Büro Brüssel

Ausgabe 4/2003                                                                                                                  26.02.2003

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetz

 

Strafrecht

- EU-weite Verfahrensgarantien in Strafverfahren

- EuGH-Urteil: Verbot der Doppelbestrafung

 

Sonstiges

- Referentenentwurf zur Änderung des EuRAG

- EU-Krankenversicherungskarte ab 1. Juni 2004

- Websites der europäischen Institutionen


 

Zivilrecht

 

EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetz

Das BMJ hat Mitte Februar einen Referentenentwurf zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen vorgelegt. Hintergrund ist die Verordnung (EG) Nr. 1206/ 2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen, die ab dem 01.01.2004 gelten wird. Die Verordnung soll Beweisaufnahmen in grenzüberschreitenden Streitigkeiten weiter verbessern und vereinfachen. Obwohl das Rechtsinstrument der Verordnung unmittelbar in den Mitgliedstaaten gültig ist, müssen bestimmte Zuständigkeitsregelungen und Modalitäten national geregelt werden. Deswegen ist das Durchführungsgesetz notwendig. Der Referentenentwurf führt ein Elftes Buch in die ZPO ein, das diese dem europäischen Gemeinschaftsrecht über die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen öffnet. Gleichzeitig wird das Zustellungsdurchführungsgesetz zur Verordnung (EG) 1348/2000 aufgehoben und inhaltlich in die ZPO überführt. Der Entwurf regelt die Beweisaufnahme durch deutsche Gerichte in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Zuständigkeit deutscher Stellen als ersuchendes und ersuchtes Gericht. Außerdem sind Vereinfachungen der Regeln über den dinglichen Arrest im Ausland vorgesehen. Mit dem Inkrafttreten des Durchführungsgesetzes ist noch in diesem Jahr zu rechnen.

 

Verordnung (EG) 1206/ 2001 des Rates („Beweisaufnahmeverordnung“):

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2001/l_174/l_17420010627de00010024.pdf

 

Weitere Informationen zur VO (EG) 1206/ 2001 des Rates:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=32001R1206&model=guicheti

 

Verordnung (EG) 1348/ 2000 des Rates („Zustellungsverordnung“):

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2000/l_160/l_16020000630de00370052.pdf

 

Weitere Informationen zur VO (EG) 1348/ 2000 des Rates: Handbuch der Empfangsstellen

a. Inhaltsverzeichnis:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/fsj/civil/documents/doc/table_mat_4_de.pdf

b. Manual:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/fsj/civil/documents/doc/manuel_final_7.pdf

 


 

Strafrecht

 

EU-weite Verfahrensgarantien in Strafverfahren

Die Kommission hat am 19.02.2003 im Rahmen der Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtsraums ein "Grünbuch über Verfahrensgarantien in Strafverfahren innerhalb der EU" vorgelegt, das auf den Ergebnissen des vorausgegangenen Konsultationspapiers beruht. Darin sollen gemeinsame Mindestverfahrensgarantien festgelegt werden, um einen einheitlichen Schutz der Rechte einzelner innerhalb der Union zu erzielen und das Vertrauen der einzelstaatlichen Justizbehörden in das Rechtssystem anderer Mitgliedstaaten bei der gegenseitigen Anerkennung zu stärken. Erste Maßnahmen werden in den folgenden Bereichen vorgeschlagen: Vertretung durch einen Rechtsbeistand vor und im Hauptverfahren, Inanspruchnahme eines Dolmetschers, angemessener Schutz für besonders schutzbedürftige Personen, konsularischer Beistand für in Haft befindliche ausländische Staatsangehörige und Information der Tatverdächtigen und Beschuldigten über ihre Rechte ("Letter of Rights"). Es sollen keine neuen Rechte geschaffen, sondern eine Art "europäischer Benchmark" angestrebt werden, mit der die praktische Anwendung bestehender Rechte erleichtert, optimiert und sichtbarer gemacht wird. Ausgangspunkt für das Grünbuch war die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), ergänzt durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Antworten auf die im Grünbuch gestellten Fragen können bis zum 15.05.2003 eingereicht werden. Ausschlaggebend für den Inhalt des vor Ende 2003 vorzulegenden Rahmenbeschlusses werden insbesondere die Antworten von Strafverteidigern sein, die mit praktischen Problemen in Bezug auf die Einhaltung der EMRK konfrontiert sind.

 

Das Grünbuch finden Sie unter (bislang nur englische und französische Version):

http://europa.eu.int/comm/justice_home/doc_centre/criminal/recognition/docs/gp_proc_safeguards_en.pdf

 

Weitere Informationen erhalten Sie unter (englisch):

http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/green_paper_procedural_safeguards.htm

 

Link zur deutschsprachigen Pressemitteilung:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/03/245|0|RAPID&lg=DE&display=

 

Die Stellungnahme der BRAK zu dem dem Grünbuch vorausgegangenen Konsultationspapier:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/Stllgn.pdf

 

 

EuGH-Urteil: Verbot der Doppelbestrafung

Der Gerichtshof hatte zu prüfen, ob das in Artikel 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens aufgestellte Verbot der Doppelbestrafung, wonach niemand in einem Mitgliedstaat wegen derselben Tat verfolgt werden darf, derentwegen er in einem anderen Mitgliedstaat bereits rechtskräftig abgeurteilt worden ist, auch für ein zum Strafklageverbrauch führendes Verfahren gilt, in dem die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung gegen einen Beschuldigten beendet, nachdem dieser bestimmte, von der Staatsanwaltschaft ohne Mitwirkung eines Gerichts festgelegte Auflagen erfüllt hat. Der EuGH entschied, dass der Beschuldigte als hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Tat "rechtskräftig abgeurteilt" anzusehen sei, selbst wenn in dem Verfahren kein Gericht tätig geworden und die Entscheidung nicht in Form eines Urteils ergangen sei. Das Verbot der Doppelbestrafung setze weder die Harmonisierung noch die Angleichung des Strafrechts der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der zum Strafklageverbrauch führenden Verfahren voraus. Es impliziere zwingend, dass jeder Mitgliedstaat die Anwendung des in den anderen Mitgliedstaaten geltenden Strafrechts akzeptiere, auch wenn die Anwendung seines eigenen nationalen Rechts zu einem anderen Ergebnis führen würde. Das Verbot der Doppelbestrafung hindere jedoch die geschädigte Person nicht, eine zivilrechtliche Klage auf Ersatz des erlittenen Schadens zu erheben.

 

Der vollständige Wortlaut des Urteils ist zu lesen unter:

http://curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&Submit=Suchen&docrequire=alldocs&numaff=C-385%2F01&datefs=2003-02-01&datefe=2003-03-25&nomusuel=&domaine=&mots=Verbot+der+Doppelbestrafung&resmax=100


Der Link zur Pressemitteilung des EuGH:

http://curia.eu.int/de/actu/communiques/index.htm

 

Sonstiges

 

Referentenentwurf zur Änderung des EuRAG

Das BMJ hat zwischenzeitlich einen Referentenentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) vorgelegt. Zum einen wird im Referentenentwurf das Freizügigkeitsabkommen vom 01.06.2002 zwischen der Europäischen Union und der Schweizer Eidgenossenschaft umgesetzt. Es wird nunmehr vorgesehen, dass der persönliche Anwendungsbereich des EuRAG auf Schweizer Rechtsanwälte erweitert wird. Für sie gilt wie auch für „europäische“ Rechtsanwälte die Möglichkeit der Niederlassung (Teil 2 EuRAG), der Eingliederung (Teil 3 EuRAG), der Eignungsprüfung (Teil 4 EuRAG) oder der vorübergehenden Dienstleistung (Teil 5 EuRAG). Ebenso sieht der Referentenentwurf eine Änderung der Verordnung über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vor. Diese Änderung wird bedingt durch die Umsetzung der Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 zur Änderung der Richtlinien 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise. Aufgrund der Richtlinie 89/48/EWG kann ein in einem Mitgliedstaat vollqualifizierter Rechtsanwalt in einem anderem Mitgliedstaat die Anerkennung seines Diploms beantragen, um sich dort in die Rechtsanwaltschaft zu integrieren und seinen Beruf auszuüben. In §§ 16ff. EuRAG ist für Deutschland eine Eignungsprüfung vorgeschrieben. Bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, dass der Bewerber bereits über eine Qualifikation als Anwalt verfügt. Unter Berücksichtigung der Auslegung des Artikels 43 EG-Vertrag durch den EuGH muss der Aufnahmemitgliedstaat prüfen, ob neben dem Diplom des Herkunftslandes auch praktische Erfahrungen geeignet sind, wesentliche Unterschiede hinsichtlich der im Aufnahmemitgliedstaat vorgeschriebenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu kompensieren. Daher muss die Eignungsprüfung ganz oder teilweise entfallen, wenn ein Antragsteller während seiner Berufserfahrung Kenntnisse erworben hat, die für die Berufsausübung in Deutschland erforderlich sind.

 

Die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union:

http://www.europa.admin.ch/ba/off/abkommen/d/index.htm

 

Das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG; Stand: 09.03.2000):

http://www.brak.de/seiten/pdf/EuRAG.pdf

 

Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.05.2001 zur Änderung der Richtlinie 89/48/EWG u.a.:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2001/l_206/l_20620010731de00010050.pdf

 

Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21.12.1988:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=31989L0048&model=guichett

 

EU-Krankenversicherungskarte ab 1. Juni 2004

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 19.02.2003 den 01.04.2004 als Einführungszeitpunkt der gemeinsamen europäischen Krankenversicherungskarte vorgeschlagen, mit der ein weiterer Beitrag zur Vereinfachung von Mobilität innerhalb der EU geleistet werden soll. Die einheitliche, personenbezogene Karte soll alle derzeitigen Papiervordrucke (E 111, E 110, E 128, E 119) ersetzen, die bei einem vorübergehenden Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat dann benötigt werden, falls der EU-Bürger krank wird und medizinisch notwendige Sachleistungen in Anspruch nehmen muss. Die neue Karte soll das Leben der EU-Bürger, der Sachleistungserbringer (Ärzte, Krankenhäuser) und der Sozialversicherungsträger erleichtern, jedoch alle Rechte und Pflichten unverändert lassen. Ebenso soll die Unabhängigkeit der nationalen Systeme der Gesundheitsdienste und der Sozialversicherung nicht berührt werden. Die Einführung soll in drei Phasen erfolgen: die erste Phase befasst sich mit der rechtlichen und technischen Vorbereitung der Versicherungskarte (2003), in der die Mitgliedstaaten sowie die betroffenen Kreise angehört werden. In der zweiten Phase wird die Karte eingeführt, die schrittweise die Vordrucke ersetzt, beginnend mit dem Vordruck E 111. Dies muss in allen Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2005 umgesetzt sein. In der dritten Phase werden die Vordrucke dann auf Chipkarten übertragen. Die Maßnahme ist Teil der Verordnung 1408/71 (Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige innerhalb der EU), die derzeit ebenfalls überarbeitet und vereinfacht wird.




Mitteilung der Kommission zur Europäischen Krankenversicherungskarte:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/cnc/2003/com2003_0073de01.pdf

 

Weitere Informationen finden Sie unter:

http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.getfile=gf&doc=IP/03/271|0|RAPID&lg=DE&type=PDF

 

Websites der europäischen Institutionen

Hier finden Sie eine aktualisierte Seite des Europäischen Parlaments mit Links zu den Institutionen und nützlichen Adressen:

http://www.europarl.eu.int/addresses/institutions/websites.htm

 

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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