Büro Brüssel

Ausgabe 18/2006                                                                                                                05.10.2006

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

-        Umsetzungsbericht und Konsultation zur Fernabsatzrichtlinie

 

Strafrecht

-        Berücksichtigung von Verurteilungen

-        Schutz personenbezogener Daten

-     Haager Programm - Gemeinsames parlamentarisches Treffen

 

Wirtschaftsrecht

-        Kapitalschutzrichtlinie

-        Konsultation über die Einführung einer Versicherung für Kosten in Patentstreitigkeiten

 

Institutionelles

-        Nationales Vetorecht bleibt bestehen

 


 

Zivilrecht

 

Umsetzungsbericht und Konsultation zur Fernabsatzrichtlinie

Seit dem 21. September 2006 liegt der Bericht der Kommission über die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie vor, mit dem die Kommission ihrer Berichtspflicht über die Anwendung der 1997 verabschiedeten und mittlerweile von allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzten Fernabsatzrichtlinie nachkommt. Es seien eine Reihe von Problemen bei der Umsetzung zu verzeichnen, die auf die Abfassung der Richtlinie zurückzuführen sein könnten. Mit einem der Mitteilung beiliegenden Fragebogen (Anhang II) leitet die Kommission eine Konsultation ein. Sie fragt nach nationalen Disparitäten bei der Umsetzung, die auf Regelungsoptionen sowie die Inanspruchnahme der in der Richtlinie vorgesehenen Mindestklausel beruhen könnten. Insbesondere die bisherigen Definitionen, Ausnahmebestimmungen, Frist- und Formerfordernisse sowie das Widerrufsrecht werden in den Fokus genommen. Diese Konsultation steht im Zusammenhang mit der Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz (Acquis), so dass ein eventueller Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie erst nach Abschluss dieser umfassenderen Diagnosephase vorgelegt werden soll. Die breiter angelegte Überprüfung des Acquis soll noch im Herbst 2006 durch ein Grünbuch eingeleitet werden.

 

Strafrecht

 

Berücksichtigung von Verurteilungen anderer Mitgliedstaaten

Das EP hat am 27. September 2006 zum Rahmenbeschlussvorschlag zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren im Rahmen des Konsultationsverfahrens Stellung genommen. Der im März 2005 veröffentlichte Kommissionsvorschlag soll der Verwirklichung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung dienen: Eine frühere Verurteilung soll in Strafverfahren wegen anderer Straftaten in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden können. Die Aufnahme von Verurteilungen in das Strafregister eines anderen Mitgliedstaates sollte nach Auffassung des EP dem geplanten Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister vorbehalten bleiben. Das EP fordert darüber hinaus, dass nur Gerichtsentscheidungen berücksichtigt werden, während der Kommissionsvorschlag auch Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, für die der Rechtsweg zu den in Strafsachen zuständigen Gerichten offen steht, einbezieht. Zur Verabschiedung des Rahmenbeschlusses muss der Rat Einstimmigkeit erzielen.

 

Schutz personenbezogener Daten

Das EP, das bereits seit langem Standards für den Datenschutz im Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit fordert, hat sich am 27. September 2006 für Abänderungen des Rahmenbeschlussvorschlages über den Schutz personenbezogener Daten ausgesprochen, um so einen weitergehenden Datenschutz zu erreichen. Das EP betont, dass die Gewährleistung des Datenschutzes voraussetzt, dass personenbezogene Daten nur für rechtmäßige und spezifische Zwecke erhoben und verarbeitet werden. Sie dürften nicht in einer Weise weiterverarbeitet werden, die mit diesen Zwecken nicht vereinbar sei. Dies gelte auch im Rahmen des zunehmenden Informationsaustauschs zwischen den Straf- und Justizverfolgungsbehörden. Außerdem sieht das EP die Einführung einer Mindestklausel vor, nach der die Mitgliedstaaten über den Rahmenbeschluss hinausgehende Schutzmaßnahmen vorsehen können sollen. Die Stellungnahme des EP ist nicht bindend, zur Verabschiedung des Rahmenbeschlusses ist die einstimmige Entscheidung des Rats erforderlich.

 

Haager Programm - Gemeinsames parlamentarisches Treffen

Am 2. und 3. Oktober 2006 fand in Brüssel auf Anregung des EP und des finnischen Parlaments ein Seminar im EP zum Thema Freiheit, Sicherheit und Justiz statt. Gegenstand der Debatte waren die bei der Umsetzung des Haager Programms erzielten Fortschritte und verbleibenden Hemmnisse. In ihrer Mitteilung vom Juni dieses Jahres hat die Kommission betont, dass eine Reihe von Hemmnissen des Haager Programms noch die gleichen sind wie jene des vorangehenden Tampere-Programms, das 2004 auslief. Bei der Bekämpfung von Terrorismus, Menschenhandel, Finanzverbrechen und Piraterie bestehen die Schwierigkeiten - so der Tenor der Veranstaltung - nach wie vor hauptsächlich im Zusammenhang mit der geforderten Einstimmigkeit im Rat bei bestimmten Fragen und der Umsetzung von Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten. Eine Möglichkeit zur Überwindung dieser Schwierigkeiten besteht nach Ansicht der Kommission und des EP in der Anwendung der Brückenklauseln (Art. 42 EUV und Art. 67 EGV), die eine „Gemeinschaftsmethode“ vorsehen. Eine verstärkte Anwendung dieser Klauseln wurde auch wiederholt von den Seminarteilnehmern gefordert. Außerdem wurde beklagt, dass das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung noch nicht ausreichend umgesetzt wird.

 

Wirtschaftsrecht

 

Kapitalschutzrichtlinie

Am 15. Oktober 2006 wird die Kapitalschutzrichtlinie in Kraft treten, mit der eine Vereinfachung und Modernisierung der 2. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie bezweckt wird, die die anwendbaren Anforderungen für bestimmte kapitalbezogene Maßnahmen von Aktiengesellschaften festlegt. Ziel ist die Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Aktionärs- und Gläubigerschutzes. Die Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Aktiengesellschaften gestatten können, Aktien für die Einbringung von - nach klassischen Anhaltspunkten bewertbaren - Sacheinlagen auszugeben, ohne eine Bewertung durch einen Sachverständigen vornehmen zu müssen. Außerdem soll es Aktiengesellschaften ermöglicht werden, flexibler auf die ihren Aktienkurs beeinflussenden Marktentwicklungen reagieren zu können, indem ihnen der Erwerb oder die Unterstützung Dritter beim Erwerb eigener Aktien bis in Höhe ihrer ausschüttungsfähigen Rücklagen gestattet werden soll. Zur Verbesserung der Einheitlichkeit des Gläubigerschutzes ist vorgesehen, dass Gläubiger, deren Forderungen aufgrund einer Herabsetzung des Kapitals einer Aktiengesellschaft gefährdet sind, auf Gerichts- oder Verwaltungsverfahren zurückzugreifen können. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 15. März 2008 in nationales Recht umzusetzen.

 

Konsultation über die Einführung einer Versicherung für Kosten in Patentstreitigkeiten

Die Kommission hat das Ergebnis einer Studie zu der Frage der Machbarkeit von Rechtsschutzsystemen für Patentstreitigkeiten (Anhang) veröffentlicht. Dieser Studie war eine Untersuchung zur Einführung eines Rechtsschutzversicherungssystems für Patentstreitigkeiten vorangegangen. Nunmehr bittet die Kommission alle interessierten Kreise bis zum 31. Dezember 2006 um ihre Meinung zur Folgestudie „Die mögliche Einführung einer Versicherung für Kosten in Patentstreitigkeiten“.

 

Institutionelles

 

Nationales Vetorecht bleibt bestehen

Keine Einigung erzielten die EU-Justizminister auf dem informellen Ministertreffen im Tampere vom 20.-22. September 2006 in der Frage, ob das nationale Vetorecht bei Abstimmungen betreffend Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und in der Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Strafverfolgung abgeschafft werden soll. Das Vetorecht bleibt somit bestehen. Insbesondere Deutschland vertrat die Auffassung, dass der geänderte Abstimmungsmodus mit qualifizierter Mehrheit, der in der derzeit ruhenden Europäischen Verfassung vorgesehen ist, nicht schon vorher mit der „Brückenklausel“ eingeführt werden sollte, um eine Unterminierung der Bemühungen um die Europäische Verfassung – ein Hauptanliegen der deutschen EU-Präsidentschaft 2007 - zu verhindern.

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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