Büro Brüssel

Ausgabe 11/2004                                                                                                                03.06.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Internetauftritt zur Justiziellen Zusammenarbeit

 

Strafrecht

- Entschädigung für Opfer von Straftaten

 

 

Wirtschaftsrecht

- Europäische Aktiengesellschaft

 

Freizügigkeit

- Anerkennung von Berufsqualifikationen

 

Sonstiges

- Alternative Streitbeilegung


 

Zivilrecht

 

Internetauftritt zur Justiziellen Zusammenarbeit

Der Rat der europäischen Anwaltschaften (CCBE) hat zusammen mit der Europäischen Kommission einen Internetauftritt zur Justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen auf europäischer Ebene entwickelt. Neben aktuellen Nachrichten auf dem Gebiet des Zivilprozessrechts findet sich auf der Internetseite auch ein Zugang zu den offiziellen Dokumenten der EU. Außerdem gelangt man über eine umfangreiche Vernetzung u.a. zum Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen, zur Generaldirektion Justiz und Inneres und zu einem Gerichtsatlas. Der Gerichtsatlas ermöglicht die Lokalisation der zuständigen Gerichte und bietet die notwendigen Formblätter.

 

Die „Eurocivil“ – Internetseite:

http://www.eurocivil.info/home/index.cfm?lang=6

 

Strafrecht

 

Entschädigung für Opfer von Straftaten

Am 30.04.2004 hat der Rat der EU die Richtlinie zur Entschädigung der Opfer von Straftaten angenommen. Mit der Richtlinie wird ein System der Zusammenarbeit eingeführt, damit Opfer von Straftaten in grenzüberschreitenden Fällen leichter Zugang zu einer „gerechten und angemessenen“ Entschädigung erhalten. Dies soll insbesondere für die Fälle gelten, in denen die Straftat in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat begangen wurde. Konkrete Bestimmungen wie ein Mindestniveau für die höchstens zu zahlende Entschädigung enthält die Richtlinie nicht. Dieses System stützt sich auf die Regelungen der Mitgliedstaaten für die Entschädigung der Opfer von in ihrem Hoheitsgebiet vorsätzlich begangenen Gewalttaten. Die Entschädigung wird von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates gezahlt, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen wurde. Die die Entschädigung beanspruchende Person kann den Antrag jedoch bei einer Behörde oder einer anderen Stelle in ihrem Wohnsitzstaat stellen. Die BRAK hatte in ihrer Stellungnahme die Zielsetzung der Richtlinie begrüßt. Die Richtlinie sieht vor, dass alle Mitgliedstaaten bis zum 01.07.2005 über entsprechende einzelstaatliche Vorschriften für die Entschädigung der Opfer von vorsätzlich begangenen Straftaten verfügen. Alle Mitgliedstaaten bis auf Italien und Griechenland haben bereits Entschädigungsregelungen für Opfer von Straftaten eingeführt. In Deutschland sind diese Regelungen im Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 11.05.1976 (Opferentschädigungsgesetz (OEG), BGBl I 1976, 1181) verankert.

 

Die Richtlinie ist in der vorläufigen Fassung abrufbar unter:

http://register.consilium.eu.int/pdf/de/04/st08/st08303.de04.pdf

 

Das deutsche Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) finden Sie unter:

http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/oeg/inhalt.html

 

Wirtschaftsrecht

 

Europäische Aktiengesellschaft

Am 26.05.2004 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) beschlossen. Grundlage der Regelungen zur Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea, kurz: SE) sind zwei EU-Rechtsakte aus dem Jahr 2001: die Verordnung über das Statut der SE und die ergänzende Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer. Das gezeichnete Kapital der Gesellschaft muss mindestens 120.000 Euro betragen. Die praktische Bedeutung der europäischen Aktiengesellschaft besteht darin, dass Unternehmen mit Niederlassungen in mehreren Mitgliedstaaten auf der Grundlage einheitlicher Regeln fusionieren und mit einem einheitlichen Management und Berichtssystem überall in der Europäischen Union tätig werden können, ohne mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand ein Netz von Tochtergesellschaften errichten zu müssen, für die unterschiedliche nationale Vorschriften gelten. Ein als Europäische Aktiengesellschaft verfasstes Unternehmen lässt sich schnell und problemlos umstrukturieren, um die Geschäftsmöglichkeiten, die der europäische Binnenmarkt bietet, besser nutzen zu können. Europäische Aktiengesellschaften mit Geschäftsinteressen in mehreren Mitgliedstaaten können Landesgrenzen ohne weiteres überwinden, wenn dies aufgrund sich ändernder Geschäftsbedingungen erforderlich ist, da die Verlegung des Satzungssitzes erlaubt ist.

 

Pressemitteilung BMJ:

http://www.bmj.bund.de/enid/82f77050bca9a3b01cd7ae3939522786,a5e45d707265737365617274696b656c5f6964092d0931343438093a096d795f79656172092d0932303034093a096d795f6d6f6e7468092d093035/58.html

 

Regierungsentwurf zur europäischen Gesellschaft:

http://www.bmj.bund.de/media/archive/681.pdf

 

Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=de&numdoc=32001R2157&model=guichett

 

Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer:

http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=de&numdoc=32001L0086&model=guichett

 

 

Freizügigkeit

 

Anerkennung von Berufsqualifikationen:

Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit hat am 18.05.2004 mit qualifizierter Mehrheit gegen die Stimmen Deutschlands und Griechenlands den Gemeinsamen Standpunkt zu dem kontrovers diskutierten Richtlinienvorschlag Anerkennung von Berufsqualifikationen verabschiedet. Rechtsanwälte sind danach nach wie vor aus den Bereichen ausgenommen, die  von der Dienstleistungsrichtlinie (77/249/EWG) und der Niederlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte (98/05/EG) erfasst werden. Für dieses Ergebnis hatte sich die BRAK bereits im Vorfeld des Kommissionsvorschlags erfolgreich eingesetzt. Die Anerkennung der Berufsqualifikation für Rechtsanwälte ist lediglich für die sofortige Niederlassung unter dem Anwaltstitel des Aufnahmestaates betroffen (Erwägungsgrund (31a)). Damit wird die alte Hochschuldiplom-Anerkennungsrichtlinie (89/48/EWG) konsolidiert. Hinsichtlich der Regelungen für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen soll die Wahl zwischen der Eignungsprüfung oder des dreijährigen Anpassungslehrganges grundsätzlich dem Antragsteller selbst zustehen (Artikel 14 Absatz 2). Dabei wird allerdings dem Aufnahmestaat wie in der alten Hochschuldiplom-Anerkennungsrichtlinie die Möglichkeit gewährt, bei Berufen, die die Kenntnis des nationalen Rechts erfordern, die Eignungsprüfung oder den Anpassungslehrgang vorzusehen. Alle Mitgliedstaaten außer Dänemark haben sich bei den Rechtsanwälten bereits für die Eignungsprüfung entschieden. Hier sind daher keine Änderungen zu erwarten. Schließlich könnten Anwälte unter die Regelung der gemeinsamen Plattformen (Artikel 15) fallen. Diese Plattformen sollen die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen erleichtern, indem sie geeignete Kriterien aufstellen, die die substanziellen Unterschiede in den unterschiedlichen Ausbildungsanforderungen der Mitgliedstaaten ausgleichen. In Fällen, in denen ein Antragsteller diese Kriterien erfüllt, soll der Mitgliedstaat auf die Anwendung von Ausgleichsmaßnahmen verzichten. Nach Ansicht des BMJ sollen die Plattformen lediglich für Berufe aktiv werden, für die es noch keine Harmonisierungsmaßnahmen gibt. Bei den Rechtsanwälten bestehen, wie geschildert, sowohl für die Dienstleistungs- als auch für die Niederlassungsfreiheit bereits entsprechende Richtlinien. Der Gemeinsame Standpunkt geht nun ins Europäische Parlament für die zweite Lesung.

 

Die bisher lediglich auf Englisch existierende Fassung des Gemeinsamen Standpunkts kann bei Interesse im Brüsseler Büro der BRAK angefragt werden.

 

Der vorläufige Ratsbericht (englisch) ist zu lesen auf den Seiten 15-16:

http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/en/intm/80522.pdf

 

Weitere Informationen zum Thema finden Sie in der Ausgabe 9/2004 der „Nachrichten aus Brüssel“:

http://www.brak.de/seiten/html/Nachrichten9aus2004.htm

 

 

Sonstiges

 

Alternative Streitbeilegung

Als Teil der Nachbereitung im Rahmen des Konsultationsverfahren zum Grünbuch Alternative Dispute Resolution (ADR) wurde ein Verhaltenskodex für Mediation entwickelt. Dieser Verhaltenskodex soll auf einer öffentlichen Konferenz der Europäischen Kommission verabschiedet werden. Die Konferenz wird am 02.07.2004 in Brüssel stattfinden. Die BRAK begrüßte seinerzeit in ihrer Stellungnahme, dass die Europäische Kommission die Vereinheitlichung von ADR Verfahren anstrebt. Notwendig sei insbesondere die Integration verschiedener Möglichkeiten der Streitbearbeitung in ein Gesamtsystem vor allem für die gerichtliche Konfliktaustragung einerseits und die Mediation als zentrale Alternative Dispute Resolution Entwicklung andererseits.

 

Grünbuch ADR:

http://europa.eu.int/cgi-bin/eur-lex/udl.pl?REQUEST=Service-Search&LANGUAGE=en&GUILANGUAGE=en&SERVICE=all&COLLECTION=com&DOCID=502PC0196

 

Anmeldeformular zur Konferenz am 2.07.2004:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/news/events/conference_adr/regis_form_conference_adr_en.doc

 

Ankündigung der Kommission einer weiteren Konsultation:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/news/news_adr_announcementl_en.pdf

 

Vorläufiger Entwurf für eine Richtlinie zur Mediation:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/news/news_adr_draft_proposal_en.pdf

 

Stellungnahme der BRAK zum Grünbuch ADR:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/gruenbuch-adr.pdf

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

Der Newsletter ist im Internet unter www.BRAK.de abrufbar und kann auch dort be- oder abbestellt werden.

Wenn Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.be.