BGH zu beA-Problemen

Ersatzeinreichung muss unverzüglich begründet werden

Funktioniert die Einreichung eines Schriftsatzes per beA nicht, muss ein Anwalt dies grundsätzlich bereits bei der Ersatzeinreichung begründen.

20.01.2023Rechtsprechung
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Kann ein Rechtsanwalt bereits im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung eines Schriftsatzes die vorübergehende technische Unmöglichkeit der Übermittlung per beA darlegen und glaubhaft machen, muss er dies auch zu diesem Zeitpunkt tun. Es genügt nicht, die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung nachträglich darzulegen und glaubhaft zu machen. Mit dieser Begründung hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtsbeschwerde eines Rechtsanwalts als unzulässig verworfen (Beschl. v. 17.11.2022, Az. IX ZB 17/22)

Dieser hatte sich für seinen Mandanten, einen Steuerberater, dagegen gewendet, dass das Oberlandesgericht (OLG) Hamm seine Berufung als unzulässig verworfen hatte. Hintergrund war ein Rechtsstreit um die Zahlung seines Honorars. Das OLG Hamm hatte die Rechtsmittelbegründungsfrist zunächst bis Anfang Januar 2022 verlängert. Kurz vor Fristablauf gingen bei Gericht die Berufungsbegründung sowie ein weiterer Antrag auf Fristverlängerung ein – allerdings per Post und nicht per beA. Das OLG teilte dem Kläger mit, dass das Rechtsmittel deswegen unzulässig sein könnte. Doch erst eineinhalb Monate später erreichte das Gericht – ebenfalls auf postalischem Weg – eine Begründung für die Papierform: Ein Versäumnis der Bundesnotarkammer sei die Ursache für die nicht-elektronische Einreichung gewesen, die beA-Basiskarte habe nicht ordnungsgemäß funktioniert. Sein Anwalt habe bereits im Dezember 2021 von der funktionsunfähigen beA-Karte gewusst.

Das Berufungsgericht hatte offengelassen, ob unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers eine nur vorübergehende technische Unmöglichkeit der Übermittlung als elektronisches Dokument im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO anzunehmen ist. Davon war nach Ansicht des BGH rechtsbeschwerderechtlich auszugehen.

Mit seiner Begründung war er jedoch zu spät dran, so der BGH. Das OLG habe die Berufung zu Recht verworfen, weil sie nicht in der zwingend vorgeschriebenen elektronischen Form eingereicht worden sei. Seit dem 1. Januar 2022 besteht für Anwältinnen und Anwälte die Pflicht, ihre Schriftsätze elektronisch bei Gericht einzureichen. Wenn das jedoch aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung zwar nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Doch die Voraussetzungen des § 130d Satz 2 und 3
Hs. 1 ZPO für eine ausnahmsweise Zulassung der Einreichung in Schriftform hätten hier nicht vorgelegen, so der BGH. Danach ist die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach (ohne schuldhaftes Zögern) glaubhaft zu machen. Unverzüglich hätte in diesem Fall bedeutet, die technischen Schwierigkeiten bereits bei Einreichung der postalischen Berufungsbegründung vorzutragen und glaubhaft zu machen – schließlich wusste der Anwalt zu diesem Zeitpunkt schon von dem Problemen. Nachträglich könne er diese nun nicht mehr vortragen. Es bestehe auch kein Wahlrecht über den Zeitpunkt der Darlegung.