe 19/2005                                                                                                                20.10.2005

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

-          Europäisches Mahnverfahren – Ratssitzung

 

Strafrecht

-          Informationsaustausch nach dem Grundsatz der Verfügbarkeit und Datenschutz

-          Ratssitzung zur Vorratsspeicherung von Daten

 

Wirtschaftsrecht

-          Maßnahmenpaket zum Schutz vor Nachahmung und Produktpiraterie

 

Freizügigkeit

-          Berufsanerkennungsrichtlinie im Amtsblatt veröffentlicht

 

Sonstiges

-          „Plan D“

-          EuGH – Personalia

 


 

Zivilrecht

 

Europäisches Mahnverfahren – Ratssitzung

Bereits auf dem informellen Ratstreffen Anfang September 2005 in Newcastle wurde Einigkeit darüber erzielt, dass das Europäische Mahnverfahren nur für grenzüberschreitende Fälle Anwendung finden soll.  Hierfür hat sich die BRAK in ihrer Stellungnahme stark gemacht. Der Rat möchte den Mitgliedstaaten allerdings die Möglichkeit einräumen, die Geltung des Verfahrens auch für nationale Fälle zu bestimmen. Bei dem Ratstreffen am 12. Oktober 2005 sprach sich eine große Mehrheit dafür aus, dem Antragsteller eine Pflicht zur Beschreibung der Beweise aufzuerlegen: So könnte das Gericht prima facie die Erfolgsaussichten beurteilen. Gleichzeitig könnten die Verfahrenskosten gesenkt werden, da Übersetzungen des Beweisstückes nicht notwendig und ein automatisiertes Verfahren möglich sei.

Weitere Informationen finden Sie in den Ausgaben 1, 9, 20, 21 aus 2003, Ausgaben 5, 7, 18 aus 2004 sowie 8, 11 und 16 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.

 

Strafrecht

 

Informationsaustausch nach dem Grundsatz der Verfügbarkeit und Datenschutz

Die Kommission hat am 12. Oktober 2005 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über den Austausch von Informationen nach dem Grundsatz der Verfügbarkeit vorgelegt. Hiermit soll erreicht werden, dass ein Austausch von strafverfolgungsrelevanten Informationen überall in der EU nach denselben Bedingungen erfolgt. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, dafür Sorge zu tragen, dass strafverfolgungsrelevante Informationen von gleichwertigen zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten und Europol mitgenutzt werden können, wenn die Informationen für die ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich sind und kein Ausnahmefall vorliegt. DNS-Profile, Fingerabdrücke, ballistische Erkenntnisse, Kfz-Halterermittlungen, Telefonnummern und sonstige Verbindungsdaten sowie Mindestauskünfte zu Identifizierung von Personen aus Personenstandsregistern sollen im Wege des Onlinezugriffs oder mit Hilfe einer Indexabfrage ausgetauscht werden. Die Behörde, die auf Grund des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses die Informationen erhält, soll diese ausschließlich zu dem Zweck verwenden dürfen, für den sie bereitgestellt wurden. Ohne vorherige Genehmigung einer Justizbehörde des Mitgliedstaates, der die Information zur Verfügung gestellt hat, sollen sie nicht als Beweismittel für das Vorliegen einer Straftat verwendet werden dürfen.

Zeitgleich hat die Kommission den „Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden“ veröffentlicht, mit dem u.a. der Schutz der Grundrechte der Personen gewährleitstet werden soll, deren Daten im Zusammenhang mit dem Rahmenbeschluss zum Grundsatz der Verfügbarkeit verarbeitet werden. Außerdem sollen datenschutzrechtliche Unterschiede in den Mitgliedstaaten abgebaut werden, die den Austausch sachdienlicher Informationen behindern. Es sollen einheitliche Bestimmungen über die Vertraulichkeit und Sicherheit der Faktenverarbeitung, über die Haftung und über auch strafrechtliche Sanktionen bei unrechtmäßiger Verwendung der Daten durch die zuständigen Behörden sowie über die den Betroffenen zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe festgelegt werden.

 

Ratssitzung zur Vorratsspeicherung von Daten

Auf der Ratssitzung am 12. Oktober 2005 wurde beschlossen, noch in 2005 Einigkeit über die Vorratsdatenspeicherung von Daten zu erzielen. Allerdings wurde bislang nicht geklärt, ob weiterhin der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss, der auf einer Initiative der Staaten Frankreich, Großbritannien, Irland und Schweden beruht, oder der Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten unterstützt werden soll. Indes halten die Mehrzahl der Delegationen folgende Aspekte für unverzichtbar: Für mindestens 12 Monate sollten Festnetz- und Mobilfunk-Verbindungsdaten gespeichert werden, hierzu sollten auch die Daten von vergeblichen Anrufversuchen gehören. Nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren sollten auch Internetverbindungen für mindestens sechs Monate der Speicherpflicht unterliegen. Es soll den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, ob sie eine Erstattungsregelung für die den Kommunikationsanbietern entstehenden Zusatzkosten treffen. Der Kommissionsvorschlag sieht eine Erstattungsregelung vor. Der Rat sprach sich zudem für eine Überprüfung der Effektivität der Maßnahme nach fünf Jahren aus. 

Über die Vorratsspeicherung von Daten berichteten wir auch in den Ausgaben 22 und 23 aus 2004 sowie 12, 15 und 17 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.

 

Wirtschaftsrecht

 

Maßnahmenpaket zum Schutz vor Nachahmung und Produktpiraterie

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Gefährdung durch mehr und immer bessere Nachahmungen hat die Kommission hat am 11. Oktober 2005 eine Mitteilung vorgelegt, die ein Maßnahmenpaket zum Schutz vor Nachahmung und Produktpiraterie beinhaltet. Durch verbesserte Rechtsvorschriften und Kontrollen sowie durch Information und Informationsaustausch soll ein besserer Schutz erreicht werden. Außerdem soll die Partnerschaft zwischen Zoll und Unternehmen sowie die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich gestärkt werden. Bereits am 12. Juli 2005 hatte die Kommission Vorschläge vorgelegt, mit denen die Maßnahmen zur Bekämpfung von Nachahmung und Produktpiraterie durch strafrechtliche Sanktionen ergänzt werden sollen, indem das Strafrecht der Mitgliedstaaten angenähert und eine engere europaweite Zusammenarbeit gefördert wird.

Wir berichteten hierüber in Ausgabe 14 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel.

 

Freizügigkeit

 

Berufsanerkennungsrichtlinie im Amtsblatt veröffentlicht

Die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen wurde am 30. September 2005 im Amtsblatt veröffentlicht. Den Mitgliedstaaten wird eine Umsetzungsfrist bis zum 20. Oktober 2006 eingeräumt. Rechtsanwälte sind aus den Bereichen ausgenommen, die von der Dienstleistungsrichtlinie (77/249/EWG) und der Niederlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte (98/05/EG) erfasst werden. Für dieses Ergebnis hatte sich die BRAK bereits im Vorfeld des Kommissionsvorschlags erfolgreich eingesetzt. Die Anerkennung der Berufsqualifikation für Rechtsanwälte ist lediglich für die sofortige Niederlassung unter dem Anwaltstitel des Aufnahmestaates nach Absolvierung der Eignungsprüfung betroffen (Erwägungsgrund 42). Damit wird die alte Diplomanerkennungsrichtlinie (89/48/EWG) konsolidiert.

Auch in den Ausgaben 9 und 11 aus 2004 sowie 10 aus 2005 der Nachrichten aus Brüssel haben wir über die Berufsqualifikationsrichtlinie berichtet.

 

 

Sonstiges

 

„Plan D“

Die Kommission hat als Reaktion auf die Ablehnung der Europäischen Verfassung einen „Plan D - Demokratie, Dialog und Diskussion“ vorgestellt. Mit ihm soll ein gemeinsamer Rahmen für umfassende Debatten in den Mitgliedstaaten über die Zukunft Europas geschaffen werden und ein neuer politischer Konsens zur Vorbereitung Europas auf die Herausforderungen im 21. Jahrhundert erreicht werden. Die Ergebnisse der nationalen Debatten sollen zusammengefasst werden und die Grundlage für die konkrete Planung für die Zukunft Europas bilden. Der Plan sieht darüber hinaus Initiativen auf europäischer Ebene vor, z.B. eine stärkere Präsenz der Kommissionsmitglieder in den Mitgliedstaaten, Schaffung eines Bürgerforums, dessen Empfehlungen in den Entscheidungsprozess einfließen sollen, und die Schaffung eines Netzwerks von Goodwill-Botschaftern, durch die der europäischen Debatte mehr Profil verliehen werden soll.

 

EuGH – Personalia

Die Richter des EuGH wählten am 6. Oktober 2005 Sir Konrad Schiemann zum Präsidenten  der 4. Kammer, Jerzy Makarczyk zum Präsidenten der 5. Kammer sowie Jiri Malenovský zum Präsidenten der 6. Kammer. Christane Stix-Hackl wurde zur Ersten Generalanwältin ernannt für den Zeitraum vom 7. Oktober 2005 bis 6. Oktober 2006.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RA Dr. Wolfgang Eichele, LL.M. und RAin Mila Otto, LL.M.

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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