Ausgabe 1/2020 v. 9.1.2020
 
Liebe Leserinnen und Leser,

Sie sind hoffentlich gut ins neue Jahr gerutscht und hatten erholsame Weihnachtsfeiertage. Zum Warmwerden haben wir für Sie in dieser ersten Ausgabe des beA-Newsletters im neuen Jahr Informationen zu rechtlichen Änderungen um den Jahreswechsel und, weil es nun zum Jahresbeginn für viele Kolleginnen und Kollegen ansteht, zur Bestellung einer Jahresvertretung. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Rechtsprechung des OLG Dresden, das den Versand per beA als Ersatzweg bei gescheitertem Faxversand ansieht, und auf eine Entscheidung des AG Stockach, das sich mit den Anforderungen an einen Vollstreckungsauftrag per beA zu befassen hatte. Und zu guter Letzt zeigen wir Ihnen, wie Sie den Klassiker-Fehler beheben, dass sich ein falscher Anhang in eine Nachricht geschlichen hat, die Sie gleich versenden möchten.

Alles Gute für 2020 und eine vergnügliche Lektüre wünscht

Ihr Team des beA-Newsletters
 
PS: Auch in diesem Jahr gilt natürlich, dass Sie uns gerne Ihre Fragen zur Nutzung des beA stellen dürfen (newsletter@brak.de), die wir in geeigneten Fällen in einer der folgenden Newsletter-Ausgaben beantworten.
 
Neues Jahr – Neues zu den Rechtsgrundlagen des elektronischen Rechtsverkehrs

Kurz vor dem Ende des Jahres 2019 wurden nun noch einige Normen auf den Weg gebracht, die den Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ändern.
 
Mit dem Gesetz zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften die Zustellungsvorschriften in § 174 IV ZPO geändert. Je nach Anforderung des Gerichts ist das elektronische Empfangsbekenntnis entweder als strukturierter Datensatz oder als elektronisches Dokument zu übermitteln (dazu zuletzt beA-Newsletter 35/2019). Das Gesetz vom 12.12.2019 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2019 I 2633) noch am 19.12.2019 bekannt gemacht. Die Änderung des § 174 ZPO konnte somit pünktlich am 1.1.2020 in Kraft treten.

Anfang Dezember 2019 hat die Bundesregierung vier Verordnungen zur elektronischen Behandlung von Strafakten beschlossen (dazu zuletzt beA-Newsletter 30/2019) und im Laufe des Dezembers an den Bundesrat zur Zustimmung übermittelt:
  • Verordnung über die Standards für die Übermittlung elektronischer Akten zwischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten im Strafverfahren (Strafaktenübermittlungsverordnung – StrafAktÜbV) (BR-Drs. 633/19)
  • Verordnung über die Standards für die Erstellung elektronischer Dokumente und für deren Übermittlung zwischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten (Dokumentenerstellungs- und -übermittlungsverordnung – DokErstÜbV) (BR-Drs. 634/19).
  • Verordnung über die Standards für die Einsicht in elektronische Akten im Strafverfahren (Strafakteneinsichtsverordnung – StrafAktEinV) (BR-Drs. 635/19).
  • Verordnung über die Standards für die Übermittlung elektronischer Akten zwischen Behörden und Gerichten im Bußgeldverfahren (Bußgeldaktenübermittlungsverordnung – BußAktÜbV) (BR-Drs. 666/19).
Ursprünglich sollten die Verordnungen am 1.1.2020 in Kraft treten. Nunmehr ist vorgesehen, dass sie am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft treten (die – ebenso wie die Befassung im Bundesrat, dessen nächste Sitzung für den 14.2.2020 terminiert ist – noch aussteht).

Und schließlich ist gerade noch rechtzeitig vor dem geplanten Inkrafttreten am 1.1.2020 die Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs in Schleswig-Holstein für den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit am 23.12.2019 verkündet worden (GVOBl. 2019, 782). Wir weisen nochmals eindringlich darauf hin, dass somit seit dem 1.1.2020 in Verfahren nach dem ArbGG in Schleswig-Holstein nur noch elektronische Dokumente wirksam entsprechend § 46e ArbGG eingereicht werden können (dazu zuletzt beA-Newsletter 35/2019).
 
Neues Jahr – neuer Jahresvertreter

Mit Beginn des neuen Jahres ist wieder an so manches zu denken. Gerade in Einzelkanzleien sollte zu den organisatorischen Vorkehrungen für eine nicht vorhersehbare Verhinderung die Bestellung eines Jahresvertreters/einer Jahresvertreterin nach § 53 II 2 BRAO zählen. Gehört der Vertreter/die Vertreterin derselben Rechtsanwaltskammer an, können Sie ihn/sie grundsätzlich selbst bestellen; das gilt auch im Vornhinein für alle Verhinderungsfälle eines Jahres („Jahresvertreter“). Sie müssen Ihrer zuständigen Rechtsanwaltskammer allerdings anzeigen, wer Ihr Vertreter bzw. Ihre Vertreterin ist. Viele Kammern stellen hierfür Formulare bereit (z.B. die RAK Berlin).

Aufgrund der Anzeige trägt Ihre Kammer die Vertretung im Gesamtverzeichnis ein und ordnet zugleich den Vertreter/die Vertreterin Ihrem beA zu. Ihre Vertretung hat dann automatisch Zugriff auf Ihr beA – allerdings nur mit dem Recht „Nachrichtenübersicht“. Das bedeutet, er/sie kann weder den Betreff der Nachrichten erkennen noch Nachrichten öffnen und lesen. Im Einzelfall sollten Sie daher überlegen, ob Sie Ihrer Vertretung unter Berücksichtigung der anwaltlichen Schweigepflicht standardmäßig noch weitere Rechte einräumen möchten und deren Sicherheitstoken zur Entschlüsselung von Nachrichten freischalten (beA-Newsletter 29/2018).

Obacht: Wenn Sie eine Jahresvertretung für 2019 bestellt haben, ist diese Bestellung mit dem Jahreswechsel ausgelaufen. Ihrem Vertreter/Ihrer Vertreterin wurde automatisch die Berechtigung für den Zugriff auf Ihr beA entzogen. Deshalb haben Sie und Ihr Jahresvertreter kurz nach dem Verklingen der Silvesterböller eine E-Mail mit der Profilbenachrichtigung erhalten haben, dass die „Zuordnung“ als „Vertreter“ entzogen wurde.
Denken Sie einfach daran, Ihrer Kammer nun zeitnah erneut eine Jahresvertretung anzuzeigen. Sobald diese eingetragen wurde, finden Sie Ihren Vertreter/Ihre Vertreterin auch wieder in der Benutzerverwaltung Ihres beA. Haben Sie Ihrer Jahresvertretung zuvor weitergehende Rechte an Ihrem Postfach eingeräumt, dann müssen Sie nun das wiederholen.
 
 
Die Rolle als Vertreter/in

Wenn Sie Ihrer Kammer eine Jahresvertretung anzeigen oder die Kammer sonst eine Vertretung bestellt, taucht mit deren Eintragung in das Gesamtverzeichnis auch ein entsprechender Benutzereintrag im Postfach des/der Vertretenen auf (1). Dieser Eintrag kann dabei durchaus neben einem bereits bestehenden Eintrag erscheinen (2).

Das sehen wir uns anhand eines Beispiel-Postfachs einmal genauer an:

Das Profil der Nutzerin Susi Müller ist zwei Mal dem Postfach von Rechtsanwalt Max Mustermann zugeordnet. Die beiden Einträge unterscheiden sich lediglich durch die Rollenzuordnung (3): Einmal wurde die Rolle „Mitarbeiter“ zugeordnet und einmal die Rolle „Vertreter“. Der Kollegin Susi Müller wurden also schon Rechte im Rahmen der allgemeinen Kanzleiorganisation zugeordnet. Durch die Bestellung als Jahresvertreterin wurde sie automatisch mit einer weiteren Rolle hinzugefügt.
Dass einem Nutzerprofil bestimmte Rollen zugewiesen werden, kennen Sie übrigens schon. So hat der Inhaber eines Postfachs (in der Regel ein Anwalt) immer die Rolle „Besitzer eines Postfachs“ für sein eigenes Postfach und die Rolle „Mitarbeiter“ für fremde Postfächer, wenn ihm dort individuelle Rechte zugewiesen wurden (s. dazu beA-Newsletter 10/2017). Der „Besitzer eines Postfachs“ hat immer vollen Zugriff auf sein eigenes Postfach. Der „Mitarbeiter“ hat zunächst nur das Basisrecht „Nachrichtenübersicht“; ihm können individuell noch weitere Rechte eingeräumt werden.

Bei automatisch eingerichteten Rollen, wie z.B. der Jahresvertretung, kann es dazu kommen, dass derselbe Nutzer mit mehreren Rollen an einem Postfach berechtigt ist, nämlich – wie Rechtsanwältin Susi Müller in unserem obigen Beispiel – als „Mitarbeiter“ und als „Vertreter“ (1). In diesem Fall ergänzen sich die gesetzten Rechte aller Rollen. Fällt eine Rolle weg, wie z.B. beim Jahresvertreter zum Jahreswechsel, bleibt gleichwohl die Rolle als „Mitarbeiter“ bestehen. Nur die Rolle des Jahresvertreters wird automatisch mit allen gesetzten Rechten gelöscht. Die Rolle „Mitarbeiter“ müssten Sie gesondert entziehen, z.B. wenn die Kollegin aus der Kanzlei ausscheidet und man sie deshalb nicht mehr auf das eigene Postfach zugreifen lassen möchte.
 
OLG Dresden verfestigt Rechtsprechung: beA als Fax-Backup
 
Mit einem neuerlichen Beschluss vom 18.11.2019 (Az. 4 U 2188/19, abrufbar über das Portal der sächsischen Justiz) hat das OLG Dresden, und dort abermals der vierte Zivilsenat, seine Rechtsprechung zum verpflichtenden Einsatz des beA als Ersatzkommunikationsmittel fortgesetzt (vgl. beA-Newsletter 30/2019 und 33/2019). Scheitert die Übertragung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax, sei – so das OLG Dresden – der Rechtsanwalt verpflichtet, den Schriftsatz über das beA zu versenden. Das Unterlassen sei der vertretenen Partei nur dann nicht als schuldhaftes Versäumnis zuzurechnen, wenn glaubhaft gemacht werde, dass die Übermittlung aus dem beA nicht möglich gewesen wäre.

In dem vom OLG entschiedenen Fall scheiterte wieder einmal die Übermittlung der Berufungsbegründung per Telefax am letzten Tag der Frist. Nach mehreren Übermittlungsversuchen in der Zeit zwischen 17:50 Uhr und 20:24 Uhr gab der Prozessbevollmächtigte auf. Das Besondere an dem Fall war, dass die Störung wegen einer Umstellung innerhalb der Justiz auf Voice-over-IP zumindest auch der Sphäre des Gerichts zugeordnet werden konnte.

Der Prozessbevollmächtigte berief sich in seinem Wiedereinsetzungsantrag auf die Rechtsprechung des BGH: Der Nutzer habe mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits zur Fristwahrung Erforderliche getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginne, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss bis zum Ablauf der Frist zu rechnen sei. Von einem Rechtsanwalt, der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingerichtet habe, einen Schriftsatz weder selbst noch durch Boten oder per Post, sondern durch Telefax zu übermitteln, könne daher beim Scheitern der gewählten Übermittlungen infolge eines Defektes des Empfangsgerätes oder wegen Leitungsstörungen nicht verlangt werden, dass er – unter Aufbietung aller nur denkbaren Anstrengungen – innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte Zugangsart sicherstelle.

Das OLG entgegnete, dass nach der Rechtsprechung des BGH sehr wohl zumutbare Anstrengungen zu unternehmen seien, wenn diese nicht-organisatorischer Natur seien. So könne etwa verlangt werden, eine Beschwerde zumindest beim Beschwerdegericht einzureichen, anstatt beim Prozessgericht. Auch Recherchen im Internet nach weiteren Faxnummern seien zumutbar. Gleiches müsse für die Forderung gelten, im Anschluss an einen gescheiterten Telefax-Versand einen fristgebundenen Schriftsatz über das beA zu versenden.
 
 
AG Stockach: Elektronische Einreichung eines Vollstreckungsauftrags

Wir haben schon darauf hingewiesen, dass die Rechtsgrundlagen für die Zwangsvollstreckung bislang noch nicht vollständig an den elektronischen Rechtsverkehr angepasst wurden (beA-Newsletter 7/2019). Das AG Stockach hat mit seinem Beschl. v. 29.11.2019 (M 794/19, BeckRS 2019, 30752) aber zumindest zu den geltenden Rechtsgrundlagen Klarheit geschaffen.

In dem zu entscheidenden Fall verweigerte ein Gerichtsvollzieher die Durchführung eines Auftrags, weil nach seiner Ansicht die Voraussetzungen des § 754a ZPO zum vereinfachten Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden und damit ganz generell zur elektronischen Kommunikation nicht erfüllt seien. Zudem sei der Auftrag unwirksam, da er lediglich per beA mit einfacher Signatur übermittelt worden, nicht aber mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen gewesen sei.

Das AG Stockach stellte völlig richtig fest, dass die Übermittlung von elektronischen Dokumenten im Rahmen von Aufträgen an Gerichtsvollzieher ganz grundsätzlich zulässig sei nach § 753 IV ZPO i.V.m. § 130a, § 298 ZPO und §§ 1 ff. ERVV. Nach § 754a ZPO sei im Sinne einer Ausnahmeregelung lediglich die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides entbehrlich. Eine Einschränkung der elektronischen Übermittlung finde gerade nicht statt.

Hinsichtlich der angeblich fehlenden qeS genüge es wegen der gesetzlichen Verweisung auf § 130a ZPO, wenn der Postfachinhaber selbst den sicheren Übermittlungsweg durch den Versand aus seinem beA heraus nutze. Es sei dann lediglich das Anbringen einer einfachen Signatur erforderlich, die auch nur in dem Namenszusatz unter dem Schriftsatz bestehen könne (vgl. zuletzt beA-Newsletter 32/2019).
 
Anhang „korrigieren“

Wie auch in der Papierwelt empfiehlt es sich, vor dem Versand von elektronischen Dokumenten nochmals alles genau zu kontrollieren, bevor man auf den Button „Senden“ klickt. Eine der Kontrollen sollte auch den Anhang zu der Nachricht umfassen. Denn ein Klassiker unter den E-Mail-Fehlern ist ja bekanntlich, den falschen Anhang beizufügen (oder ihn gleich ganz zu vergessen); beim beA kann Ihnen das natürlich genauso passieren.

Und so prüfen Sie, ob auch wirklich der richtige Schriftsatz in der finalen Fassung Ihrer beA-Nachricht anhängt:

Klicken Sie auf das kleine „Lupensymbol“ (1), um zu prüfen, welches Dokument zum Versand angehängt wurde.

Sollten Sie feststellen, dass sich ein fehlerhaftes Dokument in die Nachricht geschlichen hat, müssen Sie es aus dem Anhang der Nachricht mit dem Button „X“ herauslöschen (2) und anschließend das richtige bzw. korrigierte Dokument erneut als Anhang beifügen. Gut zu wissen: Das beA-System löscht sicherheitshalber die ggf. beigefügte Signaturdatei (3) auch gleich mit, so dass nicht versehentlich eine falsche Signaturdatei an das Gericht übermittelt werden kann.
  
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de