Büro Brüssel
Ausgabe 06/2006
30.03.2006
Themen
in dieser Ausgabe: -
EP-Entschließung zum Europäischen Vertragsrecht -
Praktischer Leitfaden
für die Anwendung der Verordnung über die Beweisaufnahme |
-
Resolution des
EP zu den Rechtsberufen -
Strategieplanung der Kommission für 2007 -
EuGH-Urteil zur Frage
der Geltung der Rechtskraft im Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht -
Kommissionsbericht:
Elektronische Signaturen |
Zivilrecht
|
EP-Entschließung
zum Europäischen Vertragsrecht
Das EP hat am 23. März 2006 eine Entschließung
zum Europäischen Vertragsrecht und zur Überarbeitung des gemeinschaftlichen
Besitzstandes: weiteres Vorgehen angenommen. Sie beruht auf einem vom
Rechtsausschuss angenommenen Bericht
von MdEP Lehne. Hintergrund sind die Arbeiten
der Kommission an einem Gemeinsamen Referenzrahmen für das Europäische Vertragsrecht,
durch den mehr Einheitlichkeit gewährleistet werden soll. In der Entschließung
fordert das EP, dass die Arbeiten an dem Gemeinsamen Referenzrahmen bereits
jetzt dazu genutzt werden sollten, um die Ergebnisse auf die Überarbeitung des
gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz und ein gemeinsames Zivilrecht
auszurichten. Der Appell des EP, deutlich und systematisch zwischen den für Unternehmen
untereinander (B2B) einerseits und im Verhältnis Unternehmer-Verbraucher (B2C) andererseits
geltenden Bestimmungen zu unterscheiden, entspricht der Forderung der BRAK.
Gleiches gilt für die Betonung des Prinzips der Vertragsfreiheit und der
Warnung vor mangelnder Flexibilität wegen zu großer Detailliertheit. Mit der Entschließung
fordert das EP nicht nur seine eigene stärke Einbindung, sondern auch die der
Kommission als Ganzes: Die Arbeiten an der Schaffung eines Gemeinsamen
Referenzrahmens sollten nicht nur bei der GD Gesundheit und Verbraucherschutz
liegen, sondern unter Federführung der GD Justiz, Freiheit und Sicherheit und unter
Beteiligung der GD Binnenmarkt und Dienstleistungen erfolgen. Das EP verlangt
darüber hinaus eine klare legislative Vorschau sowie Quartalsberichte über den
Fortgang der Arbeiten.
Frühere
Berichte in den Nachrichten aus Brüssel finden Sie hier: 5/2004,
20/2004,
23/2004,
17/2005,
18/2005
Praktischer Leitfaden für die Anwendung der
Verordnung über die Beweisaufnahme
Die
Kommission hat am 20. März 2006 einen praktischen
Leitfaden für die Anwendung der Verordnung über die Beweisaufnahme
veröffentlicht. Ziel der 2004 in Kraft getretenen Verordnung
über die Zusammenarbeit der Gerichte der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der
Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen ist die zügige Erledigung von
Ersuchen um Beweisaufnahme, um eine effiziente Abwicklung gerichtlicher
Verfahren zu erreichen. Der Leitfaden stellt den sachlichen Anwendungsbereich
der Verordnung dar, erläutert ausführlich die vorgesehenen Verfahren der
Beweisaufnahme und definiert wichtige Begriffe. Der Leitfaden enthält außerdem
Ausführungen zu den Vorschriften für den Einsatz moderner Kommunikationsmittel,
der maßgeblich zur Verfahrensbeschleunigung beitragen soll.
Sonstiges
|
Resolution des EP zu den Rechtsberufen
Am
23. März 2006 hat das EP eine von
der BRAK begrüßte Resolution
verabschiedet, in der die besondere Stellung der Rechtsberufe hervorgehoben
wird. Vorangegangen war eine an die Kommissarin Neelie Kroes gerichtete mündliche
Anfrage
zu den Rechtsberufen, die sich auf die Arbeiten der GD Wettbewerb im Bereich
der freien Berufe bezieht. Das EP betont in seiner Resolution, dass die Rechtsberufe
in einer demokratischen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen, um die
Achtung der Grundrechte, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit bei der Anwendung
des Gesetzes sicherzustellen. Zum Nutzen der Mandanten sowie im öffentlichen
Interesse müssten die garantierte Qualität der Dienstleistung sowie das Vertrauensverhältnis
zwischen Anwalt und Mandant im Vordergrund stehen. Das EP bekräftigt daher die
Bedeutung von Vorschriften, die notwendig sind, um die Unabhängigkeit, Verschwiegenheit
und das Verbot der Interessenkollisionen sowie Kompetenz, Integrität und
Verantwortung der Angehörigen von Rechtsberufen zu gewährleisten. Mit seiner
Resolution fordert das EP die Kommission auf, die spezifische Stellung der
Rechtsberufe im Rahmen der besseren
Regulierung zu berücksichtigen sowie europäisches Wettbewerbsrecht nicht auf
solche Aspekte anzuwenden, die der Hoheitsgewalt der Mitgliedstaaten
unterliegen. Außerdem weist das EP darauf hin, dass Wettbewerbsregeln auf
Berufsorganisationen nur dann anwendbar seien, sofern diese ausschließlich im
Interesse der Mitglieder und nicht im allgemeinen Interesse handelten.
Strategieplanung
der Kommission für 2007
Die Kommission hat eine Mitteilung
zu ihrer Strategieplanung in 2007 veröffentlicht, in der sie ihre wichtigsten
Prioritäten für 2007 nennt. Dabei bezieht sich die Kommission auf die
strategischen Fünf-Jahres-Ziele Wohlstand, Solidarität, Sicherheit sowie die
stärkere Position Europas in der Welt.
Unter dem Stichpunkt Solidarität
nennt die Kommission als zentrale Maßnahmen für 2007 u. a. die Überarbeitung der Richtlinie über den Umgang
von Unternehmen, Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht, dem Familien-
und Erbrecht und der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sowie die Schaffung von Mindeststandards für die
Beweisaufnahme, -bearbeitung und -verwertung im Hinblick auf gegenseitige
Zulässigkeit. Wichtige Handlungsbereiche unter dem Stichpunkt Freiheit und Sicherheit
werden u. a. die Konzentration auf Maßnahmen sein, die faire und effektive
strafrechtliche Ermittlung sicherstellen, sowie die Bekämpfung von Kriminalität
und Gewalt. Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass sie sich zu weiteren
qualitativen Verbesserungen ihres Systems der Folgenabschätzung verpflichtet
habe und weiterhin an der Vereinfachung arbeite. 2007 sollen viele der
vorgesehenen Vereinfachungsinitiativen umgesetzt werden. Dies betrifft u. a. die
Modernisierung des Arbeitsrechts und die Förderung der Verbraucherrechte. Die
Kommission will auch die Verbesserung ihrer Arbeit im Zusammenhang mit der
Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts fortsetzen, indem sie den Dialog mit den
Mitgliedstaaten intensiviert, um die rechtzeitige Umsetzung und die wirksame
und ausgewogene Anwendung sicherzustellen.
EuGH-Urteil zur Frage der Geltung der Rechtskraft im
Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht
Der
EuGH hat in seinem Urteil
vom 16. März 2006 in der Rechtssache C-234/04 über Vorlagefragen des Innsbrucker
Landgerichts entschieden. Fraglich war, ob eine Verpflichtung eines nationalen
Gerichts besteht, ein in Rechtskraft erwachsenes Urteil wegen eines Verstoßes
gegen Gemeinschaftsrecht zu überprüfen oder aufzuheben. Ausgangspunkt war die
Frage, ob der Grundsatz der Zusammenarbeit des Art.
10 EG ein nationales Gericht in dieser Weise verpflichten könne. Der EuGH
verneint eine solche Verpflichtung mit dem Argument der hohen Bedeutung der
Rechtskraft sowohl für die nationalen Rechtsordnungen, als auch für die
Gemeinschaftsrechtsordnung, sofern die Voraussetzungen innerstaatlicher
Verfahrensvorschriften zur Rücknahme nicht gegeben sind.
Kommissionsbericht: Elektronische
Signaturen
Die
Kommission hat in ihrem Bericht
über die Anwendung der Richtlinie 1999/93/EG über gemeinschaftliche
Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen vom 15. März 2006
festgestellt, dass die Verbreitung und Anwendung elektronischer Signaturen nur
zögerlich vorangeht.
Ziel
der Richtlinie
ist die Schaffung eines Gemeinschaftsrahmens für die Verwendung elektronischer
Signaturen, um deren grundlegende rechtliche Anerkennung zu gewährleisten. Der
Bericht stellt fest, dass die Einführung von komplexeren und damit sichereren
Signaturen nur langsam voran geht, da ihre Nutzung mit Investitionen wie der
Anschaffung von Chipkarten und Lesegeräten verbunden ist. Dagegen hätten sich
einfache elektronische Signaturen wie das TAN-Verfahren beim Online Banking
weit verbreitet. Man erwarte ein Wachstum des Marktes durch die Einführung des
elektronischen Ausweises, der zur Identifikation, Authentifizierung und
Unterschrift diene und auch für den Online-Zugang zu öffentlichen Diensten
verwendet werden könne. Obwohl die Rechtssicherheit in Bezug auf elektronische
Signaturen durch die Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten gewährleistet
sei, gebe es immer noch Probleme bei der grenzüberschreitenden Anwendung aufgrund
der mangelhaften Kompatibilität der Signaturen der verschiedenen nationalen
Anbieter. Die Kommission sieht zwar keinen Bedarf, die Richtlinie zu ändern,
will aber dennoch die Weiterentwicklung von elektronischen Signaturen
unterstützen, um deren nationale und internationale Interoperabilität zu
fördern. Noch für 2006 kündigt die Kommission einen Bericht über Normen für
elektronische Signaturen an.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
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