Büro
Brüssel
Ausgabe
03/2008 14.02.2008
Themen
in dieser Ausgabe: -
Möglicher Verstoß Schwedens gegen die
Dienstleistungsfreiheit -
-
Konsultation zu
kollektiver Rechtsdurchsetzung von Verbrauchern |
-
Ratifizierung des
Vertrags von Lissabon -
Forum zur Erörterung der EU-Rechtspolitik und Praxis -
Strategieplanung der
Kommission für 2009 -
Paket für europäische
Grenzverwaltung |
Freizügigkeit
|
Möglicher
Verstoß Schwedens gegen die Dienstleistungsfreiheit
Die
schwedische Praxis, dass die Wahl des Rechtsbeistands für
Prozesskostenhilfeberechtigte auf Rechtsanwälte beschränkt ist, die in Schweden
niedergelassen sind, hat die Kommission dazu veranlasst,
an Schweden eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu senden und damit den
zweiten Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens einzuleiten.
Zwar
ist nach dem schwedischen Recht die Bestellung einer geeigneten Person
grundsätzlich unabhängig von dem Ort seiner Niederlassung, jedoch dürfen keine
zusätzlichen Kosten verursacht werden. Praktisch ist damit die Wahl des
Rechtsbeistands auf in Schweden niedergelassene Personen beschränkt
entstünden doch sonst z.B. Reisekosten. Hierin - so die Kommission - liege ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit
(Art. 49 EG):
Zum einen würden schwedische Bürger an der Inanspruchnahme von
Rechtsdienstleistern aus anderen Staaten gehindert, zum anderen würden
ausländische Anwälte in ihrer Möglichkeit beschränkt, ihre Dienstleistungen in
Schweden anzubieten. Dabei seien weniger restriktive Möglichkeiten zur
Gewährung des Zugangs zum Recht möglich: So könnte durch eine
Erstattungsobergrenze für Prozesskostenhilfe vermieden werden, dass der
Mitgliedstaat die Mehrkosten tragen muss, die durch die Einschaltung von
ausländischen Rechtsbeiständen entstehen.
Schweden
hat nun die Gelegenheit zur Äußerung zu dem Vorwurf. Sofern die Kommission
diese für unbefriedigend hält, kann sie den EuGH anrufen.
Verbraucherrecht
|
Konsultation zu kollektiver
Rechtsdurchsetzung von Verbrauchern
Im
Rahmen der Überlegungen der Kommission zur Notwendigkeit und den
Herausforderungen kollektiver Rechtsdurchsetzung hat die GD Verbraucherschutz
am 4. Februar 2008 eine Konsultation
eingeleitet. Hintergrund ist das Ziel, ein Instrument zu schaffen, mit Hilfe
dessen es Verbrauchern ermöglicht wird, auch dann, wenn die individuelle
Durchsetzung ihrer Ansprüche aus Kosten-Nutzen-Erwägungen unattraktiv ist, eine
angemessene Entschädigung erstreiten zu können. Als zentrale Punkte eines
effektiven und effizienten Systems der kollektiven Rechtsdurchsetzung für
Verbraucher hat die Kommission die Finanzierbarkeit des Verfahrens, die
Angemessenheit der Entschädigung (kein Strafschadensersatz), die Möglichkeit
einer außergerichtlichen Einigung, die Handhabung einer effektiven Bündelung
von Individualansprüchen und die angemessene Verfahrenslänge sowie den
präventiven Aspekt eines solchen Instruments und die Verhinderung
missbräuchlicher Klagen identifiziert. In der Konsultation stellt sie diese
Punkte zur Debatte und fragt nach Erfahrungen mit bestehenden Systemen
kollektiver Rechtsdurchsetzung bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten.
Stellungnahmen erbittet die Kommission bis zum 3. März 2008. Die Ergebnisse der Konsultation sollen in eine
für Ende 2008 angekündigte Mitteilung zum besten Vorgehen auf EU-Ebene
einfließen.
Frühere
Berichte: 21/2007
EU-Verbraucherbarometer
Mit
ihrer Mitteilung
vom 29. Januar 2008 hat die Kommission die Einrichtung eines
neuen Beobachtungssystems für den Binnenmarkt zur Stärkung des Schutzes der
Verbraucherrechte bekannt gegeben. Die Marktüberwachung soll durch ein Verbraucherbarometer
ergänzt werden, mit dessen Hilfe Anzeichen für Marktstörungen mit
unzureichenden Umständen im Verbraucherbereich in Verbindung gebracht werden
sollen. Das Barometer soll in einer Screening- und einer Analysephase
Gefahren für Verbraucherbedürfnisse aufzeigen. Im Rahmen des Screeningprozesses
wird auf eine Kombination von fünf Hauptindikatoren - Beschwerden, Preisniveau,
Verbraucherzufriedenheit, Wechselmöglichkeiten für die Verbraucher und
Sicherheit von Produkten zurückgegriffen, um das Integrationsniveau des
Binnenmarktes zu beschreiben. Unzulänglichkeiten in diesen
Sektoren können Anlass zu einer eingehenderen Analyse geben,
die die Grundlage von möglichen Folgemaßnahmen darstellt.
Handlungsbedarf wird unter anderem im Bereich der Rechtsbehelfe
für Verbraucher statuiert.
Das
erste Barometer erstreckt sich, aufgrund noch begrenzter Daten, zunächst
nur auf den Dienstleistungssektor und zeigt an, welche Informationen für
künftige Barometer benötigt werden, um eine Erfassung der Warenmärkte zu
ermöglichen.
Europäische
Union
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Ratifizierung des Vertrags von Lissabon
Die
Ratifizierung des Vertrags
von Lissabon, der 2009 in Kraft treten soll, schreitet voran.
Mittlerweile wurde der Vertrag von Rumänien, Malta, Ungarn und Slowenien
ratifiziert. Die Annahme des Vertrags durch die französische
Nationalversammlung mit großer Mehrheit am 7. Februar 2008 wird nach der
Ablehnung des Verfassungsvertrags 2005 durch Volksabstimmung in Frankreich als
starkes Zeichen für Frankreichs Zustimmung zur Reform der EU-Institutionen
gewertet. Irland ist der einzige EU-Mitgliedsstaat, in dem ein Referendum
gesetzlich vorgeschrieben ist.
Frühere Berichte: 20/2007,
22/2007
Forum zur
Erörterung der EU-Rechtspolitik und Praxis
Mit einer Mitteilung
vom 4. Februar 2008 hat die Kommission über die Einrichtung eines Forums zur
Erörterung der EU-Rechtspolitik und Praxis informiert. Das Forum soll einen
Dialog mit allen Beteiligten während sämtlicher Phasen der Konzeption und
Umsetzung rechtspolitischer Maßnahmen gewährleisten. Hiervon verspricht sich
die Kommission die Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit im Zivil- und
Strafrecht. Neben der Beratung über praktische
Bedürfnisse und Auswirkungen von geplanten Rechtsakten im europäischen Zivil-
und Strafrecht soll das Forum einen Beitrag bei der Überprüfung der rechtlichen
und praktischen Umsetzung von Rechtsakten in den Mitgliedstaaten leisten. Als
Resultat erhofft sich die Kommission eine Stärkung des Vertrauens im Verhältnis
der EU-Rechtssysteme untereinander und die Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses der nationalen
Rechtssysteme Voraussetzung für ein auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung
basierendes System.
Dem voraussichtlich viermal jährlich tagenden Forum
sollen möglichst Vertreter von Mitgliedstaaten, europäischen
Fachorganisationen, die im Justizbereich tätig sind, und akademischer Netzwerke
angehören. Explizit wünscht sich die Kommission u. a. die Mitarbeit des Rats der Europäischen
Anwaltschaften (CCBE) und der European Criminal
Bar Association (ECBA). Zu einzelnen Diskussionsthemen
sollen aufgrund ihrer Kenntnisse weitere Sachverständige hingezogen werden,
beispielsweise so die Kommission Vertreter von Rechtsanwaltskammern.
Erstmals wird das Forum am 15. April 2008 zusammentreten.
Strategieplanung der Kommission für 2009
Am 13. Februar 2008 hat die
Kommission ihren Gesamtbericht
über die Tätigkeit der EU in 2007 und ihre Jährliche Strategieplanung
für 2009 veröffentlicht. 2009 wird ein Jahr der instiutionellen Veränderung
sein: Eine neue Kommission und ein neues EP werden ihre Arbeit aufnehmen.
Darüber hinaus wird sofern von allen Mitgliedstaaten ratifiziert auch der
Vertrag von Lissabon 2009 in Kraft treten. Vor diesem Hintergrund wird die
Kommunikationsarbeit 2009 besondere Priorität haben. Zudem kündigt die
Kommission an, die meisten Gesetzgebungsinitiativen 2008 vorzulegen. 2009 soll
der intensiven Zusammenarbeit mit Rat und EP gewidmet sein, um möglichst viele
Vorschläge zu verabschieden.
Die
Prioritäten für 2009 stellt die Kommission unter die Überschrift Bürgerinnen
und Bürger an die erste Stelle rücken.
Zu den vorrangigen Zielen wird neben der Förderung von Wachstum und
Beschäftigung, Energie- und Klimafragen, der Gemeinsamen Einwanderungspolitik,
Außenpolitik und Haushaltsüberprüfung auch die Verwirklichung eines gemeinsamen
Raums des Rechts gehören. Insbesondere will die Kommission den Zugang der
EU-Bürger zur Justiz verbessern und die gegenseitige Anerkennung von Urteilen
stärken. Die bessere Rechtssetzung, deren Fortschritte und Perspektiven die
Kommission jüngst in der Mitteilung Zweite
Strategische Überlegungen zur Verbesserung der Rechtssetzung in der EU
dargelegt hat, soll bis 2009 weit vorangeschritten sein: Bis Ende 2009 soll der
Acquis überprüft, ein Vereinfachungsprogramm vorgelegt und ein
Kodifizierungsprojekt vorgestellt sein.
Frühere
Berichte: 6/2006,
4/2007
Paket für
europäische Grenzverwaltung
Der
für Justiz, Freiheit und Sicherheit zuständige Kommissar Frattini hat am 13.
Februar 2008 ein Paket von Mitteilungen vorgestellt, das auf eine stärkere
Überwachung der EU-Außengrenzen zielt. Vorgeschlagen wird neben einer
verbesserten Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auch unter Nutzung moderne
Technologien und der Stärkung der Rolle der EU-Grenzschutzbehörde FRONTEX,
insbesondere ein Ein- und Ausreise-Kontrollsystem. In einer Datenbank könnten
nach Vorlage und Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzgebungsvorschlags
alle Grenzübertritte von Drittstaatenangehörigen gespeichert werden und über
eine Überschreitung der Aufenthaltserlaubnis alarmieren, um illegale Migration
abzuwehren. Auch die Einreiseformalitäten könnten elektronisch unterstützt
und die so erhaltenden Daten gespeichert - werden.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Mila Otto, LL.M. und Natalie Barth |
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