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Ausgabe 10/2010

27.05.2010

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Institutionen

Generaldirektion für Justiz, Freiheit und Sicherheit wird geteilt

Digitale Agenda

 

EuGH

Auslegung der Dienstleistungsrichtlinie

EuGH interpretiert „Ausrichtung“ einer Tätigkeit

 

Strafrecht

Veranstaltung der BRAK und des Landes Niedersachsen zum Grünbuch zur Erlangung

von Beweisen in Strafsachen

 

Vertragsrecht

Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

 

Bürgerrechte

Gleichbehandlung selbständiger Erwerbstätiger

 

 

Institutionen

 

Generaldirektion für Justiz, Freiheit und Sicherheit wird geteilt

Künftig wird es in Brüssel eine eigenständige Generaldirektion Justiz geben. Aus der bisherigen Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit werden zum 2. Juli zwei Generaldirektionen - dann wird eine Generaldirektion die Bereiche Zivil- und Strafrecht, Grundrechte und Unionsbürgerschaft unter der Verantwortung von Viviane Reding und eine zweite Generaldirektion den Bereich Inneres unter Zuständigkeit von Cecilia Malström abdecken. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich bereits seit Jahren für eine eigene Justizkommissarin mit eigenem Ressort eingesetzt. Sie hat daher die Ernennung von Viviane Reding als Justizkommissarin ausdrücklich begrüßt, dabei aber an ihrer Forderung nach einer eigenständigen Generaldirektion immer festgehalten.

 

Früherer Bericht: 19/2009

 

Digitale Agenda

Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes, hat ihre Strategie zur Schaffung einer „virtuosen und sich selbst replizierenden digitalen Wirtschaft“ vorgestellt. Der Fünfjahresplan ist ein 39 Seiten umfassender Plan zur Förderung der digitalen Wirtschaft. Die Digitale Agenda ist die erste der sieben Leitinitiativen der Strategie Europa 2020 für „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“. Die Agenda sieht sieben vorrangige Aktionsbereiche vor. Ein „neuer Binnenmarkt“ soll an erster Stelle „die Vorteile des digitalen Zeitalters zur Geltung bringen“. Hierfür wird die Vereinfachung der Klärung, Verwaltung und grenzüberschreitenden Lizenzierungen von Urheberrechten vorgesehen, dies insbesondere durch eine Rahmenrichtlinie für die kollektive Rechteverwertung und eine Richtlinie über verwaiste Werke. Zudem soll ein Grünbuch über Chancen und Herausforderungen des Online-Vertriebs audiovisueller Werke und anderer kreativer Inhalte herausgebracht werden. Zur Förderung des Vertrauens der Bürger in den gemeinsamen digitalen Markt soll die Umsetzung der e-Geldrichtlinie gefördert und im gleichen Zuge noch 2011 ein Vorschlag für eine Überprüfung der e-Signaturrichtlinie eingebracht werden. Außerdem sollen die Datenschutzbestimmungen überprüft werden. Bis 2012 soll ein Vorschlag für ein fakultatives Vertragsrechtsinstrument zur Ergänzung der Richtlinie über Verbraucherrechte eingebracht werden sowie Vorschläge für ein EU-weites Online-Streitbeilegungssystem für e-Commerce Transaktionen.

 

EuGH

 

Auslegung der Dienstleistungsrichtlinie

Der EuGH befasst sich derzeit zum ersten Mal mit der Auslegung der Dienstleistungsrichtlinie. Der französische Conseil d’Etat hat im Juni 2009 die Vorfrage vorgelegt, ob die Dienstleistungsrichtlinie für die von ihr erfassten reglementierten Berufe vorschreibt, dass jedes allgemeine Verbot unabhängig von der Art der betroffenen Geschäftspraktik erfasst sein soll, oder ob sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belässt, allgemeine Verbote für bestimmte Geschäftspraktiken, wie etwa die Kundenakquise, aufrechtzuerhalten (C119/09 [momentan nur auf Französisch erhältlich]). Im zugrunde liegenden Fall verbietet die streitgegenständliche nationale Regelung Wirtschaftsprüfern die direkte Kundenakquise durch jede nicht erbetene Werbung mit dem Ziel, Dritten ihre Dienste anzubieten. Am 18. Mai 2010 hat Generalanwalt Mazàk in seinen Schlussanträgen dargestellt, dass ein derartiges nationales Verbot der Direktwerbung nicht zwingend gegen Artikel 24 Abs. 1 der Richtlinie, der ein Totalverbot verbietet, verstößt. Nach Artikel 24 Abs. 2 können berufsrechtliche Regeln die kommerzielle Kommunikation betreffen, sofern sie nicht diskriminierend, durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Mazàk kommt zu dem Ergebnis, dass die Direktwerbung nur eine Modalität der kommerziellen Kommunikation sei und daher kein Totalverbot einer Form von Werbung vorliege. Im Lichte des Art. 24 Abs. 2 betrachtet, liege daher kein Verstoß gegen Artikel 24 Abs. 1 vor.

 

EuGH interpretiert „Ausrichtung“ einer Tätigkeit

Am 18. Mai 2010 hat Generalanwältin Trstenjak ihre Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen Peter Pammer./.Reederei Karl Schlüter (C-585/08) und Hotel Alpenhof./.Oliver Heller (C-144/09) vorgelegt. In beiden Fällen war der EuGH u.a. mit der Frage befasst worden, ob es für das „Ausrichten“ einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel I VO) ausreicht, dass die Website des Vertragspartners des Verbrauchers in dessen Wohnsitzmitgliedstaat im Internet abrufbar ist. Die Generalanwältin hat dies in ihren Schlussanträgen verneint und vorgeschlagen, dass die nationalen Gerichte anhand von Kriterien wie z.B. Inhalt der Website des Vertragspartners, bisherige Geschäftstätigkeit und Art der Internetdomain beurteilen sollen, ob die Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausgerichtet ist.

 

Strafrecht

 

Veranstaltung der BRAK und des Landes Niedersachsen zum Grünbuch zur Erlangung von Beweisen in Strafsachen

Am 26. Mai 2010 hat die BRAK zusammen mit dem Land Niedersachsen in Brüssel eine Veranstaltung mit dem Titel „Strafprozess ohne Grenzen? Freie Verkehrsfähigkeit von Beweisen statt Garantien im Strafverfahren?“ durchgeführt. Kernpunkt der Diskussionen war das Grünbuch der Kommission zur Erlangung verwertbarer Beweise in Strafsachen aus einem anderen Mitgliedstaat. Als Experten waren Herr Dr. Christoph Sajonz (Europäische Kommission), Herr Professor Dr. Holger Matt (Mitglied des Strafrechtsausschusses der BRAK), Oberstaatsanwalt Christian Schierholt (Generalstaatsanwaltschaft Celle) und Prof. Dr. Kai Ambos (Universität Göttingen) eingeladen. Der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann leitete die Diskussion. Die Experten waren dem im Grünbuch anvisierten einheitlichen Instrument zur Beweiserhebung auf der Grundlage des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung gegenüber skeptisch. Sie betonten, dass zunächst Mindestgarantien im Strafverfahren etabliert werden müssen, bevor ein solches Instrument funktionieren kann.

 

Vertragsrecht

 

Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Am 28. April 2010 hat der Binnenmarktausschuss (IMCO) des EP über den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr einen Bericht abgegeben. Die Änderung der Richtlinie ist ein wesentliches Element des Small Business Act, mit dem die Kommission kleine und mittlere Unternehmen unterstützen will. Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass öffentliche Auftraggeber verpflichtet werden, Forderungen innerhalb von 30 Tagen zu begleichen. Andernfalls droht eine pauschale Entschädigung in Höhe von 5 % des geschuldeten Betrags. Dies lehnt der IMCO ab, da ein sogenannter „Strafschadensersatz“ nicht in das europäische Vertragsrecht passt. Anstelle sollen die Verzugszinsen von 7% auf 9 % erhöht werden. Außerdem ist ein pauschaler Betrag von 40€ als Erstattung für Beitreibungskosten vorgesehen. Sollte eine Zahlungsfrist nicht festgelegt sein, so sieht der Vorschlag bei öffentlichen Auftraggebern eine Frist von 30 Tagen vor, die nur in begründeten Fällen auf 60 Tage erhöht werden kann. Für Unternehmen gilt ebenfalls eine Frist von 30 Tagen, die aber durch Vertrag auf 60 Tage erhöht werden kann. Zudem kann, wenn dadurch keine Vertragspartei benachteiligt wird, ein längerer Zeitraum vorgesehen werden. Der Entwurf muss nun noch vom Plenum angenommen werden. Dies wird vorrausichtlich in der Plenumssitzung vom 14.-17. Juni stattfinden.

 

Frühere Berichte: 4/2010, 17/2009, 07/2009.

 

Expertengruppe für einen Referenzrahmen im europäischen Vertragsrecht

Viviane Reding, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, hat am 21. Mai 2010 eine Expertengruppe ernannt. Sie besteht aus 18 Vertragsrechtsexperten, darunter 13 Professoren, zwei Rechtsanwälte, eine Notarin und zwei Verbrauchervertretern. Deutschland ist durch Professor Hans Schulte-Nölke vom Institut für europäische Rechtswissenschaft in Osnabrück vertreten. Zudem wurde Professor Christian von Bar von der Universität Osnabrück als Sonderberater für Vertragsrecht für die Vizepräsidentin der Kommission Viviane Reding ernannt. Die weiteren Mitglieder kommen aus Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, den Niederlanden, Luxemburg, Belgien, Schweden, Estland, Polen, Ungarn, und Rumänien. Bis Mai 2011 wird die Gruppe ein Mal im Monat zusammentreten.

 

Frühere Berichte: 8/2008, 5/2008.

 

Bürgerrechte

 

Gleichbehandlung selbständiger Erwerbstätiger

Am 18. Mai 2010 hat das EP in zweiter Lesung eine legislative Entschließung zum Richtlinienvorschlag zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG verabschiedet. Der Entwurf beinhaltet insbesondere die Erweiterung des Konzepts des Ehepartners auf Lebenspartner, die das gleiche Maß an sozialer Absicherung genießen sollen wie der selbständige erwerbstätige Partner sowie einen möglichen Anspruch auf Mutterschaftsleistungen für selbständig Erwerbstätige und an der Unternehmenstätigkeit des selbständigen Partners mitwirkende Frauen. In seiner Entschließung hat das EP den Wunsch des Rates berücksichtigt, den Mitgliedstaaten die Organisation der sozialen Absicherung des Ehepartners/Lebenspartners anheim zu stellen, ebenso wie die Entscheidung darüber, ob die Mitgliedschaft in sozialen Versicherungssystemen freiwillig oder obligatorisch sein soll. Der Rat muss den Richtlinienvorschlag nun noch formell billigen.

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: +32 (0)2 743 86 46,

Fax: +32 (0)2 743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen LL.M., Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

 

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