Qualifizierte Signatur

Signatur der Anlage zur Berufungsschrift reicht nicht aus

Wer die Berufungsschrift per EGVP einreicht, muss diese auch qualifiziert elektronisch signieren. Eine Signatur der Anlage reicht nicht, so der BGH.

28.02.2023beA & ERV

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat es abgelehnt, eine über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereichte Berufung als formwirksam anzuerkennen, weil die Berufungsschrift selbst nicht qualifiziert elektronisch signiert war. Es reiche nicht aus, wenn nur die separat übermittelte Anlage eine solche Signatur enthalte, so die Karlsruher Richterinnen und Richter (Beschl. v. 19.01.2023, Az. V ZB 28/22).

Bei dem Rechtsstreit ging es um Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag. Die in erster Instanz unterlegene Partei wollte dagegen Berufung einlegen. Zwei Tage vor Fristablauf reichte ihr Anwalt per EGVP die Berufungsschrift nebst erstinstanzlichem Urteil als PDF ein. Allerdings enthielt nur die Anlage eine qualifizierte elektronische Signatur (was nicht nötig gewesen wäre), die Berufungsschrift jedoch nicht. Das Oberlandesgericht Oldenburg verwarf die Berufung deshalb wegen Formunwirksamkeit als unzulässig und wies auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück. Die hiergegen beim BGH eingereichte Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg; der BGH verwarf sie als unzulässig und bestätigte die Rechtsauffassung der Vorinstanz.

Qualifizierte elektronische Signatur muss bei EGVP-Übermittlung auf Berufungsschrift

Die Übermittlung eines elektronischen Dokuments könne grundsätzlich auf zwei Wegen geschehen: entweder nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 1 Zivilprozessordnung (ZPO) mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortlichen Person. Oder einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO, wozu gem. § 130 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ZPO insbesondere das beA zählt. Nur auf diesen beiden Wegen seien Echtheit und Integrität des Dokuments gewährleistet und es sei klar, dass die Einreichung des Dokuments auch gewollt sei.

Der Prozessbevollmächtigte hatte in diesem Fall eingewandt, bei den übersandten Dateien handele es sich um eine "gewollte Einheit". Aus der qualifizierten elektronischen Signatur der Anlage ergebe sich, dass er die Verantwortung für die Rechtsmittelschrift übernommen habe. Dieser Argumentation folgte der BGH jedoch nicht. Zwar reiche es grundsätzlich, wenn aufgrund anderer Umstände zweifelsfrei feststehe, dass der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen habe, so der BGH. Dies sei z.B. noch in Papierzeiten der Fall gewesen, wenn die Berufungsbegründung mit einem unterschriebenen Anschreiben fest zu einem „Paket“ verbunden waren. Zu einer solchen Verbindung zwischen Anschreiben und Berufungsschrift könne es  im EGVP-Verfahren jedoch nicht kommen. Schließlich würden die Dokumente hier getrennt übermittelt, sodass der Urheber bzw. die Urheberin des Schriftsatzes nicht eindeutig feststünden. Mehrere elektronische Dokumente dürften auch nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden (§ 4 Abs. 2 Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung). Selbst eine im EGVP-Verfahren einsetzbare qualifizierte Container-Signatur genüge seit dem 1. Januar 2018 nicht mehr den Anforderungen des § 130a ZPO.

Verschulden des Rechtsanwalts, nicht des Gerichts

Der Anwalt habe die Säumnis auch verschuldet, was sich seine Mandantin habe zurechnen lassen müssen. Daher sei keine Wiedereinsetzung zu gewähren. Es sei nicht das Verschulden des Gerichts, dass der Richter erst bei Bearbeitung des Falles und damit nach Ablauf der Fristen die Zulässigkeit der Berufung und dabei auch die Einhaltung der Form überprüft habe. Das Gericht sei lediglich im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs – nicht aber sofort - verpflichtet, die Partei auf einen solchen Formfehler hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler vor Ablauf der Berufungsfrist zu beheben.

Auch § 130a Abs. 6 ZPO gelte für Signaturfehler nicht. Nach dieser Vorschrift sei dem Absender unverzüglich mitzuteilen, wenn ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet und der Eingang deshalb unwirksam ist. Absendende sollen damit die Gelegenheit erhalten, nach Erhalt der Fehlermeldung unverzüglich ein technisch lesbares Dokument einzureichen, das dann als rechtzeitig zugegangen gilt. § 130a Abs. 6 ZPO beziehe sich aber nur auf elektronische Dokumente, die die unmittelbar im Gesetz vorgesehenen Formvoraussetzungen erfüllen, also entweder mit qualifizierter Signatur oder mit einfacher Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wurden, so der BGH. Nicht erfasst seien elektronische Dokumente ohne qualifizierte elektronische Signatur.