DSGVO-Verstoß: Telefónica darf keine Positivdaten an Schufa weitergeben
Die Verbraucherzentrale hatte gegen den Telefonanbieter geklagt, weil er auch normale Vertragsdaten an die Schufa übermittelt. Dies sei DSGVO-widrig.
Das Landgericht (LG) München I hat in einem von der Verbraucherzentrale NRW geführten Verfahren dem Telefonanbieter Telefónica (O2) untersagt, weiterhin sog. Positivdaten an die Schufa zu übermitteln (Urt. v. 25.04.2023, Az. 33 O 5976/22). Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Positivdaten sind an sich neutrale Informationen, die bei jedem Vertragsschluss anfallen - etwa, wann und wie häufig jemand bereits Verträge mit verschiedenen Anbietern abgeschlossen hat und wann die Rechnungen bezahlt wurden. Sie können allerdings negative Rückschlüsse zulassen – z.B., weil jemand häufig die Verträge wechselt. Unternehmen könnten diese Daten nutzen, um “Anbieter-Hopping” zu den günstigsten Konditionen zu verhindern, indem sie solche Verbraucher als nicht vertrauenswürdig einstufen und Verträge mit ihnen verweigern. Auch Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit der Kunden sind möglich.
LG München: Interesse der Kundinnen und Kunden überwiegt
Das LG München I hat nun entschieden, die Übermittlung von Positivdaten ohne Einwilligung der Kundinnen und Kunden verstoße aktuell gegen die DSGVO. Telefónica könne sich nicht auf ein „berechtigtes Interesse“ nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO berufen. Der Schutz der personenbezogenen Daten vor einer anlasslosen und unterschiedslosen Erhebung wiege höher als die Interessen des Anbieters, zitiert die Verbraucherzentrale NRW das Gericht. Die Übermittlung der Daten an die Schufa sei für den Vertragsschluss zudem nicht erforderlich. Dem Anbieter stünden für die Verbraucherinnen und Verbraucher weniger belastende Methoden zur Betrugsprävention offen.
Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung im November 2021 hatten ergeben, dass Deutschlands größte Mobilfunkanbieter Telefónica Germany (O2), Telekom Deutschland und Vodafone über Jahre hinweg Vertragsdaten unzähliger Kunden an Auskunfteien wie die Schufa ungefragt übermittelt hatten. Die Verbraucherzentrale NRW verklagte daraufhin im Juli 2022 - nach erfolgloser Abmahnung - nicht nur Telefónica vor dem LG München I, sondern auch Telekom Deutschland vor dem LG Köln und Vodafone vor dem LG Düsseldorf. Die Klage vor dem LG Köln wurde aus prozessualen Gründen abgewiesen, das Gericht vertrat inhaltlich jedoch dieselbe Ansicht wie nun das LG München I (Urt. v. 25.03.2023, Az. 33 O 5976/22). Das Verfahren am LG Düsseldorf läuft noch. Somit ist das jetzige Urteil das erste in der Sache. „Das ist ein wichtiges Urteil für Millionen vertragstreuer Mobilfunkkund:innen“, sagte Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.
Mit der Einschätzung, die Übermittlung der Daten sei rechtswidrig, sind das LG Köln, das LG München und die Verbraucherschützer nicht allein: Auch die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) haben sich bereits in einem gemeinsamen Beschluss kritisch zur Verarbeitung von Positivdaten durch Mobilfunkanbieter positioniert.