Büro Brüssel

Ausgabe 3/2004                                                                                                                  11.02.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Schaffung eines Gemeinschaftspatentgerichts

- Haager Konferenz zur Gerichtsstandsvereinbarung

 

Strafrecht

- Nichtumsetzung der Geldwäscherichtlinie

 

 

 

Wirtschaftsrecht

- Wettbewerb der Freien Berufe

- Weitere Entschließung des EP zur Wettbewerbspolitik

 

Sonstiges

- Neue Ausschussstruktur im EP

 


 

Zivilrecht

 

Schaffung eines Gemeinschaftspatentgerichts

Am 02.02.2004 hat die Kommission Vorschläge für zwei Ratsbeschlüsse zur Einrichtung eines Gemeinschaftspatentgerichts (EuPG) vorgelegt. Dieses Gericht wäre für Streitsachen zuständig, die das zukünftige Gemeinschaftspatentsystem betreffen, insbesondere für Verfahren, die die Verletzung oder die Gültigkeit von Gemeinschaftspatenten zum Gegenstand haben. Gegen die Entscheidung des Gerichts soll beim Gericht Erster Instanz Berufung eingelegt werden können. In Ausnahmefällen würde der EuGH letztinstanzlich entscheiden. Das Gericht soll seine Arbeit nach einer Übergangsfrist spätestens im Jahre 2010 aufnehmen. Die Rechtsgrundlage zur Schaffung der Gemeinschaftspatentgerichtsbarkeit wurde mit dem Vertrag von Nizza in den EG-Vertrag eingefügt (Art. 225a und 229a EGV).

 

Die Vorschläge zur Schaffung eines Gemeinschaftspatentgerichts finden Sie unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0827de01.pdf und

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0828de01.pdf

 

Der Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Gemeinschaftspatents aus dem Jahre 2000 ist abrufbar unter:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2000/de_500PC0412.pdf

 

Haager Konferenz zur Gerichtsstandsvereinbarung

Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht bereitet eine Konvention über Gerichtsstandsvereinbarungen für handelsrechtliche Streitigkeiten vor. Sinn und Zeck dieser Konvention soll es sein, dass die Vertragsparteien Rechtssicherheit im Hinblick auf einen vereinbarten Gerichtsstand erlangen. Bis jetzt ist nicht sichergestellt, dass das designierte Gericht tatsächlich seine Zuständigkeit erklärt. Gleichzeitig ist nicht sichergestellt, dass zwei verschiedene Gerichte ihre Zuständigkeit annehmen. Die anvisierte Konvention soll mittel- bis langfristig handelsrechtliche Transaktionen zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten vereinfachen. Die ersten Verhandlungen haben im Dezember 2003 begonnen und werden im April 2004 fortgesetzt.

 

Pressemitteilung „choice of courts agreement“:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/intro/news_intro_en.htm

 

Arbeitspapier “choice of courts agreement”:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/news/news_en_draft_convention.pdf

 

Strafrecht

 

Nichtumsetzung der Geldwäscherichtlinie

Die Europäische Kommission hat am 09.02.2004 im Rahmen der zweiten Phase des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG Italien, Portugal, Griechenland, Schweden, Luxemburg und Frankreich formell zur Umsetzung der zweiten Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche aufgefordert. Die Umsetzungsfrist ist seit dem 15.06.2004 abgelaufen. Lediglich Deutschland, Dänemark, die Niederlande und Finnland hatten die Richtlinie rechtzeitig und Irland sowie Spanien mit leichter Verspätung umgesetzt. Das bereits gegen Österreich, Belgien und Großbritannien eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren ist wegen zwischenzeitlich vorgelegter Transpositionsgesetze eingestellt worden. Hintergrund der zweiten Geldwäscherichtlinie  war die Erweiterung  des Anwendungsbereichs der ersten Richtlinie, der auf den Finanzsektor beschränkt war, auf die Tätigkeit weiterer Berufe, die nicht zum Finanzsektor gehören, bei denen jedoch ein Geldwäscherisiko vermutet wurde. Damit wurde die Verpflichtung zur Meldung verdächtiger Transaktionen gegenüber den zuständigen Behörden auch auf bestimmte finanzbezogene Tätigkeiten der Rechtsanwälte ausgedehnt. Sollten die sechs Mitgliedstaaten auf die Aufforderung der Kommission nicht zufrieden stellend antworten, wird die Kommission die Länder vor dem EuGH anklagen.

 

Informationen der Europäischen Kommission:

http://www.europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/04/180|0|RAPID&lg=DE;

 

Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche:

http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2001/l_344/l_34420011228de00760081.pdf

 

Das Umsetzungsgesetz der zweiten Geldwäscherichtlinie in Deutschland (Geldwäschebekämpfungsgesetz) vom 08.07.2002 ist abrufbar unter:

http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl102s3105.pdf

 

Wirtschaftsrecht

 

Wettbewerbsbericht über Freie Berufe

Am 09.02.2004 hat die Europäische Kommission ihren Bericht über den Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen veröffentlicht. Darin stellt die Kommission die nach ihrer Meinung restriktiven Regeln der Freien Berufe dar, welche man im Wesentlichen in fünf Gruppen unterteilen kann. Dazu zählen Regelungen zu verbindlichen Festpreisen, Preisempfehlungen, Regeln für die Werbung, Zugangsvoraussetzungen und ausschließliche Rechte und Vorschriften für die zulässige Unternehmensform und die berufsübergreifende Zusammenarbeit. Zwar räumt die Kommission ein, dass eine gewisse Reglementierung gerechtfertigt sei, doch ihrer Meinung nach sollten in einigen Fällen anstelle traditionell restriktiver Vorschriften wettbewerbsfördernde Mechanismen eingesetzt werden. Ab Mai 2004 wird es den nationalen Behörden und Gerichten obliegen, die Wettbewerbskonformität berufsrechtlicher Normen zu untersuchen. Das deutsche Anwaltsberufsrecht könnte insbesondere von der Überprüfung der verbindlichen Festpreise im Rahmen der gerichtlichen Mindestgebühren betroffen sein. Nach Ansicht der Kommission schaden Mindestpreise dem Wettbewerb am meisten und schalten die Vorteile wettbewerbsfähiger Märkte für Verbraucher aus. Demgegenüber argumentiert die Bundesrechtsanwaltskammer, dass der rein marktwirtschaftliche Ansatz der Kommission die Verbraucherschutzinteressen außer Acht lasse. Das deutsche anwaltliche Berufsrecht, das in den vergangenen zwanzig Jahren eine starke Liberalisierung erfahren hat, dient in erster Linie dem Mandantenschutz. Zentrale Elemente des deutschen Rechtssystems sind die Kostenerstattung durch die unterlegene Partei und die Prozesskostenhilfe für die wirtschaftlich schwächere Partei. Beide Prinzipien setzen aber voraus, dass die gerichtlichen Anwaltsgebühren gesetzlich geregelt sind. Der uneingeschränkte Zugang zum Recht für jeden Bürger kann bei einer vollständigen Liberalisierung des Gebührenrechts nicht gewährleistet werden.

 

Bericht über den Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen (KOM(2004) 83 endg.):

http://www.europa.eu.int/comm/competition/liberal_professions/final_communication_de.pdf

 

Pressemitteilung der Kommission zum Bericht über Wettbewerb bei den Freien Berufen:

http://www.europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/04/185|0|RAPID&lg=en&display=

 

Rede von Mario Monti über den Wettbewerb bei den Freien Berufen bei der BRAK am 21.03.2003: http://www.europa.eu.int/comm/competition/liberalization/conference/speeches/mmonti_berlin_032003_en.pdf

 

Bericht in Nachrichten aus Brüssel 21/ 2003 zum Vorgehen der Kommission gegen belgische Architektenhonorare:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten21aus2003.htm#_Toc26763713

 

Bericht in Nachrichten aus Brüssel 19/ 2003 über das CIF- Urteil des EuGH:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten19aus2003.htm#_Wirtschaftsrecht

 

Bericht in Nachrichten aus Brüssel 7/ 2003 zur IHS- Studie:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten7aus2003.htm#_Toc26763714

 

Weitere Entschließung des EP zur Wettbewerbspolitik

Während die Resolution des Europäischen Parlaments über Marktregulierung und Wettbewerbsregeln für Freie Berufe vom 16.12.2003 positiv ausfiel, begrüßt die Entschließung des Parlaments zur Wettbewerbspolitik vom 28.01.2004 die Initiative der Europäischen Kommission, die Berufsregeln der Freien Berufe auf den Prüfstand zu stellen. Diesmal ist das Parlament der Auffassung, dass Berufskörperschaften allzu häufig ihre Selbstregulierungsbefugnis mehr zur Förderung der Interessen ihrer eigenen Mitglieder nutzen. Gleichzeitig relativiert die Entschließung aber mögliche Eingriffe der Kommission, indem  betont wird, dass bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts auf Freie Berufe die Belange der Verbraucher sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Die Entschließung des Parlaments zeigt die Bedeutung der Thematik und die Notwendigkeit verbraucherschützender Berufsrechtsnormen. Die Bundesrechtsanwaltskammer wird weiterhin ihren Einfluss geltend machen und für die Grundprinzipien der Anwaltschaft kämpfen.

 

Entschließung des EP zur Wettbewerbspolitik vom 28.01.2004:

http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/pv2?PRG=CALDOC&FILE=20040129&LANGUE=DE&TPV=PROV&LASTCHAP=19&SDOCTA=17&TXTLST=1&Type_Doc=FIRST&POS=1 

 

Entschließung des EP zu den Freien Berufen vom 16.12.2003:

http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0031216DE.pdf&LANGUE=DE

 

Bericht in Nachrichten aus Brüssel 23/ 2003 zum Entschließungsantrag des EP vom 16.12.2003:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten23aus2003.htm#_Toc26763714

 

Sonstiges

 

Neue Ausschussstruktur im EP

Das Europäische Parlament hat in seiner Plenarsitzung am 29.01.2004 die Zahl und Zuständigkeiten seiner ständigen Ausschüsse neu bestimmt. Der bisher für die Arbeit der BRAK besonders relevante Ausschuss für Recht und Binnenmarkt tagt nunmehr in den getrennten Ausschüssen für Binnenmarkt und Verbraucherschutz einerseits und einem reinen Rechtsausschuss andererseits. Ersterer wird für die Koordinierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften im Bereich des Binnenmarktes und der Zollunion zuständig sein, insbesondere für die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, für Maßnahmen der Beseitigung potenzieller Hindernisse im Binnenmarkt sowie die Förderung und den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher. Der Rechtsausschuss wird sich insbesondere mit der Auslegung und Anwendung des EU- und des Völkerrechts beschäftigen sowie den gemeinschaftlichen Rechtsakten, die die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats betreffen, vor allem in den Bereichen Zivil- und Handelsrecht, Gesellschafts- und Verfahrensrecht sowie die Vorschriften über geistiges Eigentum. Daneben wird er auch für die Umwelthaftung und das Abgeordnetenstatut zuständig sein. Der außerdem für die anwaltliche Arbeit elementare Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres bleibt u.a. zuständig für den Schutz der Bürger-, Menschen- und Grundrechte, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung, Datenschutz und die Maßnahmen zum Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, insbesondere hinsichtlich der justiziellen und administrativen Zusammenarbeit in zivilrechtlichen Fragen sowie der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

 

 

 

Beschluss des EP zu Zahl und Zuständigkeit der Ausschüsse, S. 69 ff.:

http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/calendar?APP=PDF&TYPE=PV2&FILE=p0040129DE.pdf&LANGUE=DE

 

Eine Übersicht über die bisherigen Ausschüsse und ihre Arbeit finden Sie unter:

http://www.europarl.eu.int/committees/home_de.htm

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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