Mal nachgefragt…
Was ist eigentlich aus dem Problem mit den gekündigten Sammelanderkonten geworden?
Zu Beginn des Jahres rollte eine Kündigungswelle anwaltlicher Sammelanderkonten durch das Land (die BRAK berichtete). Eine von der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) im Februar 2022 durchgeführte Umfrage ergab, dass knapp 21 Prozent der Befragten persönlich betroffen waren bzw. sind. Besonders prekär: meist wurde nur eine Frist bis März 2022 eingeräumt, obwohl viele Kolleginnen und Kollegen faktisch für die tägliche Arbeit auf die Sammelanderkonten angewiesen sind. BRAK-Vizepräsidentin Präsidentin RAin Ulrike Paul kritisierte das Vorgehen der Banken vehement und setzte sich gegenüber den Banken, der BaFin und dem Bundesministerium der Finanzen sowie dem Bundesministerium der Justiz für die Anwaltschaft in Schreiben und Gesprächen ein. Stephanie Beyrich, Pressesprecherin der BRAK, erkundigt sich bei BRAK-Vizepräsidentin Präsidentin RAin Ulrike Paul nach dem aktuellen Stand der Dinge.
Liebe Frau Paul, nochmal zum Wiedereinstieg: Was war Hintergrund der Kündigungen?
Im Kern? Wirtschaftliche Erwägungen! Letztlich war die ganze Aufregung auf die Änderung der Auslegungs- und Anwendungshinweise der BaFin, die sog. AuA, zurückzuführen, die ihrerseits die nationale Risikoanalyse aus dem Jahr 2018/2019 berücksichtigen musste, in der das Geldwäscherisiko für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als „hoch“ eingestuft wurde. Einige Banken haben im Zuge dessen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und sich der nun erweiterten Prüfpflichten durch pauschale Kündigungen entzogen – zum Leidwesen der Anwaltschaft. Wirtschaftliche Erwägungen sind daher der eigentliche Hintergrund.
Wenn es sich aber um eine geschäftspolitische Entscheidung der Kreditinstitute handelt, kann die BRAK dann überhaupt etwas tun bzw. auf das Geschäftsgebaren der Banken Einfluss nehmen?
Den Kopf in den Sand stecken – das ist für die BRAK keine Option. Das haben wir bislang nicht und werden auch künftig nicht so verfahren. Wir haben eine Verantwortung gegenüber der gesamten deutschen Anwaltschaft. Wir sind daher aktiv auf die Kreditwirtschaft, die BaFin und die Ministerien zugegangen und konnten uns die Unterstützung des BMF und des BMJ sichern. Ich bin der Auffassung, dass wir auch in Zukunft noch einiges bewegen können. Natürlich gibt es einige Banken, die sich von den geführten Gesprächen und Schreiben der BaFin nicht haben von den Kündigungen abbringen lassen und die das Produkt „Sammelanderkonten“ dauerhaft gestrichen haben oder streichen werden. Aber ebenso gibt es Banken, die weiterhin entsprechende Sammelanderkonten anbieten. Letztlich müssen wir doch folgendes beachten: Fremdgeld über das anwaltliche Geschäftskonto zu verwalten birgt Risiken fü Mandantinnen und Mandanten und somit letztlich für die Anwältin bzw. den Anwalt in sich, die man beim Sammelanderkonto nicht hat: Die Gelder sind vor Pfändungen durch Gläubiger der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts und vor einer Aufrechnung durch die Bank geschützt, auch fällt die Verfügungsbefugnis über das Sammelanderkonto bei Zulassungsverlust oder Tod der Anwältin bzw. des Anwalts bedingungsgemäß an die Rechtsanwaltskammer. Ich habe die Befürchtung, dass wenn alle Zahlungen über das Geschäftskonto laufen, wir dort womöglich die gleichen Probleme bekommen, wie bei den Sammelanderkonten.
Was ist jetzt akut und konkret geplant?
In erster Linie werden die Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG angepasst. Darüber hinaus soll ein weiterer gemeinsamer Gesprächstermin mit Vertretern der BaFin, der Kreditwirtschaft, dem BMJ und dem BMF folgen. Ziel der Gespräche ist es, dafür zu sorgen, dass Sammelanderkonten mit praktisch handhabbarem Aufwand für die Geldwäscheprüfung geführt werden können. Im Übrigen steht – voraussichtlich noch in diesem Jahr – eine neue nationale Risikoanalyse an, deren Federführung das BMF innehat. Ich kann natürlich nicht einschätzen, ob wir mit dieser das Rad herumreißen können, aber wir werden uns für eine ausdifferenzierte Risikoeinschätzung einsetzen. Denn so viel ist klar: Bei Anwälten kann und darf ausschließlich im Rahmen von bestimmten Treuhand- und Immobiliengeschäften von einem – theoretisch – erhöhten Risiko ausgegangen werden. Per se kann dies für jedwede anwaltliche Tätigkeit keinesfalls gelten. Diesbezüglich ist die Nationale Risikoanalyse meiner Ansicht nach viel zu unpräzise. Das widerspräche im Übrigen auch der Wertung des Gesetzes, wonach Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG eben überhaupt nur dann Verpflichtete i.S.d. GwG sind, wenn sie bestimmte Kataloggeschäfte betreiben.
Liebe Frau Paul, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.