Büro Brüssel

Ausgabe 22/2006                                                                                                                30.11.2006

 

Themen in dieser Ausgabe:

Zivilrecht

·         Entschließung des EP zum Erb- und Testamentsrecht

 

Wirtschaftsrecht

·         Grünbuch Arbeitsrecht

·         Statut der Europäischen Privatgesellschaft - Rechtsausschuss

 

Strafrecht

·         Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen

 


 

Zivilrecht

 

Entschließung des EP zum Erb- und Testamentsrecht

Das EP hat am 16. November 2006 als Reaktion auf das Grünbuch Erb- und Testamentsrecht eine Entschließung mit Empfehlungen an die Kommission zum Erb- und Testamentsrecht angenommen. Darin fordert es die Kommission auf, 2007 einen Gesetzesentwurf im Bereich des Erb- und Testamentsrechts vorzulegen. Derzeit sähen sich Erbberechtigte aufgrund großer Unterschiede zwischen den Systemen des internationalen Privatrechts und des materiellen Erb- und Testamentsrechts der einzelnen Mitgliedstaaten Schwierigkeiten und höheren Kosten gegenüber, wodurch die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit und auf freie Niederlassung sowie das Recht auf Eigentum beeinträchtigt werden könnten. Betroffen seien jährlich 50.000 bis 100.000 Erbschaften mit Auslandsbezug innerhalb der EU. Der Entschließung liegt ein Entwurf des Vorsitzenden des Rechtsausschusses Guiseppe Gargani zugrunde. Das EP fordert, dass ein künftiges Gemeinschaftsinstrument möglichst erschöpfende Vorschriften des internationalen Privatrechts in Fragen des Erbrechts enthalten sollte. Mit ihm sollten vor allem Normen zur gerichtlichen Zuständigkeit, Kollisionsnormen im Bereich des Erbrechts sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen und öffentlicher Urkunden harmonisiert werden. Um mehr Transparenz und Effizienz zu erreichen, empfiehlt das EP außerdem die Einführung eines „Europäischen Erbscheins", in dem etwa das anzuwendende Erbrecht, Erbmasse sowie Nachlassempfänger und –verwalter für alle Mitgliedstaaten verbindlich angegeben werden sollen. Auch die BRAK hat eine Stellungnahme zu dem Grünbuch abgegeben.

Frühere Berichte: 5/2005, 22/2005, 4/2006

 

Wirtschaftsrecht

 

Grünbuch Arbeitsrecht

Die Kommission hat am 22. Oktober 2006 mit dem Grünbuch "Ein moderneres Arbeitsrecht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts" eine Konsultation über die Weiterentwicklung des Arbeitsrechts eingeleitet. Mit ihm soll dem Ziel der Lissabon-Strategie, nachhaltiges Wachstum und gleichzeitig die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, näher gekommen werden. Zentrale Punkte bei der Überarbeitung der arbeitsrechtlichen Vorschriften müssten größtmögliche Sicherheit für die Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Maximierung der Flexiblität auf dem Arbeitsmarkt (sog. Flexicurity-Konzept) sowie die Segmentierung der Arbeitsmärkte sein. Mit dem Grünbuch möchte die Kommission eine Debatte darüber anstoßen, ob ein reaktionsfähiger Rechtsrahmen benötigt wird, um die Fähigkeit der Arbeitnehmer zu unterstützen, Veränderungen zu akzeptieren und zu bewältigen, unabhängig davon, ob sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder einen befristeten Nichtstandardvertrag haben. Die Konsultation soll dazu beitragen, die zentralen Herausforderungen zu ermitteln, auf die noch keine angemessenen Antworten gefunden wurden. Konkret stellt die Kommission Fragen zum Flexicurity-Konzept, der Befristung von Arbeitsverhältnissen, dem Tarifvertragsrecht, dem Verhältnis zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit, dem Recht der Arbeitsbedingungen, dem Beschäftigungsstatus von Leiharbeit, dem Arbeitszeitrecht, der Mobilität der Arbeitskräfte sowie zur Rechtsdurchsetzung und Schwarzarbeit. Die Konsultation läuft bis zum 31. März 2007. Für Juni 2007 kündigt die Kommission eine Mitteilung zur „Flexicurity“ an, in der die Argumente für das Flexicurity-Konzept dargelegt und bis Ende 2007 eine Reihe gemeinsamer Grundsätze aufgestellt werden sollen, an denen sich die Mitgliedstaaten bei ihren Reformbemühungen orientieren können sollen.

 

Statut der Europäischen Privatgesellschaft - Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss des EP hat am 21. November 2006 den von MdEP Klaus-Heiner Lehne vorgelegten Berichtsentwurf zum Statut einer Europäischen Privatgesellschaft (EPG) angenommen. Der Entwurf sieht die Aufforderung an die Kommission vor, noch in 2007 einen Legislativvorschlag über das Statut einer EPG vorzulegen. Mit ihm könnte insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Europa eine Unternehmensform angeboten werden, die ihnen die grenzüberschreitende Tätigkeit, auch über Tochtergesellschaften, erleichtert. Um Beratungskosten zu senken, sollte ein Statut der EPG einheitlich und abschließend konzipiert sein und daher weitgehend gemeinschaftrechtliche Regelungen enthalten und auf Verweise auf nationales Recht möglichst verzichten. Laut der im Berichtsentwurf ausgesprochen Empfehlungen, sollte die EPG Rechtspersönlichkeit besitzen und für Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern nur mit dem Gesellschaftsvermögen haften. Das Mindestkapital sollte 10.000 € betragen. Es wird darüber hinaus u. a. angeregt, dass die geforderte Verordnung als Anhang auch Mustersatzungen enthält, die die Gesellschafter ganz oder teilweise übernehmen könnten.

Das Plenum des EP wird voraussichtlich im Dezember 2006 über den Bericht abstimmen.

 

Strafrecht

 

Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen

Der Rahmenbeschluss 2006/873/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Einziehungsentscheidungen ist am 24. November 2006 im Amtsblatt veröffentlicht worden und damit in Kraft getreten.

Mit dem Rahmenbeschluss soll die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zur Einziehung von Vermögensgegenständen erleichtert werden. Die Mitgliedstaaten sind danach verpflichtet, die in einem anderen Mitgliedstaat erlassene Einziehungsentscheidung grundsätzlich ohne jede weitere Formalität anzuerkennen und unverzüglich zu vollstrecken. Eine Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit durch den vollstreckenden Staat entfällt, wenn die der Einziehungsentscheidung zugrunde liegende Straftat im Entscheidungsstaat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht ist. Die Vollstreckung kann ausnahmsweise verweigert werden, z.B. wenn der Betroffene wegen derselben Tat bereits in einem anderen Staat verurteilt wurde oder die gerichtliche Entscheidung in seiner Abwesenheit erging.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren, bis zum 24. November 2008, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem Rahmenbeschluss nachzukommen.

Frühere Berichte: 19/2006

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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