Büro Brüssel
Ausgabe 6/2003 26.03.2003
Themen in dieser Ausgabe: -
Insolvenzrecht -
Neue Webseite Justizielles Netzwerk - Europäische
Staatsanwaltschaft unumgänglich |
-
Vertragsverletzungsverfahren wegen VW-Gesetz - Europäische Konferenz der BRAK - Anerkennung von Berufsqualifikationen |
Zivilrecht
|
Zum
20.03.2003 ist das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts
in Kraft getreten. Das Gesetz setzt die Richtlinie 2001/17/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von
Versicherungsunternehmen und die Richtlinie 2001/24/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von
Kreditinstituten um. Es enthält außerdem Durchführungsbestimmungen zur
Verordnung (EG) Nr. 1446/2000 des Rates über Insolvenzverfahren. Die jetzt
vorliegende Fassung enthält Vorgaben hinsichtlich des gesamten Vermögens des
Schuldners im In- und Ausland. Grundsätzlich ist das Recht des Staates
anwendbar, in dem das Verfahren eröffnet wurde.
Die
BMJ-Pressemitteilung finden Sie hier:
Das
Gesetz ist abzurufen unter:
http://www.bmj.bund.de/images/11578.pdf
Richtlinie
2001/17/EG vom 19.03.2001 (Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen):
Verordnung
(EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.05.2000 (Insolvenzverfahren):
Neue
Webseite Justizielles Netzwerk
Die
Internetseite zum Justiziellen Netzwerk ist jetzt freigeschaltet (vgl.
Nachrichten aus Brüssel Nr. 1). Auf dieser Seite bietet die Europäische
Kommission Informationen über die Zivilgerichtsbarkeit und die Verfahrensrechte
der einzelnen Mitgliedstaaten sowie über europarechtliche Fragen an. Zum ersten
Mal haben die Nutzer die Möglichkeit, über alle in der EU existierenden
Rechtssysteme in den offiziellen Sprachen schnellen Zugriff auf Wissenswertes
zu erhalten. Es wird z.B. beschrieben, wie eine Klage zu erheben ist, unter
welchen Voraussetzungen Prozesskostenhilfe beantragt werden kann und wie ein
Urteil zu vollstrecken ist.
Die
deutsche Seite des Netzwerkes finden Sie unter:
http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/index_de.htm
Strafrecht
|
Europäische
Staatsanwaltschaft unumgänglich
Die
Europäische Kommission hat am 19.03.2003 einen Bericht zu der 2002
durchgeführten öffentlichen Konsultation über das Grünbuch zur Schaffung einer
Europäischen Staatsanwaltschaft zum Schutz der finanziellen Interessen der EU
angenommen. Insgesamt ist eine wachsende Unterstützung des Vorschlags zu
verzeichnen. Die Europäische Staatsanwaltschaft wäre danach eine unabhängige
Justizbehörde mit dem Auftrag, bei Delikten zum Nachteil der finanziellen
Interessen der Gemeinschaften europaweit zu ermitteln, die Strafverfolgung zu
leiten und vor den zuständigen nationalen Gerichten Anklage zu erheben. Dabei
hätte sie eine gegenüber den nationalen Strafverfolgungsbehörden vorrangige
Zuständigkeit. Eurojust und die Europäische Staatsanwaltschaft würden einander
ergänzen: letztere würde die Leitung der Strafverfolgung auf einem spezifisch
gemeinschaftlichen, aber begrenzten Gebiet zentralisieren; Eurojust hingegen
würde mit den klassischen Mitteln der Zusammenarbeit in einem weiter gefassten
Bereich der schweren Kriminalität arbeiten. Da nicht die Schaffung eines neues
EU-Organs geplant ist, bliebe die Urteilsfindung den nationalen Gerichten
vorbehalten. Weitere Fragen betreffen die Beweisführung und die
Verteidigungsrechte. All diese Aspekte sollen noch in diesem Jahr in enger
Verbindung mit den im Bereich Justiz und Inneres laufenden Arbeiten geprüft
werden. Die Kommission fordert außerdem den Konvent auf, das Amt des
Europäischen Staatsanwalts im neuen Verfassungsvertrag zu verankern.
Nähere Informationen über das
Grünbuch finden Sie im Internet unter:
http://europa.eu.int/comm/anti_fraud/green_paper/index_de.html
Link zur Pressemitteilung
der Kommission:
Stellungnahme der BRAK zum
Grünbuch zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft:
http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/StellungnahmeEuropaeischerStaatsanwalt.pdf
Zur entsprechenden Debatte
im Europäischen Parlament finden Sie Hinweise unter:
http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?PUBREF=-//EP//TEXT+PRESS+BR-20030326-B+0+DOC+XML+V0//DE&L=DE&LEVEL=2&NAV=X&LSTDOC=N#SECTION11
Weitere Informationen können
Sie auch der letzten Ausgabe der Nachrichten aus Brüssel entnehmen:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten5aus2003.htm
Wirtschaftsrecht
|
Vertragsverletzungsverfahren
wegen VW-Gesetz
Die
Europäische Kommission hat am 19.03.2003 ein Vertragsverletzungsverfahrens nach
Art. 226 EG gegen Deutschland eingeleitet. Die Kommission befürchtet, dass
einige Bestimmungen des 1960 erlassenen und später mehrfach geänderten
Volkswagengesetzes (VW-Gesetz) Investoren aus anderen EU-Mitgliedstaaten
abschrecken und damit gegen die Vorschriften des EG-Vertrags über den freien
Kapitalverkehr (Art. 56) und die Niederlassungsfreiheit (Art. 43) verstoßen
könnten. Dabei handelt es sich insbesondere um die Beschränkung,
dass ein Aktionär, der mehr als 20% der stimmberechtigten Aktien hält,
höchstens für 20% der Stimmen das Stimmrecht ausüben darf, was dem größten
Einzelaktionär, dem Land Niedersachsen mit einer Beteiligung von derzeit 20%,
de facto ein Vetorecht einräumt, oder das Recht des Staates zur Ernennung von
Verwaltungsratsmitgliedern im Aufsichtsrat des Unternehmens. Sollte die
Bundesrepublik nicht binnen zwei Monaten die Bedenken der Kommission ausräumen,
kann diese in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme die deutsche Regierung
auffordern, das betreffende Gesetz zu ändern.
Folgende
Urteile des EuGH sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung:
Kommission/Italien,
Rs. C-58/99: http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=61999J0058&model=guichett
Kommission/Frankreich,
Rs. C-483/99:
http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=61999J0483&model=guichett
Kommission/Belgien,
Rs. C-503/99:
Kommission/Portugal,
Rs. C-367/98:
"Überseering",
Rs. C - 208/00:
http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=62000J0208&model=guichett
Link
zur Pressemitteilung der Kommission:
Neueste
allgemeine Informationen zu Vertragsverletzungsverfahren betreffend sämtliche
Mitgliedstaaten sind hier erhältlich (englisch):
http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgb/droit_com/index_en.htm
Sonstiges
|
Europäische
Konferenz der BRAK
Vom 20.03. bis 22.03.2003
fand die vierte Europäische Konferenz der BRAK in Berlin statt (vgl.
Nachrichten aus Brüssel Nr. 5). Thema der Konferenz waren die Auswirkungen der
Kartellrechtsprechung des EuGH, insbesondere der Urteile vom 19.02.2002
(Wouters und Arduino) auf das nationale Berufsrecht. Auf der Konferenz nahm
Wettbewerbskommissar Monti erstmalig Stellung zu den Ergebnissen des Institutes
für Höhere Studien in Wien. Einerseits betonte er, dass weniger Regulierung der
Freien Berufe dem Verbraucher nutze, andererseits erkannte er ausdrücklich an,
dass bestimmte Regeln für die Funktion eines Freien Berufes existentiell sind und
deshalb nicht untersagt werden sollen - obwohl der Tatbestand des Art.81 I EG
an sich erfüllt sein könnte. An der Tagung nahmen neben der
Bundesjustizministerin und dem BGH-Präsidenten die europäischen und nationalen
Rechtsanwaltskammerpräsidenten teil.
Pressemitteilung
der BRAK:
http://www.brak.de/seiten/04_03_07.php
Rede von
Wettbewerbskommissar Monti (englisch): http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/text/sp2003_007_en.pdf
http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?reslist
Zusammenfassung
der Ergebnisse des Instituts für Höhere Studien in Wien (deutsch):
http://europa.eu.int/comm/competition/publications/prof_services/executive_de.pdf
Anerkennung von Berufsqualifikationen
In dem
Vorabentscheidungsverfahren der französischen Klägerin des Ausgangsverfahrens
Morgenbesser vor dem EuGH hat die Generalanwältin Stix-Hackl am 20.03.2003 ihre
Schlussanträge vorgelegt. In dem Verfahren geht es um die Frage der Anerkennung
eines in Frankreich erworbenen Studienabschlusses zur Eintragung in das
Berufsregister der Rechtsanwaltsanwärter in Italien, ohne dass die praktische
Ausbildungszeit in Frankreich absolviert worden ist. Zentrale Rolle hierfür
spielt die Auslegung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, die
Diplomanerkennungsrichtlinie (89/48/EWG) und die Niederlassungsrichtlinie für
Rechtsanwälte (98/5/EG). Die an dem Verfahren beteiligte Europäische Kommission
will trotz der Nichtanwendbarkeit der Richtlinien 89/48/EWG und 98/5/EG die
allgemeinen Auslegungsgrundsätze zu Art. 43 EG berücksichigen, die in den
Urteilen Vlassopoulou und Gebhard entwickelt wurden. Nach der Generalanwältin
gilt die Richtlinie 98/05/EG nicht für Personen, die sich erst in der
Ausbildung befinden. Die Auslegung des Art. 1 der Richtlinie 89/48/EWG ergebe,
dass die Tätigkeit italienischer Rechtsanwaltsanwärter nicht als
reglementierter Beruf zu werten sei. Art. 43 EG sei dahin auszulegen, dass die
Behörden des Aufnahmestaates sämtliche Befähigungsnachweise und Erfahrungen des
Betroffenen im Herkunftsstaat, insbesondere hinsichtlich Dauer und Inhalt der
Ausbildung, mit denen im Aufnahmestaat vorgeschriebenen Kenntnissen und
Fähigkeiten vergleichen, also eine materielle
Prüfung vornehmen müssten. Eine automatische Anerkennung der Diplome
scheide aus. Mit dem Urteil des EuGH ist erst in einigen Monaten zu rechnen.
Die
Schlussanträge der Generalanwältin finden Sie unter:
Das
Vlassopoulou-Urteil vom 07.05.1991 (C-340/89, Slg. 1991, I-2357) finden Sie
unter:
http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc=61989J0340&model=guichett
Das
Gebhard-Urteil vom 30.11.1995 (C - 55/94, Slg. 1995, I-4165) ist zu lesen
unter:
Eine
Übersicht über die aktuellsten Schlussanträge vor dem EuGH:
http://curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&Submit=Suchen&docrequire=opinions&numaff=&datefs=&datefe=&nomusuel=&domaine=&mots=&resmax=100
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M.. |
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