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Ausgabe 17/2009

16.11.2009

 

Themen in dieser Ausgabe:

Zivilrecht

Mini-Hearing zur Neufassung der Zahlungsverzugsrichtlinie

Wirtschaftsrecht

Grünbuch: Verknüpfung von Unternehmensregistern

Einigung beim „Telekom-Paket“

Institutionen

Stockholm-Programm - Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments

Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am 19. November 2009

Sonstiges

EU-US-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an amerikanische Behörden

 

 

 

Zivilrecht

 

Mini-Hearing zur Neufassung der Zahlungsverzugsrichtlinie

In seiner Sitzung am 4. November 2009 hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments ein Mini-Hearing zur Neufassung der seit dem 8. August 2002 geltenden Richtlinie 2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr durchgeführt. Die Grundlage für die Anhörung und die Debatte bildete ein Arbeitspapier der Berichterstatterin Barbara Weiler. Die Berichterstatterin sowie zahlreiche Abgeordnete und Experten begrüßten den Vorschlag der Kommission, durch den Wirksamkeit und Effizienz der Gegenmaßnahmen des Zahlungsverzugs erhöht werden sollen, da hierdurch die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes verbessert werde und besonders kleine und mittlere Unternehmen in den Blick genommen werden, die von Zahlungsverzug teils existenziell betroffen sind.

Die Berichterstatterin weist in ihrem Arbeitsdokument aber auch ausdrücklich daraufhin, dass mangelnde Gegenmaßnahmen nur eine Ursache des Zahlungsverzugs im Binnenmarkt darstellten. Daneben seien die Angst vor sich verschlechternden oder gar abrechenden Geschäftsbeziehungen sowie Unkenntnis der Rechte weitere relevante Faktoren dafür, dass Unternehmen davon absähen, Verzugszinsen bei Zahlungsverzug geltend zu machen. Sie schlägt daher ein Paket ergänzender Maßnahmen vor, wie Informationskampagnen, praktische Maßnahmen wie elektronische Rechnungen sowie die Veröffentlichung von Auftraggebern mit guter und schlechter Zahlungsmoral und die Verbreitung bewährter Praktiken. Des Weiteren plädiert die Berichterstatterin für die Gleichbehandlung von privaten und staatlichen Krankenhäusern hinsichtlich der Rechtsvorschriften über Zahlungsverzug. Weiterer Diskussionsbedarf wird bezüglich der Schwellenwerte bei der Entschädigung für Betreibungskosten, der pauschalen Entschädigung durch öffentliche Stellen in Höhe von 5 % sowie bezüglich der unterschiedlichen Behandlung von öffentlichen Stellen und Unternehmen gesehen.

Früherer Bericht: 7/2009

Wirtschaftsrecht

 

Grünbuch: Verknüpfung von Unternehmensregistern

Am 4. November 2009 hat die Europäische Kommission ein Grünbuch zur Verknüpfung von Unternehmensregistern vorgelegt, mit dem sie eine öffentliche Konsultation einleitet, wie die Verknüpfung der Unternehmensregister verbessert werden könne. Als Zielsetzungen für die Verknüpfung benennt die Kommission einen verbesserten Zugang zu verlässlichen Informationen über Unternehmen für Gläubiger, Verbraucher und Geschäftspartner sowie eine intensivere Zusammenarbeit der nationalen Unternehmensregister bei grenzüberschreitenden Vorgängen wie Fusionen oder der Verlegung des Unternehmenssitzes.

Zum 1. Januar 2007 wurden durch die Änderung der Ersten Gesellschaftsrechtsrichtlinie 68/151/EWG in allen Europäischen Mitgliedstaaten elektronische Unternehmensregister eingeführt. Hintergrund der Überlegung, die nationalen Unternehmensregister miteinander zu verknüpfen, sind die zunehmenden grenzüberschreitenden Betätigungen von Unternehmen. Informationen für gewerbliche Zwecke oder Rechtsschutz sind häufig nur am Ort und in der Sprache der Eintragung erhältlich. Grenzübergreifender Informationsbeschaffung stehen sprachliche oder technische Hürden im Weg.

Es gibt bereits jetzt freiwillige Formen der Kooperation wie das Europäische Unternehmensregister (EBR) und die daraus hervorgegangene Forschungsinitiative zur Förderung der Verknüpfung der Register BRITE (Business Register Interoperability Throughout Europe), sowie das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI), durch das die administrative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert und verbessert werden soll. Die Kommission hält diese freiwillige Zusammenarbeit jedoch für ungenügend, da sie für die Rechtssicherheit bei grenzübergreifenden Verfahren und für eine Erhöhung der Transparenz im Binnenmarkt nicht ausreicht. Die freiwilligen Kooperationsformen könnten für die nun geplante Verknüpfung der Unternehmensregister aber den Ausgangspunkt und die Grundlage bilden.

Alle interessierten Akteure werden aufgerufen, bis zum 31. Januar 2010 ihre Antworten der Kommission zu übermitteln.

Einigung beim „Telekom-Paket“

Am 5. November 2009 haben sich der Rat und das Parlament im Vermittlungsverfahren zum „Telekom-Paket“ auf einen Kompromiss zur streitigen Frage der Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen geeinigt. Das Parlament hatte bisher verlangt, dass eine Beschränkung des Internetzugangs keinesfalls ohne vorherige Entscheidung der Justizbehörden erfolgen dürfe. Der nun gefundene Kompromiss fordert, dass die Mitgliedstaaten ein „faires und unparteiisches Verfahren“ garantieren und eine „effektive und zeitnahe gerichtliche Überprüfung“ solcher Maßnahmen stattfinden müsse. Die Forderung, dass nur ein Richter eine Sperrung des Internetzugangs anordnen könne, wurde damit vom Parlament aufgegeben. Der Kompromiss muss noch formell von Rat und Parlament angenommen werden.

Der vorliegende Legislativreformvorschlag zum „Telekom-Paket“ bezweckt eine Anpassung des Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation durch Verbesserung seiner Wirksamkeit, Verringerung der Verwaltungsressourcen für die wirtschaftliche Regulierung (Marktanalyseverfahren) und einen einfacheren und effizienteren Zugang zu Funkfrequenzen. Er enthält Änderungen zur Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (siehe KOM-Vorschlag vom 13. Novem-ber 2007 und zum Verfahrensablauf).

 

Institutionen

 

Stockholm-Programm – Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments

Am 12. November 2009 haben die Ausschüsse für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, für Recht und für konstitutionelle Fragen des Europaparlaments in einer gemeinsamen Sitzung über eine Entschließung zur Mitteilung der Kommission zum Stockholm-Programm (KOM(2009)262 – hierzu Gemeinsame Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins) abgestimmt (Entschließungsantrag).

Die Abgeordneten sprachen sich für eine verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus, organsiertes Verbrechen, illegale Immigration, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung aus. Auch forderten sie eine umfassende Strategie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität auf EU-Ebene sowie die Prüfung, ob ein Europäisches Gericht für Cyberkriminalität zu errichten sei, das auf Fragen im Zusammenhang mit der Cyberkriminalität spezialisiert ist. Sie forderten die Kommission auf, ihre Tätigkeit bezüglich eines Referenzrahmens zum Europäischen Vertragsrecht zu intensivieren, so dass sich vertragsschließende Parteien für das europäische Vertragsrecht als geltendes Recht entscheiden könnten. Die Abgeordneten stimmten darüber hinaus für einen Änderungsantrag, wonach die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssten, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften in der EU mindestens im Hinblick auf die Rechte, die die Freizügigkeit betreffen, gelten müsse. Die Annahme dieses Antrags führte dazu, dass die konservative Fraktion sich bei der Endabstimmung der Stimme enthielt und diesbezüglich weitere Verhandlungen ankündigte. Der Entschließungsantrag wird auf der nächsten Plenarsitzung Ende November abgestimmt. Das endgültige Stockholm-Programm wird dann auf dem Europäischen Rat am 10./11. Dezember 2009 angenommen.

Frühere Berichte: 10/2009, 14/2009

 

Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am 19. November 2009

Am 19. November 2009 wird ein Sondergipfel in Brüssel stattfinden, bei dem die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union eine Entscheidung über die wichtigsten EU-Spitzenposten treffen wollen. Neben dem Posten des EU-Ratspräsidenten und des Hohen Vertreters für die Außen – und Sicherheitspolitik („EU-Außenminister“), geht es auch um die Position des Generalsekretärs des Rats-Sekretariats. Der derzeitige schwedische Ratspräsident Fredrik Reinfeldt nannte keine Namen möglicher Kandidaten, machte jedoch klar, dass das Gleichgewicht von großen und kleinen, östlichen, westlichen, nördlichen und südlichen Mitgliedstaaten sowie die Berücksichtigung von Frauen eine Rolle spielen müsse.

Da Kommissionspräsident Barroso erst nach dem Gipfel mit der Bildung seiner Kommission beginnen kann, geht das Europaparlament davon aus, dass der bisherige Zeitplan nicht eingehalten wird und die Anhörung der 27 Kommissionskandidaten erst im Januar 2010 stattfinden wird. Mit der Bestellung der nächsten Kommission kann daher erst frühestens Ende Januar 2010 gerechnet werden.

Sonstiges

 

EU-US-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an amerikanische Behörden

Die deutsche Bundesregierung zeigt sich sehr distanziert gegenüber dem derzeit von der schwedischen Ratspräsidentschaft zusammen mit der Kommission ausgehandelten Abkommen zur Übermittlung von Bankdaten an amerikanische Behörden. Ziel dieses Abkommens ist es, erstmals eine rechtliche Grundlage für den Zugriff der Amerikaner auf europäische Bankdaten zu schaffen. 2006 war bekannt geworden, dass die Amerikaner auf in den USA liegende Server des belgischen Finanzdienstleisters SWIFT zugriffen, auf dem auch die Bankdaten europäischer Bankkunden gespeichert sind, um Geldquellen von Terroristen aufzudecken. SWIFT verlegte daraufhin sein Rechenzentrum zur Speicherung europäischer Daten in die Schweiz.

Dem Entwurf der schwedischen Ratspräsidentschaft stehen nun aber auch andere EU-Mitgliedstaaten skeptisch gegenüber. Da dem Abkommen alle EU-Staaten zustimmen müssen, erscheint es daher unwahrscheinlich, dass das Abkommen – wie ursprünglich geplant - noch vor dem 1. Dezember 2009 in Kraft treten kann. Ab dem 1. Dezember wird dann der Lissabonner Vertrag in Kraft sein, wodurch das Europäische Parlament ein Mitentscheidungsrecht erhält und bei der Verhandlung zu dem Abkommen zu beteiligen ist.

Stark kritisiert wird der derzeitige Entwurf des Abkommens sowohl von Abgeordneten des Europäischen Parlaments als auch von Datenschützern. Insbesondere bemängeln sie, dass US-Ermittler künftig nicht nur Daten grenzüberschreitender, sondern auch nationaler Überweisungen in Europa auswerten könnten und den US-Ermittlern ausdrücklich das Recht eingeräumt werde, die Daten an Dritte weiterzugeben.

Impressum

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Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja Ortel und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

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