Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen von Verbraucherinnen und Verbrauchern
Die BRAK begrüßt den Referentenentwurf des BMJ Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher, da eine Verbandsklage mit der Möglichkeit einer Leistungsklage grundsätzlich das geeignetere Instrumentarium gegenüber einer „Sammelklage“ durch Inkassodienstleister nach § 2 Abs. 2 RDG ist.
06.03.2023 | Aufgrund der EU-Richtlinie 2020/1828 ist der deutsche Gesetzgeber verpflichtet bis Dezember 2022 eine auf Schadensersatz oder sonstige Abhilfe gerichtete Verbandsklage einzuführen. Das BMJ hat nun Mitte Februar 2023 den entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Im Mittelpunkt steht dabei das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG). Dieses fasst die bisher in der Zivilprozessordnung enthaltenen Regelungen über die Musterfeststellungsklage in der sogenannten Abhilfeklage zusammen. Mittels dieser können Verbraucherinnen und Verbraucher mithilfe bestimmter qualifizierter inländischer Verbraucherverbände ihre Ansprüche einklagen.
Die BRAK begrüßt den Referentenentwurf des BMJ, da eine Verbandsklage für Verbraucherinnen und Verbraucher mit der Möglichkeit einer Leistungsklage grundsätzlich das geeignetere Instrumentarium gegenüber einer „Sammelklage“ durch Inkassodienstleister nach § 2 Abs. 2 RDG ist. Der Gesetzentwurf enthält allerdings einige verbesserungsfähige bzw. ergänzungsfähige Regelungen.
Zunächst fehlt es dem Referentenentwurf an einer klaren Abgrenzung zum Anwendungsbereich des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG). Insbesondere bedarf es einer Konkretisierung dahingehend, ob solche Verfahren nebeneinander stattfinden können. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob bedacht wurde, dass sich auch Verbraucherinnen und Verbraucher teilweise an Musterklagen beteiligen.
Auch § 10 UWG-E löst Bedenken aus. Nach § 10 Abs. 6 UWG-E sollen die Gläubiger vom Bundesamt für Justiz Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen können, die für eine Finanzierung des gerichtlichen Verfahrens durch einen gewerblichen Prozessfinanzierer entstanden sind, wenn das Bundesamt für Justiz vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens die Inanspruchnahme dieser Finanzierung bewilligt hat. Das Bundesamt für Justiz bewilligt die Inanspruchnahme der Finanzierung, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht missbräuchlich ist und die Aufwendungen für den Prozessfinanzierer üblich und angemessen sind.
An dieser Stelle sei vorweg auf das Urteil des Bundesgerichtshofs v. 09.05.2019 (Az. I ZR 205/17) verwiesen, in dem der BGH erneut bekräftigt hat, dass von Verbraucherverbänden geführte Gewinnabschöpfungsklagen, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert werden, dem im Fall des Obsiegens eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG und damit dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB widersprechen und damit unzulässig sind (Fortführung von BGH, Urt. v. 13.09.2018 - I ZR 26/17). Status quo ist damit die Unzulässigkeit gewerblicher Prozessfinanzierung bei Gewinnabschöpfung.
Der Entwurf will demgegenüber die Prozessfinanzierung nach § 10 Abs. 6 UWG-E zulassen. Hier gilt es zu beachten, dass auch der Weg der zulässigen Prozessfinanzierung nicht frei von Missbrauchsmöglichkeiten ist, denkt man allein an die Konstellation, in der ein nicht klagebefugter Mitbewerber die Verbandsklage finanziert. Um diese Gefahren abzufangen, bedarf es einer Offenlegungsverpflichtung des Prozessfinanzierungsunternehmen im Hinblick auf derartige Verbindungen, sowie eines Verbots der Einflussnahme durch den Prozessfinanzierer auf die operative Verfahrensdurchführung. Darüber hinaus regt die BRAK an, sollte die Prozessfinanzierung für zulässig erklärt werden, dem Prozessfinanzierer die Verpflichtung aufzuerlegen, zum einen Nachweis über seine vertraglich zugesprochene Leistungsfähigkeit zu erbringen.