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Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht Vorschlag der Europäischen
Kommission für eine einfachere Regelung von Erbsachen mit Auslandsbezug Strafrecht Entschließung des EP über den
Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von
Kompetenzkonflikten in Strafverfahren Urteil des EuGH über die
Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls Institutionen Stockholm-Programm Entwurf einer
Entschließung des EP Lissabon-Vertrag Ratifizierung des
Lissabon-Vertrages durch Polen |
Zivilrecht
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Vorschlag der
Europäischen Kommission für eine einfachere Regelung von Erbsachen mit
Auslandsbezug
Am 14. Oktober 2009
hat die Kommission einen Vorschlag für eine einfachere Regelung von Erbsachen
mit Auslandbezug (COM (2009)154)
vorgelegt. Bislang unterschieden sich die Vorschriften über die Zuständigkeiten
sowie über das anwendbare Recht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich,
so dass ein großes Maß an Unsicherheit entstehe. Besonders die Erben sähen sich
häufig einer schwer nachvollziehbaren und komplexen Vielzahl an Vorschriften
gegenüber. Eine Verteilung des Nachlasses dauere oftmals sehr lange. Der Vorschlag
der Kommission sieht vor, dass der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des
Erblassers das maßgebliche Kriterium sein soll, anhand dessen die Zuständigkeit
einer Behörde und das anzuwendende Recht bestimmt werden. Davon abweichend kann
ein Erblasser, der im Ausland wohnhaft ist, beschließen, dass auf seinen
gesamten Nachlass das Recht des Staates anwendbar ist, dessen
Staatsangehörigkeit er besitzt. Die Regelungen der behördlichen Zuständigkeit
und des anwendbaren Rechtes erstrecken sich in beiden genannten Fällen auf den
gesamten Nachlass. Andere Kriterien, wie die Belegenheit von Gegenständen,
sollen keine Rolle mehr spielen. Urkunden und Entscheidungen in einer Erbsache
sollen von den Mitgliedstaaten untereinander uneingeschränkt gegenseitig
anerkannt werden. Zudem soll ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt
werden, mit dem Personen ihre Rechtsstellung als Erbe, Nachlassverwalter oder
Testamentsvollstrecker ohne weitere Formalitäten nachweisen können. Dem nunmehr
vorliegenden Vorschlag war 2005 ein Grünbuch
vorausgegangen. Die BRAK
hatte zu dem Grünbuch seinerzeit Stellung genommen.
Frühere Berichte: 22/2005,
5/2005
Entschließung des
EP zum Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von
Kompetenzkonflikten in Strafverfahren
Am 08. Oktober 2009
hat das Europäische Parlament eine Legislative Entschließung
zu dem Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von
Kompetenzkonflikten in Strafverfahren angenommen. Das Parlament schlägt 18
Änderungen zu dem Rahmenbeschluss vor. Der Rat wird aufgefordert, den
Rahmenbeschluss erst nach In-Kraft-Treten des Lissabon-Vertrags zu beschließen.
Damit hätte das Parlament mehr Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten. Eingeschränkt werden sollen nach Willen des
Parlaments die Übermittlung von Informationen über den Tatverdächtigen. Die
Kriterien zur Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit werden in der
Entschließung von den Erwägungsgründen in den Gesetzestext verschoben und
konkretisiert. Weiterhin werden Verfahrensgarantien für den Angeklagten
aufgenommen. Dieser ist z.B. über den Informationsaustausch zwischen den
Behörden der Mitgliedstaaten bzw. Behörden und Eurojust zu unterrichten,
außerdem wird die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs festgelegt. Die
Mitgliedstaaten werden verpflichtet sicherzustellen, dass eine angemessene
Übersetzung, Verdolmetschung und Prozesskostenhilfe garantiert sind. Die
Definition der zuständigen Behörde nach dem Rahmenbeschluss wird auf Richter,
Untersuchungsrichter oder Staatsanwalt oder eine sonstige Justizbehörde
beschränkt.
Frühere Berichte: 8/2009,
4/2009,
2/2009,
11/2006,
7/2006,
1/2006
Urteil des EuGH
über die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls
Am 6. Oktober 2009
hat der Europäische Gerichtshof in der Sache C-123/08 ein Urteil
über die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehles gesprochen. Dem Urteil lag zugrunde, dass das
niederländische Recht vorsieht, dass die Übergabe von niederländischen Staatsangehörigen
an eine ausstellende Justizbehörde zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe
verweigert wird, bei Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten ist eine
Verweigerung davon abhängig, dass sie sich rechtmäßig für mindestens fünf Jahre
lang ununterbrochen in den Niederlanden aufgehalten haben. Ein niederländisches
Gericht hatte dem EuGH die Rechtssache eines Deutschen vorgelegt, der sich in
den Niederlanden niedergelassen hatte und dessen Bewährung widerrufen wurde, so
dass die Freiheitsstrafe nun vollstreckt werden sollte. Der EuGH hat
entschieden, dass die ungleiche Behandlung nicht gegen das
Diskriminierungsverbot verstoße, da fünf Jahre Aufenthalt eine angemessene
Dauer seien, um die Integration der Person in die Gesellschaft anzunehmen. Dies
sei insbesondere mit dem Resozialisierungsgedanken vereinbar, so dass die
Vollstreckung bis zu fünf Jahren dauerhaftem Aufenthalt verweigert werden könne
und eine Übergabe an die Behörden des ausstellenden Staates stattfinde.
Frühere Berichte: 10/2009,
09/2009,
14/2008,
05/2008
Stockholm-Programm
Entwurf einer Entschließung des EP
Der Rechtsausschusses (JURI), der Ausschuss für
bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und der Ausschuss für
konstitutionelle Fragen (AFCO) diskutierten am 08. Oktober den gemeinsamen Entwurf
einer Entschließung
des Europäischen Parlaments zu dem Stockholm-Programm
(KOM (2009) 262). Der Bericht weist darauf hin, dass das Programm
voraussichtlich verabschiedet werde, wenn der Lissabon-Vertrag mit seinen neuen
rechtlichen Rahmenbedingungen bereits in Kraft getreten ist, und es daher mit
diesen im Einklang stehen müsse, das Parlament also stärker einbezogen werden
müsse. In dem Entschließungsentwurf wird ein transparenterer
Gesetzgebungsprozess gefordert und ein Evaluierungssystem, mit dem die Qualität,
Effizienz und Fairness der Justizpolitik geprüft werden soll, in enger
Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten.
Neuen Reformen und Programmen sei eine Folgenabschätzung für den Bereich der
Grundrechte voranzustellen. Im Bereich des Zivilrechts müssten
außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen mehr gefördert werden. Die
Einführung eines EU- weiten Systems für Kollektivverfahren dürfe nicht zu einer
Zersplitterung der nationalen
Rechtssysteme führen. Weitere Reformen fordert die Entschließung
beispielsweise im Bereich der Anerkennung von öffentlichen Urkunden und im
Bereich des Gesellschaftsrechts und im Ehe- und Unterhaltsrecht. Weiterhin
sollen die Lücken in der Rom II Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse
anzuwendende Recht (Verordnung
(EG) Nr. 864/2007) geschlossen werden. Die Arbeiten an einem gemeinsamen
Referenzrahmen sollten weitergeführt und
dieser optional und direkt anwendbar sein. Mit Blick auf die in Aussicht
gestellten Reformen im Strafrecht wird nochmals die Forderung nach einem
Instrument für den Schutz der Beschuldigtenrechte aufgestellt, sowie für
Opferrechte. Außerdem seien Minimumstandards für Gefängnisse aufzustellen und
die Gefangenenrechte zu definieren. Der Kampf gegen den Terrorismus und
organisiertes Verbrechen müsse mehr auf die Prävention fokussiert werden und
den Schutz der Rechte von Zeugen. Die Entschließung sieht die Stärkung einer
europäischen Rechtskultur vor durch bessere Weiterbildung und Vernetzung von
Richtern und Justizangehörigen. Für Praktiker solle ein EU-weites, durch die
Berufsorganisationen entwickeltes Credit-Point System für
Weiterbildungsmaßnahmen auf diesem Gebiet eingeführt werden. Auch die Arbeiten an der E-Justiz sollten
weiter vorangetrieben werden. Die Mitgliedsstaaten sollten darauf achten, dass
bilaterale Projekte so ausgestaltet werden, dass sie ohne weiteren Aufwand auf
EU-Ebene übertragen werden können. Bereits vorhandene EU-weite Verfahren wie
das vereinfachte Verfahren für geringfügige Forderungen sollen durch die
E-Justiz vereinfacht, beschleunigt und kostengünstiger ausgestaltet werden.
Frühere Berichte: 14/2009,
10/2009
Ratifizierung des
Lissabon-Vertrages durch Polen
Am 10. Oktober 2009
unterzeichnete Polens Präsident Kaczynski den Lissabon-Vertrag, so dass nun
Tschechien das einzige der 27 Länder der Europäischen Union ist, das den
Vertrag nicht ratifiziert hat. Präsident Klaus kündigte an, die Entscheidung
des tschechischen Verfassungsgerichtes über den Vertrag abwarten zu wollen.
Frühere
Berichte: 14/2009,
13/2009,
12/2009,
9/2009,
3/2009,
8/2008,
4/2008,
03/2008,
22/2007,
20/2007
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Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja
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