Büro Brüssel
Ausgabe
13/2006 06.07.2006
Themen
in dieser Ausgabe: -
Gesellschaftsrechtliche
Entwicklungen |
-
Bewertung des Haager Programms -
Kommission fordert weniger Vetos im Bereich Justiz und
Inneres -
Fortbildung von
Vertretern der Justizberufe in der EU -
Prof. von Danwitz neuer Richter am EuGH |
Wirtschaftsrecht
|
Gesellschaftsrechtliche
Entwicklungen
MdEP
Lehne hält zur Erleichterung grenzüberschreitender Tätigkeiten gerade von
mittelständischen Unternehmen die Einführung einer EU-GmbH für erforderlich und
kündigt bis Ende 2006 einen entsprechenden Initiativbericht an. Um teuren
Rechtsrat für die Mittelständler zu vermeiden, dürften darin jedoch möglichst
wenige Verweise auf nationales Recht enthalten sein. Diese Auffassung wurde im
Rahmen einer Anhörung von vielen mittelständischen Vertretern geteilt.
Am
04. Juli 2006 hat das EP den Bericht
über die jüngsten Entwicklungen und die Perspektiven des Gesellschaftsrechts
angenommen. Das EP reagiert damit auf die Aktivitäten der Kommission und
betont, dass eine weiterführende Strategie im Bereich des Gesellschaftsrechts,
auch im Hinblick auf bessere Rechtsetzung und Vereinfachung, erforderlich sei.
Es sollte geprüft werden, ob die Notwendigkeit einer umfassenden Konsolidierung
des Gesellschaftsrechts in einem einzigen Rechtsakt bestehe oder lediglich
einige Gebiete konsolidiert werden sollten. Die Kommission wird darüber hinaus
zur Vorlage weiterer konkreter Vorschläge im Bereich des Gesellschaftsrechts
aufgefordert.
Sonstiges
|
Bewertung des Haager Programms
Die
Kommission hat am 28. Juni 2006 vier Mitteilungen zur Bewertung des Haager
Programms vorgelegt, das der Rat im November 2004 mit dem Ziel, einen
EU-weiten Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen,
verabschiedet hat.
Wegen
der Uneinheitlichkeit der bestehenden Bewertungsmechanismen schlägt die
Kommission für die Evaluation
von EU-Maßnahmen im Bereich der Freiheit, Sicherheit und des Rechts die
Schaffung eines kohärenten und umfassenden Mechanismus durch die
Mitgliedstaaten und die EU-Institutionen vor. Dabei sollen sowohl die Überwachung
der Umsetzung als auch die Bewertung der Ergebnisse der Maßnahmen in den Blick
genommen werden.
Die
erste politische Bewertung
der bei der Umsetzung des Haager Programms erzielten Fortschritte
konstatiert, dass die Umsetzung der Rechtsakte durch die Mitgliedstaaten bisher
unzureichend ist. Indes wird bei der Verabschiedung der Rechtsakte eine
insgesamt positive Bilanz gezogen. Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit
in Zivilsachen seien sämtliche geplanten Maßnahmen durchgeführt worden.
Demgegenüber gebe es bei den Maßnahmen der justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen teilweise erhebliche Verzögerungen. Der Grund hierfür liege
insbesondere darin, dass bei Beschlüssen im Bereich der dritten Säule die
Zustimmung sämtlicher Mitgliedstaaten erforderlich sei. Diese Schwierigkeiten könnten nach
Auffassung der Kommission durch einen Rückgriff auf die sog.
Brückenklauseln (Art. 42 EUV, 67 Abs. 2 EGV) überwunden werden (vgl. auch
unten).
Auf
Grundlage der Bewertung der Umsetzung des Haager Programms benennt die
Kommission weitere
Schritte. So drängt sie u.a. auf die zügige Annahme und Umsetzung von
Legislativvorschlägen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung
und des gegenseitigen Vertrauens in Strafverfahren. Außerdem bedürfe es
konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der juristischen Ausbildung und Effizienz der Gerichtssysteme. Im Bereich des
Zivilrechts kündigt die Kommission Vorschläge für die vollständige Abschaffung
des Exequaturverfahrens, Grünbücher über die wirksamere Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen sowie Rechtsinstrumente im Bereich des Familienrechts an.
Kommission
fordert weniger Vetos im Bereich Justiz und Inneres
Um im Bereich der EU-Justiz- und
Innenpolitik zügiger Entscheidungen treffen zu können, möchte die Kommission
nationale Veto-Möglichkeiten im Rat drastisch einschränken, wo sich eine Reihe
von dringlichen Maßnahmen zur Erreichung eines Raumes der Freiheit, Sicherheit
und des Rechts durch das Einstimmigkeitserfordernis verzögerten. Vor diesem
Hintergrund hat die Kommission in ihrer Mitteilung zu
weiteren Schritten bei der Umsetzung des Haager Programms sowie der Mitteilung
über die Anpassung der Zuständigkeit des EuGH konkrete Vorschläge gemacht:
Bei nicht erfolgter Umsetzung einer EU-Maßnahme, soll die Kommission ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat einleiten und
nötigenfalls auch den EuGH einschalten können. Weiterhin soll in heiklen
Bereichen, die derzeit eine einstimmige Abstimmung erfordern (z.B. justizielle
Zusammenarbeit, Terrorismusbekämpfung, Asylfragen), die Brückenklausel aus
Art. 42 EUV und Art. 67 Abs. 2 EGV angewendet werden, durch die eine Abstimmung
mit qualifizierter Mehrheit ermöglicht wird. Schließlich möchte die Kommission
auch die Kompetenzen
des EuGH erweitern. Er soll von jedem nationalen Gericht im Zusammenhang
mit der Auslegung von EU-Vorschriften in den Bereichen Asyl und Einwanderung
angerufen werden können. Außerdem soll der EuGH über die Rechtmäßigkeit von
Maßnahmen entscheiden können, die von den Mitgliedstaaten zur Aufrechterhaltung
von Recht und Ordnung und zum Schutz der nationalen Sicherheit getroffen
werden.
Die finnische Präsidentschaft wird die
Kommissionsvorschläge im September 2006 dem Rat Justiz und Inneres vorlegen.
Fortbildung von Vertretern der
Justizberufe in der EU
Am
29. Juni 2006 hat die Kommission eine Mitteilung
über die Fortbildung von Vertretern der Justizberufe in der EU
veröffentlicht, in der sie sich mit Fragen der Fortbildung von Richtern und
Staatsanwälten, aber auch der Rechtsanwaltschaft befasst. Für die Schaffung
eines europäischen Raums des Rechts sei die Fortbildung der Justiz ein
wichtiges Instrument. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die ständig zunehmende
Menge an europäischen Rechtstexten sowie vor dem Hintergrund der Entwicklung
des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, der ein hohes Maß an
gegenseitigem Vertrauen in das Justizwesen der Mitgliedstaaten voraussetze.
Fortbildungsziele sollten insbesondere bessere Kenntnisse über
Rechtsinstrumente der EU und EG, die Verbesserung von Fremdsprachenkenntnissen
sowie die Vertiefung der Kenntnisse über Rechtssysteme und die Gerichtsbarkeit
in den Mitgliedstaaten sein. Obwohl die Fortbildung in erster Linie Sache der
Mitgliedstaaten sei und die Zuständigkeit für die Fortbildung der Rechtsanwälte
bei den Berufsverbänden liege, will die Kommission diese Anstrengungen mit
Mitteln des künftigen Rahmenprogramms
Grundrechte und Justiz stärker als bislang finanziell fördern.
Prof. von Danwitz neuer
Richter am EuGH
Prof. Thomas von Danwitz
wird ab November 2006 neuer Richter am EuGH und löst damit die Deutsche Ninon
Colneric ab. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und
Europarecht an der Universität in Köln.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth |
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