Vorzeitiger Ruhestand

AfD-Politiker Jens Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten

Jens Maier, ehemaliger AfD-Abgeordneter, darf aufgrund öffentlicher Aussagen nicht wieder als Richter arbeiten, so das Leipziger Dienstgericht.

05.12.2022Rechtsprechung

Das Dienstgericht für Richter in Leipzig hat entschieden, dass die Versetzung des ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten und Richters Jens Maier in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege zulässig ist (Urt. v. 01.12.2022, Az. 66 DG 2/22). Der mit rechtsextremistischen Aussagen aufgefallene Politiker erhält nun weiterhin seine vollen Bezüge, kann aber – sofern das Urteil rechtskräftig wird – nie wieder als Richter arbeiten.

Hintergrund der Entscheidung waren verschiedene als „rassistisch und menschenverachtend“ bzw. „nicht unparteiisch“ eingestufte öffentliche Aussagen des AfD-Politikers auf Twitter, Facebook oder bei Wahlkampfreden.

Maier wollte zurück in den Richterdienst

Früher hatte Maier als Richter am Landgericht Dresden gearbeitet, bevor er diese Tätigkeit aufgrund seines AfD-Abgeordnetenmandats für den Bundestag zunächst aufgab, von 2017 bis 2021 ruhte sein Richteramt. Bei der Bundestagswahl 2021 gelang ihm der Wiedereinzug in den Bundestag jedoch nicht. Danach beantragte der mittlerweile 60-Jährige seine Rückkehr in die Justiz. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung wies Maier zunächst zum 14. März 2022 dem Amtsgericht Dippoldiswalde als Richter zu, um seinen gesetzlichen Rückkehranspruch aus dem Abgeordnetengesetz zu erfüllen.

Gleichzeitig reichte das Ministerium unter Leitung von Justizministerin Katja Meier (Grüne) aber am 10. Februar 2022 zwei Anträge beim Richterdienstgericht ein: Zunächst einen Antrag nach § 31 Deutsches Richtergesetz (DRiG) zur Versetzung in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege. Danach kann ein Richter auf Lebenszeit in den Ruhestand versetzt werden, wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden.

Zeitgleich stellte das Ministerium einen Antrag nach § 35 DRiG zur vorläufigen Untersagung der Amtsgeschäfte. Bereits mit Beschluss vom 24. März 2022 gab das Gericht diesem Antrag statt und untersagte Maier zunächst vorläufig die Führung der Amtsgeschäfte (Az. 66 DG 1/22). Seitdem darf Maier nicht mehr als Richter tätig sein. Diese Entscheidung gilt zunächst weiter und bis zur Rechtskraft der nun gefallenen Entscheidung in der Hauptsache.

Gericht: Maiers Rechtsprechung wäre nicht mehr glaubwürdig

Hintergrund der nun getroffenen Entscheidung waren insbesondere Aussagen des AfD-Politikers in den sozialen Medien oder auf Wahlkampfreden: So befand es das Dienstgericht als "rassistisch und menschenverachtend", etwa in einem Post dazu aufzurufen, die ZDF-Moderatorin Marietta Slomka zu "entsorgen", auch den Sohn des ehemaligen Tennisspielers Boris Beckers hatte Maier rassistisch beleidigt. Ausschlaggebend für die Entscheidung war aber letztlich vor allem folgender Tweet unter Maiers Namen aus März 2019: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Das Dienstgericht befand, dass diese Nachricht den Eindruck erweckte, Richter wie er selbst würden ihr eigenes Programm verfolgen und nicht mehr verfassungstreu, unparteiisch und ohne Ansehen der Person urteilen. Rechtsschutzsuchende seien dem ausgeliefert. Aus all den Äußerungen ergebe sich, dass Maier eine nicht für das Richteramt geeignete Person sei.

Das Gericht war deshalb der Überzeugung, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person des Richters in diesem Fall in so hohem Maße Schaden genommen habe, dass seine Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheine. Würde er weiterhin als Richter im Amt bleiben, wäre das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige und unvoreingenommene Rechtspflege beseitigt oder gemindert. Die Versetzung in den Ruhestand sei demzufolge zwingend geboten und auch verhältnismäßig.

„Juristisches Neuland“

Mit der Auslegung des § 31 DRiG sei „juristisches Neuland“ betreten worden, so Justizministerin Meier. Tatsächlich war das Verhältnis der Regelungen für die Richterinnen und Richter einerseits zu den Rechten von Abgeordneten und deren Rechtsposition im Bundestag andererseits ungeklärt.

Nun entschied das Dienstgericht: Wenn ein Richter ein Mandat erringe, ruhe das Dienstverhältnis zwar. Allerdings habe er sich dennoch weiterhin so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Richter nicht gefährdet werde. Daraus folge, dass eine Mandatszeit die Anwendung des § 31 DRiG nicht sperre.

Wegen der Indemnität von Abgeordneten dürften allerdings nur solche Äußerungen berücksichtigt werden, die der Richter außerhalb des Bundestages getätigt habe. Die Reden im Bundestag sind laut Grundgesetz geschützt und dürften deshalb nicht zu Sanktionen führen.

Deshalb darf die Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann, die ebenfalls von 2017 bis 2019 für die AfD im Bundestag saß, laut Verwaltungsgericht Berlin ihre richterliche Tätigkeit auch weiterhin ausüben darf (Beschl. v. 24.03.2022, Az. 66 DG 1/22). In ihrem Fall ließ sich eine voreingenommene Gesinnung nicht ausreichend mit Äußerungen außerhalb des Bundestages belegen. Im Fall von Jens Maier war das nun anders.

Maier behält seine Dienstbezüge, will aber Revision einlegen

Die Vorschrift des § 31 DRiG hat keinen Sanktionscharakter, sondern soll lediglich Gefahren für die Rechtspflege abwehren. Maier muss also wegen der Versetzung in den Ruhestand keine Kürzungen seiner Bezüge in Kauf nehmen. Allerdings läuft am Landgericht Dresden, Maiers ehemaligem Gericht, aktuell noch ein Disziplinarverfahren, in dem er seine Dienstbezüge dennoch verlieren könnte.

Das Urteil des Dienstgerichts ist nicht rechtskräftig, den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Revision zum Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof zu. Maiers Anwalt hat bereits angekündigt, diese Möglichkeit in Anspruch nehmen zu wollen.

Maier wird aktuell auch vom Verfassungsschutz Sachsen als Rechtsextremist eingestuft, klagt jedoch dagegen vor dem Verwaltungsgericht Dresden. Die aktuelle Entscheidung fiel jedoch unabhängig von diesem Verfahren.