Vorbefasstes Gericht muss Rechtsmittel am selben Tag weiterleiten
Wer ein Rechtsmittel beim zuvor befassten Gericht einlegt, darf zwar grundsätzlich darauf vertrauen, dass dieses den Schriftsatz im normalen Geschäftsgang weiterleitet. Ob das auch für eine Verfassungsbeschwerde gilt, die versehentlich beim BGH eingelegt wurde, lässt das BVerfG offen.
Eine Beschwerdeführerin, die sich gegen einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) mit der Verfassungsbeschwerde wehren wollte, ist vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wegen Fristversäumnis gescheitert. Die Karlsruher Richter gewähren keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Monatsfrist zur Einlegung und Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde (§ 93 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz) endete am 7. März 2019, ihre Begründung der Verfassungsbeschwerde ging aber erst am 18. März beim BVerfG ein.
Vielleicht lag es an der Vorwahl: In der Justizhauptstadt Karlsruhe ging der Schriftsatz der Beschwerdeführerin sehr wohl fristgerecht am Nachmittag des 7. März ein, nur leider beim BGH statt beim BVerfG. Eine klare Verletzung der Sorgfaltspflichten, weil die Beschwerdeführerin das Sendeprotokoll nicht auf die korrekte Empfängernummer hin kontrollierte, befand das BVerfG. Dieses Verschulden wirke sich, so die Karlsruher Richter, auch noch aus, obwohl sie die Begründung fristgerecht beim BGH eingereicht hatte und diese von dort aus nicht weitergeleitet wurde.
Das BVerfG bestätigt zwar die nachwirkende Fürsorgepflicht eines zuvor mit einer Sache befassten Gerichts, zu der es regelmäßig auch gehöre, fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Es bleibt auch dabei, dass die Partei darauf vertrauen darf, dass der Schriftsatz weitergeleitet wird, sondern auch darauf, dass das fristgerecht geschieht, wenn sie diesen so früh an das zuvor befasste Gericht geschickt hat, dass man bei normalem Geschäftsgang die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht ohne weiteres erwarten kann. Allerdings lässt das BVerfG schon offen, ob diese Grundsätze auch dann gelten sollen, wenn bei dem letztinstanzlich entscheidenden Gericht eine Verfassungsbeschwerde eingeht.
Denn, so die Karlsruher Richter, die Begründung ging erst am Nachmittag des letzten Tags der Frist ein. “Selbst bei einer Weiterleitung noch am selben Tag wäre mit einem Eingang beim Bundesverfassungsgericht frühestens am folgenden Tag” und damit nach Fristablauf zu rechnen gewesen, heißt es in dem Beschluss (v. 21.10.2021, Az. 1 BvR 838/19).