Parkplatzunfall

Hier gilt nicht die StVO

Auf Fahrgassen von Parkplätzen gilt nicht die Vorfahrtsregel rechts vor links. Die Fahrer müssten sich verständigen, so das OLG Frankfurt.

07.07.2022Rechtsprechung

Auf dem Parkplatz eines Baumarkts in Wiesbaden stand zwar das bekannte Schild: „Hier gilt die StVO“. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main beurteilte das nun für einen Unfall, der sich auf dem Parkplatz ereignet hatte, anders. Auf Fahrgassen eines Parkplatzes, die vorrangig der Parkplatzsuche dienen und nicht dem fließenden Verkehr, gelte die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ nicht, entschieden die Zivilrichter. Die Fahrer müssten defensiv fahren und versuchen, sich zu verständigen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 22.06.2022, Az. 17 U 21/22).

Das OLG korrigierte damit ein Urteil des LG Frankfurt, das nach einem Zusammenstoß auf dem Parkplatz von einer Haftung des beklagten Fahrers von nur 25 % ausgegangen war. Der Kläger befuhr die Gasse, die zur Ausfahrt des Parkplatzes führte. Der Beklagte kam aus seiner Sicht von rechts, er befand sich in einer Fahrgasse, an deren beiden Seiten im rechten Winkel angeordnete Parkboxen sind. Auch die Fahrgasse zur Ausfahrt, die der Kläger befuhr, verfügt im linken Bereich über Parkboxen. Kläger und Beklagter kollidierten im Einmündungsbereich der Fahrgassen.

Kein rechts vor links, kein Einfahren auf eine Fahrbahn

Während das LG ein Mitverschulden des aus der Sicht des Klägers von rechts kommenden Beklagten von nur 25 Prozent annahm, hat das OLG die Haftungsquote auf 50% abgeändert. Es komme darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend vom einen oder anderen Teil verursacht worden sein, betonte der Senat. Hier seien die Verursachungsbeiträge der beiden Fahrer als gleichgewichtig anzusehen.

Der von rechts kommende Beklagte könne sich nicht auf sein Vorfahrtsrecht berufen. Auch wenn die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) grundsätzlich anwendbar seien, seien Fahrgassen auf Parkplätzen keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen und gewährten deshalb auch keine Vorfahrt. Es gelte vielmehr das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme, jede Fahrzeugführerin und jeder Fahrzeugführer sei verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jeweils anderen Fahrzeugführer zu suchen“, unterstrich das OLG.

Anders wäre es aus Sicht des Senats nur, wenn die Fahrspuren „eindeutig und unmissverständlich Straßencharakter hätten“. Dazu müsste sich aber bereits aus der baulichen Anlage ergeben, dass sie nicht der Parkplatzsuche, sondern der Zu- und Abfahrt von Fahrzeugen dienten. Als Merkmale dafür nennt das OLG die Breite der Fahrgassen, Bürgersteige, Randstreifen oder Gräben.

Auch der Beklagte profitierte von dieser Rechtsauffassung: Die Richter am OLG prüften auch noch das Einfahren auf eine Fahrbahn, das nach § 10 StVO besondere Sorgfalt erfordert – doch diese habe der Beklagte nicht aufbringen müssen, weil auch die vom Kläger befahrene Fahrgasse eben keine Straße in diesem Sinne sei.