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Ausgabe 9/2010

12.05.2010

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Freizügigkeit

Vertragsverletzungsverfahren wegen anwaltlicher Mindestgebühren in Griechenland

Monti-Bericht zur Neubelebung des Binnenmarktes

Vorschlag für ein Europäisches Patent wird verschoben

 

Strafrecht

Europäische Schutzanordnung

 

Bürgerrechte

Entschließungsanträge zu SWIFT und PNR

 

Reiserecht

Begrenzung der Haftung von Fluggesellschaften bei Gepäckverlust

 

Institutionen

Gemeinsames Register für Interessenvertreter

 

 

Freizügigkeit

 

Vertragsverletzungsverfahren wegen anwaltlicher Mindestgebühren in Griechenland

Die Europäische Kommission hat die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens (Art. 258 AEUV) gegen Griechenland wegen der Verletzung der Freizügigkeitsvorschriften durch die festen Mindestgebühren der Anwälte eingeleitet. Die Kommission hat Griechenland offiziell zur Änderung der Rechtsvorschriften bezüglich der von Rechtsanwälten für ihre Tätigkeit zu berechnenden Mindestgebühr aufgefordert, da sie der Auffassung ist, dass die festgeschriebenen Mindestgebühren gegen die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Dieser Verstoß sei auch nicht durch Verbraucher- oder Qualitätserwägungen gerechtfertigt. Zudem entstünden dem Verbraucher Nachteile, da wegen der vorgeschriebenen Mindestgebührensätze ausländische Rechtsanwälte keine niedrigeren Gebühren berechnen und insofern die griechischen Verbraucher keinen günstigeren Rechtsbeistand in Anspruch nehmen können.

Anders als in Deutschland gelten in Griechenland die festgeschriebenen Mindestgebühren ohne Ausnahme. Der EuGH hat die Frage der europäischen Rechtmäßigkeit von Mindestgebühren für außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit in den Rechtssachen Cipolla (C-94/04) und Macrino und Capodarte (C-202/04) entschieden. Er war der Auffassung, dass der Schutz der Verbraucher sowie eine geordnete Rechtspflege als zwingende Gründe des Allgemeininteresses die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen können. Griechenland hat nun zwei Monate Zeit, Stellung zu nehmen. Ist die Kommission nicht mit der Antwort zufrieden, kann sie ein Verfahren vor dem EuGH einleiten.

 

Früherer Bericht: 23/2006

 

Monti-Bericht zur Neubelebung des Binnenmarktes

Am 9. Mai 2010 wurde der Bericht zur Neubelebung des Binnenmarktes, mit dessen Erstellung der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, den ehemaligen Wettbewerbs- und Binnenmarktkommissar Prof. Mario Monti beauftragt hatte, veröffentlicht. Der Bericht wirbt für ein einheitliches Strategiepaket für eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft. Monti spricht in seinem  Bericht mehrere Empfehlungen aus, die er unter verschiedenen Kategorien abhandelt. Für die Kategorie „Binnenmarkt für Arbeitnehmer“ empfiehlt Monti die Sozialversicherungssysteme zu koordinieren, ein 28. Regime für Zusatzrentenansprüche von Grenzgängern und die Beseitigung steuerlicher Hindernisse für grenzüberschreitende Arbeitnehmer einzuführen. Er spricht sich auch für die Ausweitung der automatischen Anerkennung von Qualifikationen aus. Wichtig sei zudem die Einführung einer europäischen Taxonomie für Qualifikationen (ESCT), ein System, das sicherstellen soll, dass die Qualifikationen und Kompetenzen von Arbeitssuchenden überall in Europa gleich verstanden werden. Unter der Kategorie „Binnenmarkt für den Bürger, Verbraucher und KMU“ schlägt Monti die Schaffung eines Systems zur gegenseitigen Anerkennung von offiziellen Dokumenten und die Einführung einer „European Free Movement Card“ vor, in der in einem einzigen Dokument alle wichtigen Informationen eines EU-Bürgers enthalten sein sollen. Monti plädiert zudem für eine Verabschiedung der EU-Vorschriften über kollektive Rechtsbehelfe sowie für die Durchführung des Small Business Acts und die Annahme der Europäischen Privatgesellschaft. Bezüglich der Kategorie „Digitaler Binnenmarkt“ schlägt Monti eine Harmonisierung der Vorschriften über Liefer- und Gewährleistungsbedingungen beim elektronischen Handel vor. Unter der Kategorie „Binnenmarkt für Waren“ empfiehlt er, das EU Patent und ein einheitliches Patentsystem anzunehmen. Zur Durchsetzung seiner Empfehlungen schlägt Monti vor, Verordnungen Richtlinien vorzuziehen.

 

Vorschlag für ein Europäisches Patent wird verschoben

Der Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistung Michael Barnier wird seinen Plan, einen Gesetzesentwurf für ein EU-Patent noch während der spanischen Ratspräsidentschaft einzubringen, voraussichtlich aufgeben. Ursprünglich hatte er geplant, seinen Gesetzesentwurf am 18. Mai 2010 vorzulegen, damit dieser am 25./26. Mai 2010 in der letzten Sitzung unter spanischer Präsidentschaft verhandelt werden kann. Da die spanische Ratspräsidentschaft jedoch dem Vorhaben keine Priorität gibt, wägt Barnier, dies erst während der belgischen Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli beginnt, zu tun. Der Vorschlag Barniers sieht vor, dass ein Patent in entweder englischer, deutscher oder französischer Sprache angemeldet werden muss. Zudem soll der Anmelder für eine rechtlich bindende Übersetzung in zwei von den fünf meistgesprochenen Sprachen der EU aufkommen. Eine maschinelle rechtlich nicht bindende Übersetzung in die restlichen drei der fünf meistgesprochenen Sprachen erfolgt dann automatisch.

 

Frühere Berichte: 19/2009.

 

Strafrecht

 

Europäische Schutzanordnung

Nachdem Justizkommissarin Viviane Reding den Richtlinienvorschlag der spanischen Ratspräsidentschaft zur Einführung einer europäischen Schutzanordnung eingangs kritisiert hatte, ist sie nun bereit, den Vorschlag zu unterstützen. Der Vorschlag der spanischen Ratspräsidentschaft solle dabei nur den strafrechtlichen Sektor umfassen. Die Kommission würde diesen dann durch einen Vorschlag auf zivilrechtlicher Basis vervollständigen. Dies schrieb sie Ende April in einem Brief an die spanische Ratspräsidentschaft.

 

Früherer Bericht: 8/2010


 

Bürgerrechte

 

Entschließungsanträge zu SWIFT und PNR

Das EP hat am 5. Mai 2010 die Entschließungsanträge zur Übermittlung von Zahlungsverkehrsdaten an die USA im Zuge der Terrorismusbekämpfung (SWIFT) (P7_TA(2010)0143) und über die Aufnahme von Verhandlungen mit den USA, Australien und Kanada über den Transfer von Passagiernamensregistern (PNR) (P7_TA(2010)144) angenommen. Im ersten Fall werden damit die Bedingungen des EP für eine Zustimmung zum SWIFT-Abkommen bekräftigt, mit dem zweiten Entschließungsantrag fordert das EP die Ausarbeitung eines datenschutzkonformen Standardmodells für den Austausch von Fluggastdaten für Strafverfolgungs- und Sicherheitszwecke und beschließt, die Abstimmung zu vertagen.

 

Frühere Berichte: 6/2010, 4/2010, 3/2010.

 

Reiserecht

 

Begrenzung der Haftung von Fluggesellschaften bei Gepäckverlust

Am 6. Mai 2010 hat der EUGH entschieden, dass die Haftung von Fluggesellschaften bei Verlust eines Gepäckstückes auf 1.135 € beschränkt ist. In diesem Fall (C-63/09) hatte ein Fluggast 3.200 € eingeklagt für den Verlust seines Gepäcks; hiervon waren 2.700 € für den Verlust des Gepäcks und 500 € als immaterieller Schadensersatz ausgewiesen. Das Gericht hat entschieden, dass die durch die Vereinbarung im Montreal-Abkommen festgelegte Summe von 1.135 € sowohl den Verlust des Gepäcks als auch den immateriellen Schaden abdeckt. Eine höhere Entschädigung komme nur dann in Betracht, wenn der Fluggast den höheren Wert seines Gepäcks bei der Aufgabe extra versichern lässt.

 

Institutionen

 

Gemeinsames Register für Interessenvertreter

Am 6. Mai 2010 haben Europäische Kommission und EP die Gespräche über ein gemeinsames Register beider Institutionen für Interessenvertreter wieder aufgenommen. In das von der Kommission im Juni 2008 eröffnete Online-Register haben sich bislang 2700 Organisationen eingetragen. Bei der Registrierung müssen sich die Organisationen einem Verhaltenskodex unterwerfen und angeben, wen sie vertreten und welche Ziele in welchen Politikbereichen sie verfolgen. Außerdem müssen sie ihren finanziellen Hintergrund offen legen. Auf Grundlage der positiven Bewertung des Kommissionsregisters im Oktober 2009 soll nun das gemeinsame Register entwickelt werden, wobei sich die Arbeiten auf administrative und technische Aspekte konzentrieren sollen, wie zum Beispiel auf das Prozedere bei Beschwerden und bei Verstößen.

Frühere Berichte: 16/2009, 8/2009.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: +32 (0)2 743 86 46,

Fax: +32 (0)2 743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen LL.M., Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

 

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