Ausgabe 7/2020 v. 2.4.2020
 
Liebe Leserinnen und Leser,

mit der neuen Ausgabe des beA-Newsletters informieren wir Sie gerade in Zeiten, in denen viele Kolleginnen und Kollegen außerhalb ihrer Kanzlei arbeiten, wie Sie Behörden aus Ihrem beA heraus adressieren.

Die Bundesagentur für Arbeit wird ab April 2020 flächendeckend den elektronischen Rechtsverkehr einführen und erläutert in einem Gastbeitrag ihre Vorgehensweise.

Außerdem geben wir Hinweise zur rechtswirksamen Signatur bei Namensänderungen und bitten Sie abschließend mit einem Verweis auf eine Entscheidung des Anwaltsgerichts Nürnberg, zur Vermeidung von berufsrechtsrechtlichen und haftungsrechtlichen Folgen die Erstregistrierung am beA vorzunehmen.
 
Ihr beA-Team
 
Immer mehr Behörden per beBPo erreichbar
 
Sie wissen es schon längst: Das Pendant des beA für Behörden ist das besondere elektronische Behördenpostfach, kurz „beBPo“. Das beBPo kann auch vom beA aus adressiert werden, da beide dem EGVP-Verbund angehören. Damit bietet sich das beBPo als vorteilhafter Kommunikationsweg zwischen Rechtsanwalt und Behörde an, da der Zugang der Nachricht unmittelbar nachgewiesen werden kann, die Verfahrenslaufzeiten verkürzt werden sowie Porto- und Papierkosten entfallen. Gemäß § 3a I VwVfG ist die Übermittlung elektronischer Dokumente in Verwaltungsverfahren zulässig, sofern der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet, etwa ein beBPo. Wir haben darüber bereits berichtet (beA-Newsletter 7/2019). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle aus der ZPO bekannten Vorschriften eins zu eins auf den ERV im Verwaltungsverfahren übertragbar sind. So ist als Ersatz für die Schriftform bei Verwendung des beA der Einsatz einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) erforderlich (§ 3a II S. 2 VwVfG). Die Verwendung des sicheren Übermittlungsweges führt hier nicht zu der aus § 130a III S. 1 Alt. 2 ZPO bekannten Privilegierung des Verzichts auf die qeS.
 
Bundes- und Landesministerien und kommunale Einrichtungen – viele Adressaten aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich haben bereits ein beBPo. Damit eine Behörde ein solches erhalten kann, ist die Einrichtung einer Prüfstelle im jeweiligen Bundesland erforderlich, was in allen Ländern bereits erfolgt ist.
 
Aber warum sind noch nicht alle Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts auf diese Weise erreichbar? Nun, bei der Vielzahl von Behörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sind noch einige Schritte bis zur Digitalisierung der Kommunikationen mit der Verwaltung notwendig. Einen großen Sprung hin zur Nutzung des ERV unternimmt in Kürze die Bundesagentur für Arbeit (BA). Unter dem Namen „E-JUSTIZ-BA“ werden ab dem 06.04.2020 schrittweise beBPo deutschlandweit für verschiedene Dienststellen der BA eingerichtet. Zunächst sind die Rechtsbehelfsstellen der Jobcenter, Operative Services und Familienkassen an der Reihe. Neben der Kommunikation zwischen der Anwaltschaft und der BA kann diese ihre Postfächer auch zum Nachrichtenversand an die Sozial- und Finanzgerichte nutzen. Dazu gleich mehr.
 
Wie Sie sehen, finden permanent spannende Entwicklungen hin zum Ausbau des ERV statt, damit Sie und die weiteren Akteure im Justizwesen sowie Behörden und Körperschaften Dokumente vollständig digital, medien- und systembruchfrei versenden können.
 
 
Bundesagentur für Arbeit: Gemeinsam treiben wir mit der Lösung E-JUSTIZ-BA den elektronischen Rechtsverkehr voran

Die Bundesagentur für Arbeit führt nach der erfolgreichen Pilotierung der Anwendung E‑JUSTIZ-BA den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) ab dem 06.04.2020 schrittweise deutschlandweit ein. Anwältinnen und Anwälte können somit in Kürze mit den Dienststellen der BA auf elektronischem Weg kommunizieren – die BA freut sich auf Ihre rege Teilnahme!

Was ist E-JUSTIZ-BA?

Die Anwendung E-JUSTIZ-BA ermöglicht der BA den Austausch von Nachrichten und Dokumenten im ERV mit Sozial- und Finanzgerichten und mit der Rechtsanwaltschaft. Damit erreicht die BA strategische und operative Ziele wie die Einsparung von Druck- und Portokosten, Gesetzeskonformität und die Verkürzung der Durchlaufzeit von Verfahren, sowie einen bedeutenden Meilenstein auf dem Weg zur Digitalisierung der Verwaltung.

Was bedeutet das für die Rechtsanwaltschaft?

Für die Rechtsbehelfsstellen der Jobcenter, Operativen Services und Familienkassen werden besondere elektronische Behördenpostfächer (beBPo) freigeschaltet, sodass Nachrichten mit Verfahrensbezug elektronisch zwischen besonderem elektronischem Anwaltspostfach (beA) und beBPo ausgetauscht werden können – das spart nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen auf beiden Seiten. Auch Dokumente, die der Schriftform bedürfen, können als elektronisches Dokument über das beA an das beBPo versendet werden. Zur Einhaltung der Schriftform ist jedoch eine qualifizierte elektronische Signatur notwendig!

Der Kanal beA zu beBPo darf zunächst ausschließlich zur Kommunikation bei Widersprüchen und Klagen der Klientinnen und Klienten gegen Entscheidungen nach dem SGB I, II, III und X bzw. dem EStG und der AO (bei Familienkassen) genutzt werden, da diese Entscheidungen in die Aufgabengebiete der Rechtsbehelfsstellen fallen. Weitere Aufgabenbereiche der BA werden zu einem späteren Zeitpunkt an den ERV angeschlossen.

Was ändert sich mit der Einführung von E-JUSTIZ-BA für die Rechtsbehelfsstellen und wie läuft diese ab?

Mit der Einführung von E-JUSTIZ-BA sind die Rechtsbehelfsstellen in der Lage, Nachrichten zu empfangen und mit bis zu 35 bzw. später 100 Dokumenten als Anhang zu verschicken.

Die Einführung von E-JUSTIZ-BA erfolgt in drei Wellen mit steigender Anzahl von Dienststellen:
  • Ab 06.04.2020 - Erste Welle: Freischaltung aller Familienkassen
    (12 Dienststellen)
  • Ab 20.04.2020 - Zweite Welle: Freischaltung aller Operativen Services mit Rechtsbehelfsstellen sowie eines Teils der Jobcenter (112 Dienststellen)
  • Ab 03.08.2020 - Dritte Welle: Freischaltung der weiteren Jobcenter
    (222 Dienststellen)
Zusätzlich erfolgt ab dem 18.05.2020 eine 11-wöchige Pilotierung der Funktionalität Aktenversand mit 15 Gerichten, mit der es den Rechtsbehelfsstellen möglich sein wird, angeforderte Akten elektronisch zu versenden.

Haben Sie Interesse daran, an der Pilotierung des Aktenversands teilzunehmen?

Die teilnehmenden Pilotdienststellen sind auf der untenstehenden Grafik zu sehen. Nehmen Sie gerne schon jetzt Kontakt mit Ihren Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern aus der Rechtsbehelfsstelle eines örtlichen Jobcenters, eines Operativen Services oder einer Familienkasse auf! Die BA freut sich auf regen elektronischen Nachrichtenaustausch mit Ihnen und auf Ihr Feedback, um den ERV gemeinsam erfolgreich zu gestalten.
 
Namensänderungen in Zeiten des ERV

Wie das Leben so spielt: Durch Heirat, Scheidung oder öffentlich-rechtliche Namensänderung ändert sich der Name einer Kollegin oder eines Kollegen. Und wie wirkt sich das auf das beA aus? Kommt darauf an: Da das beA dem Inhaber über die SAFE-ID zugeordnet ist, kann es weiter genutzt werden. Die zuständige RAK trägt nach der gemäß § 24 I BORA erforderlichen Mitteilung über die Namensänderung den neuen Namen in das Anwaltsverzeichnis ein, das taggleich und automatisiert in das Gesamtverzeichnis der BRAK übertragen wird. Dadurch sind im beA stets die aktuellen Daten verfügbar.
 
Eine einfache elektronische Signatur (eeS), die aus dem getippten Namen und dem Zusatz „Rechtsanwältin“ oder „Rechtsanwalt“ besteht, wird bei jedem einfach signierten Dokument erneut erstellt und kann daher ab dem Zeitpunkt der Namensänderung problemlos dem neuen Namen entsprechend verwendet werden.
 
Wenn die Kollegin oder der Kollege nun über eine beA-Signaturkarte verfügt, um ihre versendeten Nachrichten auch qualifiziert elektronisch signieren zu können (vgl. hierzu unseren beA-Newsletter 20/2018), wird es ein wenig komplizierter: In dem qualifizierten Zertifikat sind logischerweise der ursprüngliche Vor- und Nachname aufgeführt. Daher muss eine neue Signaturkarte bestellt werden. Die Bestellung kann nun aber erst nach dem Eintritt der Namensänderung erfolgen, da hierfür zwingend ein amtliches Ausweisdokument oder der Nachweis über die eingetretene Namensänderung vorgelegt werden muss.

Muss die Kollegin oder der Kollege also in der Zwischenzeit auf die Möglichkeit, eine qualifizierte elektronische Signatur anzubringen, verzichten? Da noch keine Rechtsprechung zu dieser Frage vorliegt, bietet es sich an, eine Parallele zur analogen Unterschrift auf einem Papierdokument zu ziehen. Eine Unterschrift setzt einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug voraus, der sich - ohne lesbar sein zu müssen - als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (BGH, Urteil v. 11.10.2005, Az. XI ZR 398/04). Zudem ist vorauszusetzen, dass die als Aussteller in Betracht kommende Person zweifelsfrei feststeht. Beides ist bei Verwendung eines ehemaligen Nachnamens der Fall. Übertragen auf die qualifizierte elektronische Signatur bedeutet dies, dass in einer angemessenen Übergangsphase zwischen dem Eintritt der Namensänderung und der Ausstellung einer neuen Signaturkarte die Verwendung der bisherigen qualifizierten Signatur zulässig sein dürfte.

Um ganz sicher zu gehen, sollten Sie aber unbedingt umgehend nach Ihrer Namensänderung die neue Signaturkarte bestellen!
 
Bitte einloggen!

Die Erstregistrierung an ihrem beA haben die allermeisten Kolleginnen und Kollegen inzwischen durchgeführt, und so mancher anfänglicher beA-Skeptiker hat sich zu einem begeisterten Nutzer des ERV gemausert. Der ein oder andere Kollege schiebt die Erstregistrierung aber immer noch vor sich her – ein Vorgehen, von dem wir aus mehreren, inzwischen hinlänglich bekannten Gründen dringend abraten: Da das beA eine Empfangseinrichtung darstellt, dürfte dessen tägliche Kontrolle auf Posteingänge zur im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eines Anwalts gehören (vgl. BAG Beschl. v. 7.8.2019 - 5 AZB 16/19). Oder welcher Kollege würde auf die Idee kommen, den Hausbriefkasten der Kanzlei zu ignorieren oder am liebsten gleich abmontieren zu wollen? Die beA-Nutzung sollte also schon aus Gründen der Haftungsprävention selbstverständlich sein (vgl. beA-Newsletter 36/2017).
 
Ein weiterer, wichtiger Grund dafür, sich der Beschäftigung mit dem beA nicht zu verschließen, ist berufsrechtlicher Natur: Seit dem 01.01.2018 besteht nach § 31a VI BRAO für jeden zugelassenen Rechtsanwalt die Verpflichtung, die für die beA-Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen. Die Nichtbeachtung dieser BRAO-Vorschrift stellt – Sie ahnten es bereits – eine Berufspflichtverletzung dar, die von den RAKn sanktioniert werden kann. Einen derartigen Fall hatte im Januar dieses Jahres das Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer Nürnberg zu entscheiden. In der Sache ging es um einen Kollegen, der auf Zustellungen unter Rechtsanwälten nach § 195 ZPO, die an sein beA gerichtet wurden, nicht reagierte. Auch das elektronische Empfangsbekenntnis gab er nicht ab. Der Absender der Zustellungen forderte den Adressaten sogar dazu auf, den beA-Posteingang zu prüfen. In der Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht räumte der Rechtsanwalt diesen Sachverhalt ein und teilte darüber hinaus mit, auch noch keine Erstregistrierung an seinem beA vorgenommen zu haben. Das Anwaltsgericht statuierte, die Nichtbeachtung des beA habe zu einer erheblichen Gefährdung der Mandanten des Anwalts geführt. Dieser konnte nämlich nicht feststellen, ob ihm über das beA etwas zugestellt worden ist, gegebenenfalls verbunden mit Fristsetzungen. Das Gericht verurteilte den Rechtsanwalt daher zu einem Verweis sowie einer Geldbuße von 3.000,00 Euro. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
 
Angesichts der klaren Gesetzeslage sollten nun auch die verbliebenen „beA-Verweigerer“ die Erstregistrierung durchführen und ihr beA täglich öffnen. Die BRAK hält auf ihrer Website vielfältige Informationen zur Erstregistrierung bereit. Nach kurzer Zeit der beA-Nutzung wird sich eine Routine einspielen – und das anfangs gegebenenfalls als lästige Pflichtübung empfundene Abrufen der Nachrichten bei nicht wenigen Kolleginnen und Kollegen in eine selbstverständliche, aktive Nutzung übergehen.
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de