|
Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht EuGH: Ermäßigte Mehrwertsteuer
auf Anwaltsdienstleistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe Steuervergünstigung für notleidende Unternehmen Ausdehnung des Mutterschaftsurlaubs auf 20 Wochen Gleiche Sanktionen für Unternehmen und öffentliche Stellen
bei Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr Verbraucherrechte Anhörung zur Verbraucherrechte-Richtlinie - Parlament Wettbewerb Entschließung
über die Rechte des geistigen Eigentums - Rat Rat der Justiz- und Innenminister Interne
Sicherheitsstrategie für die EU SWIFT-Abkommen Europäische
Schutzanordnung Recht
auf Dolmetschleistungen und Übersetzung in Strafverfahren |
Zivilrecht
|
EuGH: Ermäßigte
Mehrwertsteuer auf Anwaltsdienstleistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe
EuGH-Generalanwalt
Niilo Jääskinen hat am 11 Februar 2010 seine Schlussanträge in der Rechtssache Europäische Kommission ./.
Französische Republik (C-492/08) vorgelegt. Jääskinen vertritt darin die
Auffassung, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der in Frankreich für
Dienstleistungen, die von Rechtsanwälten im Rahmen der Prozesskostenhilfe
erbracht und in vollem Umfang oder teilweise vom Staat erstattet werden, gegen
Art. 96 und Art. 98 der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (2006/112/EG) verstößt.
Nach
dem französischen Allgemeinen Steuergesetzbuch unterliegen anwaltliche
Dienstleistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht 19,6%, sondern nur 5,5%
Mehrwertsteuer. Dies wird damit begründet, dass die Prozesskostenhilfe
gleichzusetzen sei mit Dienstleistungen gemeinnütziger Einrichtungen, die
ebenfalls von einer niedrigeren Mehrwertsteuer profitierten, wie es Anhang III
Nr. 15 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorsieht. Außerdem sei die
Steuerbegünstigung notwendig im Hinblick auf den Zugang zu den Gerichten für
einkommensschwache Bürger. Demgegenüber vertritt die Kommission die Auffassung,
dass anwaltliche Dienstleistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe keiner der
in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Kategorien von
Dienstleistungen zuzurechnen sind. Der Zugang zu den Dienstleistungen eines
Rechtsanwalts, so die Kommission weiter, werde von der Höhe der
Prozesskostenhilfe und nicht durch den angewandten Mehrwertsteuersatz bestimmt.
In
seinen Schlussanträgen anerkennt Generalanwalt Jääskinen die Bedeutung der
Prozesskostenhilfe für den Zugang zum Recht, stellt jedoch gleichzeitig fest,
dass die Anwendung des regulären Steuersatzes den Zugang nicht beschränken
würde. Er bestätigt weiterhin die Auffassung der Kommission, dass Rechtsanwälte
weder von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen, noch
die von Rechtsanwälten erbrachten Leistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe
Dienstleistungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit
seien, wie es die Mehrwertsteuersystemrichtlinie erfordert, wenn ein ermäßigter
Mehrwertsteuersatz angewendet werden soll. Dementsprechend schlägt Jääskinen
dem Gerichtshof vor, der Vertragsverletzungsklage der Kommission stattzugeben.
Steuervergünstigung für notleidende Unternehmen
Die Europäische Kommission wird die
deutsche Steuervergünstigung für notleidende Unternehmen, deren
Beteiligungsstruktur sich erheblich geändert hat, auf der Grundlage der
EU-Beihilferegeln förmlich prüfen. Die Sanierungsklausel wurde im
Juli 2009 beschlossen und wird rückwirkend seit dem
1. Januar 2008 angewandt. Ursprünglich sollte die Klausel
Ende 2009 auslaufen. Sie wurde dann jedoch von der Bundesregierung in eine
dauerhafte Maßnahme umgewandelt. Die Sanierungsklausel ermöglicht notleidenden
Unternehmen- mit Aussicht auf Gesundung, ihr steuerpflichtiges Einkommen
künftiger Steuerjahre auch dann um frühere Verluste zu senken, wenn sich die
Eigentümerstruktur deutlich geändert hat. Nach den allgemeinen Vorschriften
wird ein solcher Verlustvortrag durch eine wesentliche Änderung der
Beteiligungsstruktur unmöglich. Derartige Staatsbeihilfen sind nur in genau
festgelegten Fällen erlaubt. Deutschland geht davon aus, dass die
Sanierungsklausel nicht unter das EU-Beihilferecht fällt. Die Kommission hegt
diesbezüglich jedoch Zweifel, weil sich die Regel nur auf notleidende
Unternehmen bezieht und damit die notleidenden Unternehmen in Bezug auf den Verlustvortrag
besser stellt als gesunde. Darüber hinaus hat die Kommission auch Zweifel, ob
die Sanierungsklausel mit den EU-Leitlinien für Rettungs- und
Umstrukturierungsbeihilfen vereinbar ist.
Ausdehnung des Mutterschaftsurlaubs auf 20 Wochen
Der Bericht der
EU-Abgeordneten Edite Estrela (S&D)
betreffend die Gesundheit und Sicherheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen
wurde am 23. Februar 2010 im Ausschuss für die Rechte der Frau
und die Gleichstellung der Geschlechter mit
19 Ja-Stimmen, 13 Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen. Im Oktober 2008
hatte die Europäische Kommission eine Überarbeitung der geltenden Richtlinie
92/85/EWG und eine Verlängerung des
Mutterschaftsurlaubs auf mindestens 14 bis 18 Wochen vorgeschlagen. In ihrem Richtlinienentwurf empfahl die Kommission, das volle
Monatsgehalt auf Grundlage der letzten Lohnabrechnung zu zahlen, jedenfalls
sollte die Zahlung nicht unter dem Satz für Krankheitsurlaub liegen. Der Entwurf soll die Mindeststandards auf EU-Ebene
festlegen, wobei die Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen oder bestehende
Regeln aufrechterhalten können, die über die Regelungen der Richtlinie
hinausgehen. Die Vorschriften über den Mutterschaftsurlaub gelten
auch für inländische Arbeitnehmer und selbständige Erwerbstätige. Der Bericht
der EU-Abgeordneten sieht eine Ausdehnung des
Mutterschaftsurlaubs auf 20- vollbezahlte- Wochen vor, wobei sechs davon
unmittelbar nach der Geburt des Kindes genommen werden müssen. Dem Bericht
zufolge soll ein Vaterschaftsurlaub eingeführt werden, welcher mindestens zwei
Wochen während der Dauer des Mutterschaftsurlaubs genommen werden kann und ebenfalls voll bezahlt werden soll.
Bisher gibt es solche Regelungen auf EU-Ebene nicht. Darüber
hinaus soll bei Frühgeburten, Kindern oder Müttern mit Behinderungen,
minderjährigen Müttern, Mehrlingsgeburten und Geburten, die innerhalb von 18
Monaten nach einer vorangegangenen Geburt eintreten, zusätzlicher
Mutterschaftsurlaubs gewährt werden. Der Ausschuss
hat außerdem Änderungen angenommen, um die Kündigung von schwangeren
Arbeitnehmerinnen in dem Zeitraum von Beginn der Schwangerschaft bis mindestens
sechs Monate nach dem Ende des Mutterschaftsurlaubs verbieten zu lassen. Eine
Kündigung während dieser Zeit muss schriftlich begründet werden. Ferner müssen
Frauen das Recht und die Möglichkeit haben, zu ihrem Arbeitsplatz oder in eine
gleichwertige Position zurückzukehren.
Früherer
Bericht: 16/2009
Gleiche Sanktionen für Unternehmen und öffentliche
Stellen bei Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
Die Berichterstatterin des Ausschusses Binnenmarkt und Verbraucherschutz im
Europäischen Parlament Barbara Weiler hat ihren Berichtsentwurfs
über den Vorschlag für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von
Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vorgelegt. Grundlage des
Berichtsentwurfs ist ein Vorschlag der Europäischen
Kommission vom April 2009 zur Neufassung der Richtlinie 2000/35/EC
zur Bekämpfung von Zahlungsverzug
im Geschäftsverkehr, dessen Ziel es ist, die
Wirksamkeit und Kosteneffizienz im Verhältnis zu dem Rückgriff im Falle einer
verspäteten Zahlung zu verbessern. Dies soll durch den Zusatz von Bestimmungen
erfolgen, nach denen die administrativen Kosten zurückgefordert werden können
und eine Entschädigung für die internen Kosten, die mit dem Zahlungsverzug
verbunden sind, verlangt werden kann. Sein Ziel ist es, die Unterschiede
zwischen dem Zahlungsverzug einerseits von öffentlichen Verwaltungen und andererseits
von Unternehmen durch eine Harmonisierung zu verringern. Grundsätzlich spricht
sich die Berichterstatterin für die unterschiedliche Behandlung von privaten
Unternehmen und Behörden im Geschäftsverkehr aus. Sanktionen gegen säumige
Zahler sollten allerdings für alle gleichsam eingeführt werden. Diese Ansicht
wurde von Abgeordneten aus den nationalen Parlamenten, die der
Binnenmarkt-Ausschuss eingeladen hatte, im September 2009 unterstützt. Eine
weitere Änderung durch den Richtlinienentwurf ist die Höhe der Strafe (als
Verzugszinsen zu zahlen). Anstelle von 5% auf die geschuldete Summe, wie von
der Europäischen Kommission vorgeschlagen, fordert Barbara Weiler Zahlungen
nach einer abgestuften Skala, nach der der Schuldner 2% der geschuldeten Summe
zahlen müsste, sobald die Zinsen fällig werden, ab dem fünfundvierzigsten Tag nach Fälligkeit 4 % der Summe, und schließlich 5% ab dem sechzigsten Tag. Die
Strafe sollte 50.000 Euro nicht übersteigen. Dadurch sollen Unternehmen in der
Lage sein, schneller an ihr Geld zu gelangen, sobald dieses fällig wird. Die Definition der öffentlichen Hand wird auf
öffentliche Unternehmen, die im Allgemeininteresse handeln (beispielsweise
bezüglich Wasser, Strom und Transport), ausgeweitet. Eine Verlängerung der
30-tägigen Zahlungsfrist soll die Ausnahme bleiben.
Frühere Berichte: 07/2009, 17/2009
Verbraucherrechte
|
Anhörung zur Verbraucherrechte-Richtlinie - Parlament
Am 23. Februar 2010 debattierten Vertreter der
nationalen Parlamente mit den Mitgliedern des Binnenmarktausschusses des
Europaparlaments in einer Anhörung über die Ausgestaltung der neuen EU-Richtlinie zu
Verbraucherrechten. Der
Berichterstatter des Ausschusses Binnenmarkt und Verbraucherschutz Andreas Schwab forderte, dass einheitliche Standards
in den Kernbereichen im Rahmen einer gezielten Vollharmonisierung geschaffen
werden müssten. Mit Blick auf die Situation der Verbraucher sei es wichtig,
dass die Regeln überall in der EU gleich seien. Dies brächte besonders für
kleine Unternehmen auch neue Marktchancen, die sich nicht immer die teure
Anpassung an die verschiedenen nationalen Rechtsordnungen leisten könnten.
Viele Kleinunternehmen sähen bisher von einem Verkauf in
EU-Nachbarländern ab, da eine Anpassung der Kaufverträge oder der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen an eine einzige nationale Rechtsordnung innerhalb der EU
20.000 Euro kosten könne. Für Online-Geschäfte fordert Schwab praxisorientierte
Lösungen, wie etwa im Rahmen von Fernabsatzverträgen und Direktvertrieb ein
Widerrufsrecht für Internetauktionsseiten wie e-bay. Darüber hinaus sollte es
eine Muster-Widerrufsbelehrung geben. Die Beratungen über das Arbeitsdokument
zum Verbraucherrecht beginnen in Kürze. Die Vorlage des Berichtsentwurfs im
Binnenmarktauschuss ist für Juni vorgesehen.
Frühere Berichte: 19/2009, 09/2009, 18/2008, 03/2008
Wettbewerb
|
Entschließung
über die Rechte des geistigen Eigentums - Rat
Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit hat am
1. März 2010 eine Entschließung zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten
des geistigen Eigentums verabschiedet. Die Entschließung nimmt Bezug auf die
gleichlautende Mitteilung der Europäischen
Kommission vom 11. September 2009. Zur Bekämpfung von Nachahmungen und
Piraterie hatte die Kommission im Juli 2008 einen Gesamtplan vorgestellt.
In ihrer Mitteilung schlägt die
Kommission eine Reihe von praktischen Maßnahmen zur Eindämmung des ökonomischen
und gesellschaftlichen Schadens der Marken- und Produktpiraterie. Die
Kommission möchte den bestehenden Rechtsrahmen durch nichtlegislative Maßnahmen
ergänzen und setzt dabei insbesondere auf eine verbesserte Durchsetzung der
Rechte des geistigen Eigentums durch die gezielte Zusammenarbeit der
Privatwirtschaft, der Verwaltung und der Akteure.
In seiner Entschließung begrüßt der Rat
den von der Kommission eingeschlagenen Kurs, fordert sie jedoch gleichzeitig
auf, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten
die bestehenden nationalen Verwaltungsvorschriften noch weiter zu untersuchen
und die Anwendung der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen
Eigentums (2004/48/EG) in den Mitgliedstaaten zu überprüfen. Weiter fordert der
Rat die Kommission auf, eingehend zu analysieren, ob die Einführung
strafrechtlicher Sanktionen zur Bekämpfung von Fälschung und Piraterie ratsam
ist. Der Rat schließt sich dem Aufruf der Kommission zur breiten Unterstützung
der EU-Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie an.
In der Entschließung werden die
Mitgliedstaaten aufgefordert, nationale Strategien gegen Produkt- und
Markenfälschung zu entwickeln und transparente Koordinationsstrukturen
aufzubauen. Die Mitgliedstaaten und die verschiedenen Akteure sollen außerdem
Vereinbarungen für freiwillige praktische Maßnahmen zur Bekämpfung von
Fälschung und Piraterie treffen.
Rat der Justiz- und Innenminister
|
Interne
Sicherheitsstrategie für die EU
Auf
ihrer Ratssitzung vom 25. Februar 2010 haben die Innenminister der
EU-Mitgliedstaaten die Interne Sicherheitsstrategie für die EU verabschiedet.
Schwerpunkte der Strategie sind insbesondere die verstärkte Zusammenarbeit der
Strafverfolgungs-, Grenzschutz- und Justizbehörden sowie im Zivil- und
Katastrophenschutz bei ausreichendem Schutz der Grundrechte. Die Entwicklung
einer internen Sicherheitsstrategie ist bereits im Stockholm-Programm verankert worden.
Früherer
Bericht: 12/2009
SWIFT-Abkommen
Nachdem
das Swift-Abkommen zwischen der EU und den USA, das die
Weitergabe von Bankdaten europäischer Bürger an die USA vorsieht, an dem
ablehnenden Votum des Europäischen Parlaments gescheitert war, haben die
Innenminister der EU am 25. Februar 2010 beschlossen, einen zweiten Anlauf zum
Abschluss eines Swift-Abkommens zu unternehmen.
Frühere
Berichte: 3/2010, 19/2009, 17/2009.
Europäische
Schutzanordnung
Im
Justizministerrat fand am 26. Februar 2010 eine Orientierungsdebatte im
Hinblick auf einen Richtlinienentwurf für eine Europäische Schutzanordnung statt. Der Entwurf wurde dem
Europäischen Parlament und der Kommission sowie erstmals gemäß dem Lissabon-Vertrag den nationalen Parlamenten der
Mitgliedstaaten vorgelegt. Die Konsultationsfrist der nationalen Parlamente
läuft am 30. März 2010 aus.
Früherer
Bericht: 1/2010
Recht
auf Dolmetschleistungen und Übersetzung in Strafverfahren
Ebenfalls
diskutiert wurde die Initiative für eine EU-Richtlinie über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzung in Strafverfahren.
Die Minister waren sich einig, dass in diesem Bereich zügig weitergearbeitet
werden muss und sind zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Rat,
Kommission und Parlament in einen für alle Seiten zufriedenstellenden Text
münden wird. Auch bei dieser Initiative endet die Konsultationsfrist der
nationalen Parlamente am 30. März 2010.
Frühere
Berichte: 14/2009, 12/2009.
Weiterhin
wurde der Stand der Arbeiten zum Beitritt der EU zur Europäischen Menschrechtskonvention
debattiert. Die Kommission wurde aufgerufen, so schnell wie möglich Vorschläge
für ein Verhandlungsmandat vorzulegen.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer,
Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743
86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher,
RAin Anabel von Preuschen und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer |
Der Newsletter ist im Internet unter www.brak.de abrufbar und kann auch
dort be- oder abbestellt werden.
Wenn Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten,
schreiben Sie bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.eu.