Anwaltszulassung

Schulden müssen rechtzeitig getilgt werden

Wer ins Schuldnerverzeichnis eingetragen ist und die Forderungen nicht rechtzeitig tilgt, kann die Anwaltszulassung verlieren, so der BGH.

13.02.2023Rechtsprechung

Ein Anwalt, dessen Zulassung wegen Überschuldung widerrufen wurde, kann nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens geltend machen, dass er seine Schulden beglichen hat. Spätere Tilgungen sind erst in einem Wiederzulassungsverfahren zu berücksichtigen. Dadurch ist es dennoch möglich, eine lückenlose Anwaltszulassung trotz zwischenzeitlichen Widerrufs zu behalten und die Mandanten zu betreuen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entschieden (Beschl. v. 20.12.2022, Az. AnwZ (Brfg) 22/22).

Anwalt konnte keine geordneten Vermögensverhältnisse nachweisen

Die Rechtsanwaltskammer Hamburg hatte die Zulassung des Mannes zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) widerrufen. Danach ist die Zulassung zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird u.a. dann vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b der Zivilprozessordnung) eingetragen ist. So lag der Fall hier: Insgesamt lagen zum Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung Eintragungen in dieses Verzeichnis vor. Dagegen richtete der Anwalt seinen Widerspruch, den die Kammer jedoch zurückwies. Eine Klage gegen den Widerrufsbescheid vor dem Anwaltsgerichtshof (AGH) Hamburg blieb erfolglos (Urt. v. 19.07.2022, Az. AGH I ZU 11/2018 (I-24)). Ebenso nun der Antrag auf Zulassung der Berufung beim BGH.

Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des AGH-Urteils, so der BGH. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs sei allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids abzustellen.

Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Anwalt in Vermögensverfall befunden. Wegen der Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis hätte er die entsprechende Vermutung aktiv wiederlegen müssen – durch ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten. Außerdem hätte er konkret, nachvollziehbare, widerspruchsfrei und vollständig darlegen sowie belegen müssen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind. Dies sei ihm aber zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht gelungen. Auch eine behauptete Tilgung der Schulden habe er bis zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids nicht ausreichend nachgewiesen.

Anwalt hätte sofort nach Schuldentilgung die Wiederzulassung beantragen können

Auch der weitere Vortrag des Klägers fand vor dem BGH keinen Anklang. Es habe kein Ausnahmefall vorgelegen, weil die Interessen Rechtsuchenden nicht gefährdet gewesen seien. Der Anwalt hatte vorgetragen, dass er aktuell in großem Umfang für Mandanten tätig werde und es kaum möglich sei, ihnen mit der Bestellung eines Abwicklers kurzfristig einen adäquaten Ersatz zur Seite zu stellen.

Ihm habe es schließlich freigestanden, nach dem Widerrufsbescheid direkt einen Antrag auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft zu stellen. Der Rechtsanwalt habe bei nachträglichem Wegfall des Widerrufsgrundes einen Anspruch auf sofortige Wiederzulassung und könne den Antrag auch jederzeit stellen. Dieser setze nicht voraus, bis zur Rechtskraft des Verfahrens über den Widerruf zu warten. Sind die Voraussetzungen für die Wiederzulassung erfüllt, sei die Rechtsanwaltskammer hierzu verpflichtet. Auf diesem Weg sei es möglich, eine lückenlose Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sicherzustellen und die Interessen der Mandanten durchgehend zu vertreten. Deshalb verstoße eine Aufrechterhaltung des Widerrufsbescheids auch nicht gegen das Übermaßverbot und gegen Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Der Antrag sei auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung von Rechtsfragen zuzulassen, da alle dem Fall zugrundeliegenden Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt seien. Insbesondere sei geklärt, dass bei Vorliegen eines Vermögensverfalls in der Regel von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden auszugehen sei und nur in seltenen Ausnahmen nicht. Dabei rücke die Rechtsprechung des BGH keineswegs jeden Rechtsanwalt, der - aus welchen Gründen auch immer - in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, in die Nähe eines potenziellen Straftäters. Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden könne auch völlig unabhängig von einem kriminellen Verhalten des Betroffenen eintreten - etwa dadurch, dass bei einem in Vermögensverfall befindlichen Rechtsanwalt das Risiko eines Zugriffs von Gläubigern auf Fremdgelder erheblich größer ist als im Fall eines Rechtsanwalts mit geordneten Einkommens- und Vermögensverhältnissen.