BAG zu Syndikusanwälten

Auch Verbandsvertreter müssen elektronischen Rechtsverkehr nutzen

Werden Syndikusanwältinnen und –anwälte für einen Verband gegenüber einem Gericht tätig, müssen sie den elektronischen Rechtsverkehr nutzen.

12.06.2023Rechtsprechung

Verbandssyndikusrechtsanwältinnen und –anwälte sind berechtigt und verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) aktiv zu nutzen, wenn sie gegenüber einem Gericht tätig werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und damit den Endpunkt in einer Streitfrage gesetzt (Beschl. v. 23.05.2023, Az. 10 AZB 18/22).

Der in diesem Fall tätige Syndikusrechtsanwalt war für den Arbeitgeberverband nach den Bestimmungen des Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) tätig. Er sollte in dieser Funktion für eine Arbeitgeberin Berufung in einer Provisionssache einlegen. Dies tat er auch – jedoch per Fax und später im Original. „Normale“ Anwältinnen und Anwälte waren damals aber schon zur beA-Nutzung für die Kommunikation mit den Gerichten verpflichtet. Auf diesen möglichen Formfehler berief sich die Gegenseite und rügte die Zulässigkeit der Berufung.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) erteilte zunächst den Hinweis, dass umstritten sei, ob diese Nutzungspflicht auch für (Verbands-)syndikusrechtsanwältinnen und –anwälte gelte – es kam aber selbst zu der Auffassung, diese Frage zu bejahen. Es gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. Später verwarf es die Berufung wegen Formunwirksamkeit. Es habe eine aktive Nutzungspflicht des ERV gegolten. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung wurde weder gestellt noch wurden die Prozesshandlungen nachgeholt.

BAG: Auch Syndikusrechtsanwältinnen und –rechtsanwälte müssen ERV nutzen

Das BAG stimmte dem LAG zu: Der Syndikusanwalt hätte die Berufung formgerecht nur im Weg der Nutzung des ERV nach § 46c Abs. 3 und Abs. 4 ArbGG i.V.m. den Bestimmungen der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) einlegen und begründen können. Die Einlegung durch einen im Original und vorab per Telefax übermittelten Schriftsatz genüge hingegen nicht den gesetzlichen Anforderungen der § 64 Abs. 7 i.V.m. §§ 46g, 46c ArbGG.

Die Nutzungspflicht ergebe sich aus § 46g Satz 1 ArbGG. Dieser bestimme, dass Schriftsätze, die durch einen Rechtsanwalt, eine Behörde oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln sind. Der Wortlaut differenziere nicht zwischen Anwälten und Syndikusanwälten. Es komme daher vor allem darauf an, ob die handelnde Person über ein besonderes Postfach (beA, beBPo) verfüge – das könne ein Rechtsanwalt, eine Behörde oder eine Person des öffentlichen Rechts sein.

Außerdem gälten nach § 46c Abs. 1 BRAO für Syndikusanwälte grundsätzlich auch die Vorschriften wie für Anwälte. Daraus folge, dass Syndikusanwälte, die gegenüber einem Gericht tätig würden, zur Nutzung des ERV verpflichtet seien. Dieses Verständnis entspreche auch der Rechtsstellung des Syndikusrechtsanwalts nach der gesetzlichen Neuregelung, der trotz der Anstellung im Unternehmen als Rechtsanwalt gelte.

Auch Sinn und Zweck des § 46g ArbGG spreche für die aktive Nutzungspflicht des ERV. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers solle der ERV für alle Rechtsanwältinnen und -anwälte (und Behörden) zur Kommunikation mit den Gerichten etabliert werden. Dann dürfe nicht eine Minderheit von Syndici weiterhin für den Kostenaufwand von Druck und Scannen sorgen; zumal sie ja ein beA hätten.

Dieser Auffassung stehe auch nicht entgegen, dass die Verbände selbst erst ab 2026 der ERV-Nutzungspflicht unterlägen. Dies gelte eben nicht für Syndikusanwältinnen und –anwälte. Auch die Tatsache, dass die beiden Vorinstanzen noch nicht auf elektronischem Weg mit dem Anwalt und seiner Mandantin korrespondiert hätten, sei nicht relevant. Gem. § 46e Abs. 1a ArbGG, seien Prozessakten verpflichtend ebenfalls erst ab 2026 in elektronischer Form zu führen.

Den anders lautenden Meinungen erteilte das BAG damit eine Absage. Gegen eine aktive Nutzungspflicht des ERV durch Syndikusanwälte war eingewandt worden, die Nutzungspflicht sei auf Fälle der prozessualen Vertretung einer Partei durch den Rechtsanwalt beschränkt. Prozessbevollmächtigter sei in dieser Konstellation aber nur der Verband, der Verbandssyndikusrechtsanwalt hingegen nur dessen Organ. Demgegenüber ist das BAG der Auffassung, aus § 46g Satz 1 ArbGG ergebe sich nicht, dass nur Prozessbevollmächtigte den ERV aktiv nutzen müssen. Dafür, dass es auf die bloße Rechtsstellung ankomme, spreche auch die Nennung von Rechtsanwälten neben Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die beide nicht tatsächlich handeln können, sondern vertreten werden müssten.