Dieselskandal

Neuer Senat am BGH, Nachfolgemodell-Lieferungen nur für zwei Jahre

Am BGH ist weiterhin Ausnahmezustand wegen des Abgasskandals. Nun richtet das Bundesgericht vorübergehend einen weiteren Senat nur für Diesel-Sachen ein. Der VIII. Senat traf derweil eine ungewohnt eindeutige Entscheidung in Sachen Nachfolgemodell-Lieferung.

22.07.2021Gesetzgebung

Der Dieselskandal legt längst nicht mehr nur Deutschlands Instanzgerichtsbarkeit lahm. Auch beim Bundesgerichtshof (BGH) sind mittlerweile so viele Verfahren rund um die unzulässige Abschalteinrichtung in Fahrzeugen mit Dieselmotoren aufgelaufen, dass das Bundesgericht am Donnerstag bestätigte, was schon länger gerüchteweise durch die Branche geisterte: Mit Wirkung zum 1. August wird vorübergehend ein weiterer Zivilsenat (VIa) als Hilfsspruchkörper eingerichtet.

Dieser wird für alle neu eingehenden sog. Diesel-Sachen zuständig sein, um die bisher zuständigen und mittlerweile nach BGH-Angaben völlig überlasteten VI. und VII. Zivilsenate zu entlasten. Die Mitglieder des neuen Senats werden anteilig weiterhin einem allgemeinen Zivilsenat angehören.

Der u.a. für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat am Mittwoch unterdessen eine weitere wichtige Entscheidung in Sachen Käuferrechte in Diesel-Sachen getroffen: Wer als Ersatz für einen mangelhaften (hier mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Diesel-) Pkw die Lieferung des Nachfolgemodells will, muss das binnen zwei Jahren ab Vertragsschluss geltend machen (Urt. vom 21.07.20231, Az. VIII ZR 254/20, VIII ZR 118/20, VIII ZR 275/19 und VIII ZR 357/20).

Nachfolgemodell als Ersatzlieferung nur für maximal 20 Jahre nach Vertragsschluss

In einer ausführlichen Mitteilung vom Mittwoch bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung, nach der die Installation einer unzulässigen Abschalteinrichtung vom Motortyp EA 189 einen Sachmangel darstellt. Der Käufer kann, so der BGH weiter, grundsätzlich auch dann eine Ersatzlieferung gem. § 439 Abs. 1, Abs. 1, 2. Alt. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verlangen, wenn das ursprüngliche Modell nach Ablauf einer gewissen Zeit nicht mehr lieferbar wäre, sondern die Hersteller Folgemodelle auf den Markt bringen.

Schließlich sei den Parteien und vor allem dem Händler bereits bei Abschluss des Kaufvertrags bewusst, dass der Fahrzeughersteller nach gewisser Zeit das bisherige Modell durch einen Nachfolger ersetzen wir, argumentiert der Senat. Bei einem Neuwagenkauf entspreche es, so der BGH, deshalb grundsätzlich dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien beim Abschluss des Vertrags, dass der Käufer auch dann eine Ersatzlieferung fordern kann, wenn der Hersteller nach Vertragsabschluss ein Nachfolgemodell auf den Markt bringt. 

Vor diesem Hintergrund zieht der BGH eine ungewohnt klare Grenze ein: Die Pflicht des Verkäufers, statt des mangelhaften Pkw ein Nachfolgemodell zu liefern, bestehe nur zwei Jahre ab Vertragsschluss. So lange müsse der Verkäufer bei typisierender Betrachtung mit einem Gewährleistungsfall oder einem Nachlieferungsbegehren rechnen, so der VIII. Senat. Diese Regelung schaffe einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen beider Vertragsparteien.

Für die gleich vier Betroffenen, über deren Fälle der BGH am Mittwoch entschied, bedeutete das eine Schlappe auf ganzer Linie: In allen Fällen hatten die Käufer erst rund sieben bzw. acht Jahre nach dem Abschluss des Kaufvertrags die Lieferung eines Nachfolgemodells verlangt. Da es auch keine besonderen Umstände gab, die ausnahmsweise eine andere Bewertung gerechtfertigt hätten, schloss der BGH die Ersatzlieferung des Nachfolgemodells nach so langer Zeit in allen Fällen aus.