Wie Vollmachten (nicht) eingereicht werden sollten
In einem millionenschweren Anwaltshaftungsprozess haben drei Prozessvertreter gezeigt, wie man seine Anwaltsvollmacht nicht vorlegen sollte.
Vollmachten müssen im Original oder in der korrekten elektronischen Form eingereicht werden.
Diese Selbstverständlichkeit musste das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz einer Klägerin bzw. ihren drei verschiedenen Anwaltskanzleien erklären – und das auch noch in einem Anwaltshaftungsprozess mit einem Streitwert von 2,5 Millionen Euro. Aufgrund des Sachverhalts hatte das OLG die Gelegenheit, über sehr viele verschiedene Arten und Weisen aufzuklären, wie man es falsch machen kann – und wie es richtig gewesen wäre (Beschl. v. 05.12.2023, Az. 16 U 484/23).
Sehr viele involvierte Anwälte
In erster Instanz vor dem Landgericht (LG) Koblenz hatte sich die Klägerin sowohl durch
A Rechtsanwälte als auch durch Rechtsanwalt B vertreten lassen, die beide jedoch keine Vollmachtsurkunde vorgelegt hatten. Die Gegenseite hatte dies damals jedoch nicht gerügt. Die vermeintlich Geschädigte verlor den Prozess gegen ihre – wohlgemerkt wieder zwei – früheren Prozessvertreter.
Das Urteil wurde sowohl A Rechtsanwälten als auch der B Rechtsanwaltsgesellschaft zugestellt. A Rechtsanwälte haben dann Berufung eingelegt und begründet, aber erneut keine Vollmacht vorgelegt. Eineinhalb Monate später meldete sich die bislang nicht involvierte
C Rechtsanwaltsgesellschaft und teilte mit, dass A ihr Mandat niedergelegt hätten. „Nach Aktenlage“ sei aber B bevollmächtigt und werde das Verfahren fortführen. Dieses Schreiben wurde elektronisch übersandt, wies aber keine Namenssignatur oder Unterschrift auf und war auch nicht qualifiziert elektronisch signiert. Die Abschrift per Fax war nicht unterzeichnet. Auf dem Briefkopf der C tauchte nun aber Rechtsanwalt B als Geschäftsführer auf, als Sachbearbeiter hingegen ein D.
Offenbar ob dieser Konstruktion irritiert, rügte die Gegenseite nun das Fehlen einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht, woraufhin das Gericht die Klägerin aufforderte, eine solche für A und B vorzulegen – und zwar im Original in der Form der §§ 80 Satz 1, 130a Zivilprozessordnung (ZPO).
Versuche, eine Vollmacht vorzulegen
Daraufhin erfolgten einige vergebliche Versuche, dieser Forderung nachzukommen:
Die B Rechtsanwaltsgesellschaft übersandte zunächst auf elektronischem Weg einen Schriftsatz, der unleserlich unterschrieben war und die Signatur
„B Rechtsanwaltsgesellschaft mbH“ aufwies. Darin wurde mitgeteilt, dass Rechtsanwalt B zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt worden sei. Eine Kopie der Vollmacht in der Anlage war mit einer – ebenfalls unleserlichen – gescannten Unterschrift versehen. Der Schriftsatz war jedoch nicht qualifiziert elektronisch signiert. Und zudem war die Nachricht aus dem Postfach und unter der Nutzer-ID der C Rechtsanwaltsgesellschaft versandt worden – in der neben Rechtsanwalt B auch noch Dritte tätig sind.
Besagter Schriftsatz wurde zudem noch einmal postalisch übermittelt. Doch er wurde nicht im Original eingereicht und zudem mit dem Ausdruck einer nur gescannten Unterschrift bzw. einem Faksimile. Als Anlage beigefügt waren u.a. Kopien der bereits elektronisch übermittelten Vollmacht sowie einer unterschriebenen Registeranmeldung.
Das OLG verwarf daraufhin die Berufung als unzulässig, da sie nicht von einem durch die Klägerin ordnungsgemäß bevollmächtigten Rechtsanwalt eingelegt worden sei. Keine der involvierten Rechtsanwaltskanzleien habe die eigene Vollmacht ordnungsgemäß nachgewiesen.
OLG Koblenz: Keine ordnungsgemäße Vollmacht vorgelegt
Zur Begründung führte das OLG aus: Rechtsanwälte A hatten die Vollmacht schlicht nicht vorgelegt, was die Gegner gerügt hatten – wenn auch erst in der zweiten Instanz, sodass sich dieses Versäumnis auf die erste Instanz nicht auswirkte. Der Mangel der fehlenden Vollmacht habe auch nicht nachträglich geheilt werden können. Das wäre möglich gewesen, wenn der anwaltliche Vertreter die Vollmacht nun vorlegt und die bisherige Prozessführung genehmigt hätte. Die Versuche, dem nachzukommen, hätten jedoch in keinem Fall den Formerfordernissen der §§ 80 Satz 1, 130a ZPO genügt.
- Die elektronisch übermittelten Dokumente hätten keine qualifizierte elektronische Signatur nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO aufgewiesen. Daher hätte die Übermittlung den Anforderungen des § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO genügen müssen. Doch es habe keine Signatur der verantwortenden Person in Verbindung mit einem sicheren Übermittlungsweg vorgelegen. Schließlich habe die Signatur auf dem eingereichten Dokument nicht mit dem Inhaber des elektronischen Postfachs übereingestimmt.
- Auch die gescannte Unterschrift auf der Vollmacht habe nicht den Anforderungen an eine einfache Signatur im Sinne von § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO genügt. Der Scan als solcher könne zwar als einfache Signatur anzusehen sein. Dies aber nur, wenn sie einer bestimmten Person zugeordnet werden könne. Hier sei die Unterschrift aber nicht nur unleserlich gewesen, sondern habe auch noch von derjenigen auf der Registeranmeldung erheblich abgewichen.
- Schließlich habe auch die postalisch übermittelte Vollmacht nicht gereicht, weil sie eben kein Original gewesen sei, sondern nur eine Kopie, sodass die Form des § 80 Satz 1 ZPO nicht gewahrt worden sei.