EuGH zu Konzerttickets

Kein Widerrufsrecht gegenüber Ticketvermittler Eventim

Ein Käufer wollte lieber Geld statt eines Gutscheins für ein wegen Corona abgesagtes Konzert. Es besteht aber kein Widerrufsrecht gegenüber Eventim.

01.04.2022Rechtsprechung

Der Gerichthof der Europäischen Union (EuGH) hat klargestellt, dass gegenüber Ticketvermittlern wie Eventim kein Widerrufsrecht besteht, solange das wirtschaftliche Risiko eines Widerrufs den eigentlichen Veranstalter treffen würde (Urt. v. 31.03.2022, Rs. C-96/21 - CTS Eventim). Dies ergebe sich aus einer Ausnahmevorschrift der EU-Widerrufsrichtlinie.

Wer also Tickets für Sportveranstaltungen oder Konzerte kauft, kann sich davon nicht einfach innerhalb von (meist) 14 Tagen ohne Angabe von Gründen lösen. Dies gilt unabhängig davon, ob man direkt beim Veranstalter oder über einen Vermittler wie Eventim gekauft hat. Denn in solchen Konstellationen trägt eigentlich immer der Veranstalter das wirtschaftliche Risiko.

„Gutschein-Lösung“ wegen der Corona-Pandemie

Hintergrund des Rechtsstreits war die gesetzliche „Gutschein-Lösung“ aufgrund der wegen Covid-19 abgesagten Kulturveranstaltungen: Anstelle einer Geldrückzahlung erhielten Käufer für vor dem 8. März 2020 gekaufte Tickets zunächst nur einen Gutschein. Diesen sollten sie dann zu einem späteren Zeitpunkt gegen eine andere Veranstaltung einlösen können. Der Gesetzgeber hatte mit dieser Regelung die herben finanziellen Verluste der Veranstalter abfedern wollen.

Der Kläger in diesem Fall wollte sich jedoch nicht mit einem Gutschein zufriedengeben und widerrief seinen Vertrag mit Eventim, um sein Geld sowie zusätzliche Kosten erstattet zu bekommen. Er hatte bei Eventim Tickets für ein Konzert von Peter Maffay & Band in Braunschweig am 24. März 2020 gekauft, das Corona-bedingt ausfiel.

Das mit dem Fall befasste Amtsgericht (AG) Bremen legte dem EuGH daraufhin die Frage vor, ob ein Verbraucher seinen Vertrag mit Eventim gemäß der Verbraucherschutzrichtlinie (2011/83/EU) widerrufen durfte. Diese sieht – ebenso wie der auf ihr basierende § 312 g Abs. 2 Nr. 9 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - eine Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen vor: So ist der Widerruf ausgeschlossen, wenn eine Dienstleistung im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht wird und der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin vorsieht.

Die Besonderheit dieses Falles war, dass Eventim nicht selbst Veranstalter ist, sondern lediglich die Tickets im eigenen Namen auf Rechnung des Veranstalters verkauft. Die Richter des AG Bremen gingen deshalb davon aus, dass die gesetzliche Ausnahme für Eventim nicht greife. Die europäische Richtlinie solle, so das AG, schließlich den größtmöglichen Schutz für Verbraucher bieten. 

EuGH: Ausnahme vom Widerrufsrecht schützt den, der das wirtschaftliche Risiko trägt

Das sahen die Luxemburger Richter nun anders: Die Richtlinie verfolge mit dem Ausschluss das Ziel, Veranstalter von Kultur- und Sportevents davor zu schützen, kurzfristig freigewordene Plätze nicht mehr vergeben zu können. Daher könne auch gegenüber einem Ticketverkäufer kein Widerrufsrecht bestehen, wenn das wirtschaftliche Risiko des Widerrufsrechts den Veranstalter selbst treffen würde.

Damit ist zwar klar, dass das AG Bremen das Widerrufsrecht in dem konkreten Fall wird verneinen müssen. Der Kläger wird dennoch nicht auf seinem ungenutzten Gutschein sitzen bleiben müssen: Seit Januar 2022 können Betroffene auch ihr Geld zurückverlangen, wenn sie den Gutschein nicht eingelöst haben.