Büro Brüssel
Ausgabe
21/2003 12.11.2003
Themen
in dieser Ausgabe: -
Europäisches Mahnverfahren - EP: Gemeinsame
Mindestnormen in Strafverfahren |
- Kommission gegen belgische Mindesthonorare - Erweiterung - Deutscher Richter am EuGH |
Zivilrecht
|
Wie bereits in den letzten
Nachrichten aus Brüssel (NaB 20 v. 29.10.2003) angekündigt, hat die Europäische
Kommission den Termin zur offiziellen Anhörung bestimmt auf den 12.12.2003. Zum
Hintergrund: Am 20.12.2002 hatte die Europäische Kommission ein Grünbuch über
ein Europäisches Mahnverfahren vorgelegt. Das Europäische Mahnverfahren ist
Teil eines zweistufigen Modells der Kommission, wobei zur ersten Stufe die
Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels und zur zweiten Stufe das
Europäische Mahnverfahren gehört. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat eine
ausführliche Stellungnahme zum Vorhaben der Kommission abgegeben und hat am 26.
Juni 2003 an der öffentlichen Anhörung teilgenommen. Nunmehr liegen die ersten
Ergebnisse des Konsultationsverfahrens vor. Aus den etwa 60 Eingaben zum
Grünbuch ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten ein Europäisches Mahnverfahren
für rein nationale Sachverhalte überwiegend ablehnen und die Anwendbarkeit auf
grenzüberschreitende Fälle beschränken wollen, während Vertreter insbesondere
der Wirtschaft das Mahnverfahren auch im Hinblick auf interne Sachverhalte
anwenden möchten. In ihrer Stellungnahme betont die Bundesrechtsanwaltskammer,
dass sich das deutsche Mahnverfahren besonders bewährt habe und insoweit ein
europäisches Mahnverfahren zunächst nur auf grenzüberschreitende Fälle
Anwendung finden solle. Bei der Frage, ob eine Verordnung oder eine Richtlinie
das geeignete Rechtsinstrument sei, das Mahnverfahren zu etablieren, spricht
sich die Mehrheit der Konsultierten für die Einführung des Mahnverfahrens in
Form einer Richtlinie aus. Dies entspricht auch der Forderung der
Bundesrechtsanwaltskammer.
Das Grünbuch über das Europäische
Mahnverfahren kann hier abgerufen werden:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/gpr/2002/com2002_0746de01.pdf
Erster Bericht in Nachrichten aus
Brüssel Ausgabe 1/ 2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten1aus2003.htm#_Toc26763711
Zweiter Bericht in Nachrichten aus
Brüssel Ausgabe 9/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten%209%20aus%202003.htm#_Toc26763711
Dritter Bericht in Nachrichten aus
Brüssel Ausgabe 20/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten20aus2003.htm#_Toc26763711
Die BRAK- Stellungnahme finden Sie
hier:
http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/GBMahnverf.pdf
Das aktuelle Diskussionspapier der
Europäischen Kommission:
http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/consulting_public/28112003/discussion_paper_en.pdf
Strafrecht
|
EP:
Gemeinsame Mindestnormen in Strafverfahren
Das Europäische Parlament hat in einer
Empfehlung am 06.11.2003 das Vorhaben der Europäischen Kommission unterstützt,
demnächst einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über gemeinsame Mindestnormen
für das Verfahrensrecht in Strafverfahren vorzulegen. Die Abgeordneten fordern
darin, dass der Beschluss eine Klausel enthalten muss, die eine Absenkung des
derzeitigen Schutzniveaus untersagt, damit strengere einzelstaatliche
Vorschriften nicht umgangen werden können. Für Beschuldigte in Strafverfahren
der EU soll u. a. das Recht sichergestellt werden auf - bei Bedarf
unentgeltlichen - rechtlichen Beistand oder Vertretung durch einen
Rechtsanwalt/Prozessvertreter ab dem Zeitpunkt der Festnahme bzw. förmlichen
Beschuldigung sowie auf unentgeltliche Verdolmetschung und Übersetzung der
Dokumente, auf konsularischen Beistand, den Schutz besonders schutzbedürftiger
Personengruppen sowie das Recht auf einen sogenannten "Letter of
Rights" (Informationsblatt), der den Beschuldigten in einer verständlichen
Sprache schon bei dem ersten Kontakt mit einem Vertreter der Strafverfolgungsbehörde
Informationen über seine Grundrechte geben soll. Des Weiteren fordern die
Abgeordneten einen Vorschlag, der Normen für Ermittlungsmethoden,
Haftbedingungen und die Dauer der Untersuchungshaft, Verfügungen vor dem
Verfahren, Zulässigkeit und Würdigung von Beweisen und das Recht auf Freilassung
gegen Kaution beinhaltet. Auch sollen demnächst gemeinsame Mindestnormen zur
Gewährleistung der Rechte von Häftlingen angenommen werden. Schließlich sollen
Rat und Kommission Initiativen ergreifen, um das Problem übermäßig langer
Gerichtsverfahren zu lösen.
Die vom Europäischen Parlament
angenommene Empfehlung ist abrufbar unter:
http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0031106DE.pdf&LANGUE=DE
Presseinformationen des Parlaments:
http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?PUBREF=-//EP//TEXT+PRESS+TW-20031106-B+0+DOC+XML+V0//DE&L=DE&LEVEL=2&NAV=X&LSTDOC=N#SECTION9
Grünbuch der Kommission zu den
Verfahrensgarantien in Strafverfahren innerhalb der EU:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0075de01.pdf
Stellungnahme der
Bundesrechtsanwaltskammer zum Grünbuch der Europäischen Kommission:
http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/GBStrauda.pdf
Vorangegangene Informationen zum
Grünbuch in der Ausgabe 4/2003 der Nachrichten aus Brüssel:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten4aus2003.htm
Wirtschaftsrecht
|
Die
Europäische Kommission hat am 05.11.2003 die Belgische Architektenkammer
vorläufig darauf hingewiesen, dass ihre Honorarordnung mit empfohlenen
Mindestsätzen gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen könnte. Laut der
Kommission könne ein Verstoß gegen Artikel 81 EG insofern vorliegen, als
vorgegebene Mindesthonorarsätze einen effizienten Preiswettbewerb verhindern
und weniger effiziente Wettbewerber schützen würden. Die Honorarordnung der
Belgischen Architektenkammer ist 1967 als "standesrechtliche
Vorschrift" erlassen worden und wurde zu keiner Zeit vom belgischen Staat
förmlich genehmigt, im Gegensatz zur BRAGO, bei der es sich um ein förmliches
Bundesgesetz handelt.
Die
Tatsache, dass sich die Kommission mit dem Fall der belgischen Architekten
befasst, kann als Signal dafür verstanden werden, dass ähnliche Regeln in
anderen Ländern ebenfalls überprüft werden. In seiner Rede anlässlich der
Konferenz über freie Berufe vom 28.10.2003 forderte Wettbewerbskommissar Monti
die Berufsverbände auf, ihre Regeln zu überprüfen. Die Belgische
Architektenkammer verfügt nun über eine Frist von zwei Monaten, um zu den
Einwänden der Kommission Stellung zu nehmen.
Presseinformation der Europäischen
Kommission:
Weitere
Informationen der Kommission über die Konferenz zu den Freien Berufen am
28.10.2003:
http://europa.eu.int/comm/competition/liberalization/conference/libprofconference.htm
Sonstiges
|
Erweiterung
a) Fortschrittsbericht
der Europäischen Kommission
In
sechs Monaten wird mit dem Beitritt der Tschechischen Republik, Estlands,
Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der
Slowakei am 1.Mai 2004 die Zahl der Mitglieder der Europäischen Union von 15
auf 25 erhöht. Daneben laufen die Verhandlungen mit Bulgarien und Rumänien, die
2007 beitreten sollen; ebenso wird die Heranführungsstrategie für die Türkei
verstärkt. Der Fortschrittsbericht beschäftigt sich im Einzelnen mit den
Fortschritten Bulgariens, Rumäniens und der Türkei. Das Papier nimmt Stellung
zu den politischen und wirtschaftlichen Beitrittskriterien sowie zur Angleichung
an den Besitzstand. Aus dem Bericht ergibt sich, dass Bulgarien und Rumänien
bedeutende Fortschritte im Hinblick auf die Beitrittskriterien erzielt haben,
wobei Bulgarien gegenüber Rumänien einen bedeutenden Vorsprung an schon
abgeschlossenen Beitrittskapiteln innehat. Auch wenn die Türkei Fortschritte
erzielt hat, sind insbesondere im Bereich zur Steigerung der Effizienz und
Unabhängigkeit im Justizwesen mehr Anstrengungen nötig.
Das Strategiepapier der
Europäischen Kommission:
http://europa.eu.int/comm/enlargement/report_2003/pdf/strategy_paper2003_full_de.pdf
Der Beitrittsvertrag:
http://europa.eu.int/comm/enlargement/negotiations/treaty_of_accession_2003/
Erster Bericht über die
Beitrittskandidatenländer in Nachrichten aus Brüssel 7/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten7aus2003.htm#_Toc26763714
Zweiter Bericht über die
Beitrittskandidatenländer in Nachrichten aus Brüssel 8/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten8aus2003.htm#_Toc26763714
Dritter Bericht über die
Beitrittskandidatenländer in Nachrichten aus Brüssel 15/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten15aus2003.htm#_Toc26763714
Vierter Bericht über die
Beitrittskandidatenländer in Nachrichten aus Brüssel 17/2003:
http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten17aus2003.htm#_Toc26763714
b) Jahrbuch der
Kandidatenländer
Das
Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) veröffentlichte ein
neues Jahrbuch über die Kandidatenländer. Daraus ergibt sich z.B., dass der
Anteil der Bevölkerung mit Abschluss der Sekundarstufe 2 in den
Kandidatenländern über dem EU-Durchschnitt liegt. Der Teil der Rentenausgaben
im BIP liegt nur in Polen und Slowenien über dem EU-Niveau. Während die
höchsten Heiratsquoten in Zypern anzusiedeln sind, findet man die höchsten
Scheidungsquoten in Estland und Litauen.
Die Pressemitteilung finden
Sie hier: http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=STAT/03/128|0|RAPID&lg=DE
Weitere Informationen zu den
Daten erhalten Sie hier:
http://europa.eu.int/comm/eurostat/
Deutscher
Richter am EuGH
Der deutsche Richter Konrad Schiemann
ist von den Regierungen der Mitgliedstaaten für die Zeit vom 01.01.2004 bis
06.10.2006 zum Richter beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ernannt
worden. Er ersetzt den ausscheidenden Richter David Edward für die Dauer von
dessen verbleibender Amtszeit.
Der entsprechende Beschluss der
Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten ist zu lesen unter:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2003/l_285/l_28520031101de00420042.pdf
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M.. |
Der
Newsletter ist im Internet unter www.BRAK.de
abrufbar und kann auch dort be- oder abbestellt werden.
Wenn
Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie
bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.be.