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Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht Grünbuch zur Brüssel I Verordnung Abstimmung im Europäischen Parlament
über Verlängerung der Schutzdauer für Tonträger Grünbuch zur Transparenz des
Schuldnervermögens Strafrecht Entschädigung der Opfer von
Straftaten, Stellung des Opfers im Strafverfahren Beilegung von Kompetenzkonflikten in
Strafverfahren Institutionen Gemeinsames
Register der Kommission und des Europäischen Parlaments für Lobbyisten Sonstiges ICB-Meeting vom 29.04.-02.05.09 in
Meknès, Marokko |
Zivilrecht
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Grünbuch
zur Brüssel I Verordnung
Die Europäische Kommission will die
Hindernisse bei der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in
Zivil- und Handelssachen beseitigen. Am 21. April leitete sie mit einem entsprechenden
Grünbuch eine Konsultation zur Überprüfung der Brüssel
I Verordnung ein (KOM
(2009) 175). Das Grünbuch basiert auf einem Bericht
der Kommission zu der Anwendung der Brüssel I Verordnung. Vor allem das
Exequaturverfahren steht auf dem Prüfstand. Es sei in einem europäischen
Binnenmarkt schwierig zu rechtfertigen, dass Verbraucher und Unternehmen
weiteren Kosten und Zeitverlust ausgesetzt würden, um ihre Rechte
durchzusetzen. Eine Abschaffung des Exequaturverfahrens müsse aber mit begleitenden
Maßnahmen einhhergehen, um die Rechte des Schuldners zu sichern. Das Grünbuch
verweist auf die Kontrollmaßnahmen, die im Bereich der unbestrittenen
Forderungen sowie im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsforderungen
bestehen. Eine weitere Frage des Grünbuchs beschäftigt sich mit der
Durchsetzung von Rechten gegenüber Schuldnern aus Drittstaaten und ob und wie
die Regelungen der Verordnung auf solche ausgedehnt werden sollten. Hierbei sei
auch zu überlegen, ob Regelungen über die Wirkung von Entscheidungen von
Gerichten eines Drittstaats eingeführt werden sollten. Außerdem wird nach
Lösungen gesucht, wie Gerichtsstandsvereinbarungen gestärkt werden können. Die
Koordinierung von in verschiedenen Mitgliedstaaten parallel rechtshängigen Verfahren
soll verbessert werden. Das Grünbuch befasst sich auch mit einer verbesserten
Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte. Bis das angestrebte System einer
EU-weiten Patentgerichtsbarkeit durchgesetzt sei, sei das gegenwärtige System
im Rahmen der Brüssel I Verordnung zu verbessern. Das Verhältnis von
Schiedsgerichtsvereinbarungen und Gerichtsverfahren ist ein weiterer Punkt des
Grünbuchs. Es wird eine zumindest teilweise Rücknahme des Ausschlusses der
Schiedsgerichtsbarkeit vom Anwendungsberich der Verordnung erwogen.
Stellungnahmen können bis zum 30. Juni 2009 eingereicht werden.
Abstimmung
im Europäischen Parlament über Verlängerung der Schutzdauer für Tonträger
Das Plenum des EP
beschäftigte sich am 23. April 2009 mit dem Vorhaben der Kommission, die
Schutzdauer für Aufzeichnungen von Darbietungen und für Tonträger zu
verlängern. Ziel des zugrundeliegenden Richtlinienvorschlags (KOM
(2008) 464) ist es, die soziale Situation ausübender Künstler zu
verbessern, da diese die derzeit geltende 50jährige Schutzdauer immer öfter
überlebten. Dadurch entstünden für einige ausübende Künstler am Ende ihre
Lebens eine Einkommenslücke, die es zu schließen gelte. Betroffen seien vor
allem Tausende von unbekannten Studiomusikern, die Ende der 50er und in den
60er Jahren an Aufnahmen mitgewirkt und ihre Exklusivrechte gegen eine
Pauschalzahlung an die Plattenproduzenten abgetreten hätten (Buy-Out). Die
Kommission schlägt in ihrem Entwurf eine Verlängerung des Urheberrechts auf 95
Jahre vor. Das Parlament möchte die Schutzdauer jedoch nur auf 70 Jahre
verlängern. Außerdem sollen begleitende Maßnahmen ergriffen werden, um
sicherzustellen, dass ausübende Künstler tatsächlich von der Verlängerung
profitieren. Der Künstler soll einen Anspruch auf eine zusätzliche, jährlich zu
zahlende Vergütung vonseiten des Tonträgerherstellers für jedes Jahr
unmittelbar nach dem 50. Jahr nach der Veröffentlichung haben. Der Vorschlag
der Kommission hatte vorgesehen, dass kleinere Plattenfirmen, deren
Gesamteinnahmen zwei Millionen Euro im Jahr nicht überschreiten, davon zu
befreien, 20 Prozent der Einnahmen in den Fonds einzuzahlen. Das Parlament hat
sich hiergegen ausgesprochen. Dies berge die Missbrauchsgefahr, dass
Plattenfirmen Lizenzverträge mit kleineren Firmen unterzeichnen würden, um der
Zahlung von Vergütungen zu umgehen. Weiterhin fordert das Parlament die
Kommission auf zu prüfen, ob eine Verlängerung der Schutzdauer auch für
ausübende Künstler und Produzenten im audiovisuellen Sektor notwendig ist.
Grünbuch
zur Transparenz des Schuldnervermögens
Das Plenum des Europäischen Parlaments
hat am 22. April 2009 den Bericht
des Rechtsausschusses zu dem Grünbuch
über die effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen
Union: Transparenz des Schuldnervermögens, angenommen.
Das Grünbuch zielt darauf ab, Schwierigkeiten bei der Schuldeneintreibung in
anderen Mitgliedstaaten, die auf unterschiedlichen nationalen Regelungen und
Unkenntnis über die Informationsstruktur in anderen Mitgliedstaaten beruhen, zu
beseitigen. Das Parlament spricht sich gegen einen willkürlichen Zugang zu
Registerdaten ohne Einhaltung von Datenschutz- und Vertraulichkeitsregelungen
aus. Die Kommission wird aufgefordert, das Thema vorrangig zu behandeln und
eine Durchführbarkeitsstudie möglicher Instrumente durchzuführen. Auch die BRAK
hatte in ihrer Stellungnahme
dafür plädiert, dass Informationen unter Berücksichtigung des Datenschutzes des
Schuldners nur in verhältnismäßigem Umfang erhoben werden dürfen.
Frühere Berichte:7/2009,
20/2008,
5/2008
Strafrecht
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Entschädigung
der Opfer von Straftaten, Stellung des Opfers in Strafverfahren
Am 21.04.09 nahm die Kommission zwei Berichte,
zum einen über die Anwendung der Richtlinie 2004/80/EG des Rates zur
Entschädigung der Opfer von Straftaten und zum anderen über die Anwendung des
Rahmenbeschlusses 2001/220/JHA über die Stellung der Opfern in Strafverfahren
an.
Die Richtlinie 2004/80/EG soll den
Opfern den Zugang zu Entschädigungsleistungen in grenzübergreifenden Verfahren
erleichtern. Der Bericht beurteilt die Umsetzung der Richtlinie in den
Mitgliedstaaten überwiegend positiv. Bislang hätten bis auf Griechenland
sämtliche Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie getroffen und
leisteten gerechte und angemessene Hilfe. Kritisiert werden dagegen das
komplizierte Antragsverfahren und sprachliche Hürden bei der Antragstellung.
In ihrem zweiten Bericht stellte die
Kommission fest, dass die EU Maßnahmen zur Verbesserung der Stellung des Opfers
in Strafverfahren weiter verbessern müsse. Zwar existierten bereits in vielen
Mitgliedstaaten Regelungen zum Umgang mit Opfern im nationalen Recht, so dass
häufig keine Umsetzungsakte für den Rahmenbeschluss 2001/220/JHA erforderlich
gewesen seien, die angestrebte Harmonisierung könne so jedoch nicht erreicht werden.
Andere Staaten müssten ihre Rechtsvorschriften und ihr Strafprozessrecht noch
an den Rahmenbeschluss anpassen, und zwar nicht über Instrumente wie Chartas,
Leitlinien oder Anweisungen an die Strafverfolgungsbehörden, da diese
unverbindlichen Regelungen den Ansprüchen der Opfer nicht gerecht würden.
Opferhilfeeinrichtungen beklagten dem Bericht zufolge insbesondere ihre nicht
ausreichende Ausstattung mit finanziellen Mitteln.
Beilegung
von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren
Die BRAK hat in ihrer Stellungnahme-Nr.
12/2009 den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Vermeidung und
Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren (Ratsdokument 5208/09
- COPEN 7 - vom 20.01.2009) abgelehnt. Der darin vorgesehene
Informationsaustausch führe zu einer erheblichen Mehrbelastung der
Ermittlungsbehörden und somit zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer. Zudem
kritisiert sie das Verfahren der Konsultation zur Bestimmung des am besten
geeigneten Staates als nicht rechtsförmig, so dass ein effektiver Rechtsschutz
gegen entsprechende Entscheidungen nicht gewährleistet sei. Eine
Informationsübermittlung könne häufig erst nach Abschluss der Ermittlungen
erfolgen, um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden. In dieser Zeit könnten
Mehrfachverfolgungen daher ohnehin nicht vermieden werden. Der Vorschlag
umfasse nur diejenigen Fälle, in denen sich die in Frage kommenden
Mitgliedstaaten über den für die Strafverfolgung zuständigen Staat einigen.
Diese Einigung sei mangels Bindung an entsprechende Vorgaben lediglich
eingeschränkt nachprüfbar und angesichts der Tatsache, dass ein Beschuldigter
aus der ihm vertrauten Rechtsordnung herausgerissen werden könnte, auch
verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Stattdessen sollten die Maßnahmen der
gegenseitigen Anerkennung um bindende Regelungen ersetzt werden, die die
Zuständigkeit allein einem Mitgliedstaat zuweisen. Anknüpfungspunkte hierfür
könnten im deutschen Recht §§ 7 ff StPO sein.
Frühere
Berichte: 4/2009, 2/2009,
11/2006,
7/2006,
5/2006,
1/2006,
21/2005,
16/2005.
Institutionen
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Gemeinsames Register der Kommission und des Europäischen
Parlaments für Lobbyisten
Eine gemeinsame
Arbeitsgruppe der Kommission und des Europäischen Parlaments hat sich am 22.
April 2009 auf Eckpunkte für ein gemeinsames Register für Interessenvertreter
geeinigt. Außerdem verabschiedete die Arbeitsgruppe einen Entwurf für einen
Verhaltskodex für Lobbyisten. Wie auch schon beim Register der europäsichen
Kommission fallen unter den Begriff des Interessenvertreters auch
Rechtsanwälte. Aus Sicht der Anwaltschaft ist die Eintragung in das Register
mit den damit einhergehenden obligatorischen Angaben problematisch, da sie mit
der im anwaltlichen Berufsrecht festgelegten Verschwiegenheitspflicht
kollidieren. Die Arbeiten an dem gemeinsamen Register sollen in der nächsten
Legislaturperiode des Parlaments fortgesetzt werden. Das EP und die Kommission
sprechen sich weiterhin dafür aus, dass sich auch der Rat an einem gemeinsamen
Register beteiligt. Mehr Informationen sind hier
erhältlich.
Frühere Bericht: 13/2008,
11/2008,
9/2008,
7/2008,
22/2007,
19/2007,
6/2007,
9/2006
Sonstiges
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ICB-Meeting
vom 29.04.-02.05.09 in Meknès, Marokko
Vom 29.04.-02.05.09 findet das Council
and Outreach Meeting der International Criminal Bar (ICB) in Meknès, Marokko
statt. Ferner wird ein Training für Anwälte angeboten, die vor dem
Internationalen Strafgerichtshof auftreten wollen. Weitere Informationen
erhalten Sie unter: www.bpi-icp.org.
Kontaktaufnahme unter: info@bpi-icb.org
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer,
Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743
86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher,
RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja Ortel und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer |
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