RAin Ulrike Paul

Mal nachgefragt…

Wie steht es um die Geldwäschebekämpfung in der deutschen Anwaltschaft?

04.05.2022Interview

Das Thema „Geldwäsche – Geldwäschebekämpfung – Geldwäscheprävention“ ist seit Jahren omnipräsent in den deutschen und internationalen Medien. Geldwäsche stellt ein grenzüberschreitendes, weltweites Phänomen dar, das die Sicherheit unserer Gesellschaft und die Finanzstabilität der Wirtschaft gefährdet. Medienberichten zufolge werden allein in Deutschland jährlich 100 Milliarden Euro gewaschen. Nicht selten werden auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare in der Berichtserstattung an den Pranger gestellt, die es den Geldwäschern vermeintlich zu leicht machen würden. Trifft dieser Vorwurf zu? Wie steht die BRAK zu dieser Thematik und der damit verbundenen Vorverurteilung gegenüber der deutschen Anwaltschaft? Stephanie Beyrich, Pressesprecherin der BRAK, hakt bei BRAK-Vizepräsidentin Präsidentin RAin Ulrike Paul nach.


RAin Ulrike Paul, 3. Vizeprüsidentin der BRAK

RAin Ulrike Paul, 3. Vizepräsidentin der BRAK

Sehr geehrte Frau Paul, in den Medien liest man immer wieder die Schlagzeile: „Deutschland - ein Geldwäscheparadies“. Wie kommt es zu dieser Behauptung und trifft sie überhaupt zu?

 

Das hat verschiedene Ursachen. Deutschland scheint auf den ersten Blick ein „Geldwäscheparadies“ zu sein, da hier - im Vergleich zu anderen Ländern - grundsätzlich Bargeldzahlungen möglich sind. In anderen EU-Staaten, beispielsweise Italien oder Spanien, gibt es Bargeldobergrenzen von 1.000 bzw. 2.500 Euro. Hierzulande ist ein Käufer erst ab über 10.000 Euro in bar dazu verpflichtet, sich gegenüber dem Verkäufer auszuweisen. Der „Geldwäscher“ kann daher mit seinem „schmutzigen“ Geld theoretisch Autos, Immobilien, etc erwerben und weiterverkaufen und erhält so am Ende „sauberes“ Geld. Ich persönlich wünsche mir niedrigere Bargeldgrenzen. Dann kann der „Geldwäscher“ mit seinem „schmutzigen“ Geld nicht viel anfangen. Darüber hinaus ist der deutsche Staat solvent und stabil. Geldwäscher müssen sich also nicht um den Verlust ihrer Güter durch staatliche Willkür sorgen, denn der Rechtsstaat schützt grundsätzlich das Erworbene vor dem ungerechtfertigten Zugriff Dritter und des Staates selbst.

Eine Schwalbe macht doch noch keinen Sommer, bzw. allein dies schafft doch längst kein Paradies, oder? Aus dem Nichtvorhandensein niedriger Bargeldobergrenzen lässt sich nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass Geldwäsche hierzulande floriert! Fehlt es denn an wirkungsstarken Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche?

Im Gegenteil! Es existieren zahlreiche effektive Möglichkeiten zur Geldwäschebekämpfung! Meines Erachtens mit teils überschießender Tendenz. Die Bekämpfung der Geldwäsche kennt zwei Seiten: die repressive Seite, bei der es darum geht, die Täter, also die Geldwäscher und deren Gehilfen, zu ergreifen und zu bestrafen. § 261 StGB wurde gerade erst 2021 verschärft. Mit dem „all crimes“-Ansatz hat der Gesetzgeber nun schlechthin alle Straftaten zu tauglichen Vortaten einer Geldwäsche erklärt. Beim zweiten Ansatz dagegen - der präventiven Seite - soll bereits das Melden von Verdachtsfällen die Transparenz von Finanzströmen erhöhen und die Verschleierung von Geldströmen verhindern. Diesem Ziel dient das Geldwäschegesetz. Es regelt u.a. für bestimmte Berufsgruppen, wer Verpflichteter hinsichtlich der Bekämpfung von Geldwäsche ist und welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang von den Betroffenen umzusetzen sind. Dazu gehört neben der Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten und interner Sicherungsmaßnahmen auch die Pflicht zur Meldung von Verdachtsfällen. Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche gibt es daher genug. Sie müssen nur eingehalten und effektiv umgesetzt werden.

An welcher Stelle kommt denn die deutsche Anwaltschaft ins Spiel? Und weist sie nach Ihrer Einschätzung tatsächlich im Rahmen der Geldwäsche eine so unrühmliche Rolle auf?

Bemängelt wird oft, dass die Meldezahlen der Anwaltschaft zu gering seien. Dies wird als Anlass genommen, die Anwaltschaft unter Generalverdacht zu stellen, was mir persönlich sehr missfällt. Denn übersehen wird dabei häufig, dass das GwG nur Anwendung findet, wenn die Kataloggeschäfte des § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG tatsächlich einschlägig sind. Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beraten in derartigen Fällen mit erhöhtem Geldwäscherisiko überhaupt nicht oder allenfalls ein bis zweimal im Jahr! Insofern kann es denknotwendigerweise keine Meldeflut aus der Anwaltschaft geben. Ich möchte nicht ausschließen, dass sich in sehr seltenen Einzelfällen mal ein schwarzes Schaf in die Anwaltschaft verirrt. Ein systemisches Problem existiert allerdings keinesfalls, weshalb ich die teils scharfe Kritik als unbegründet ansehe.

Liebe Frau Paul, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.