Büro Brüssel

Ausgabe 20/2004                                                                                                                28.10.2004

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Weiteres Vorgehen im Europäischen Vertrags-

  recht

 

Strafrecht

- Verbesserter Informationsaustausch von

  Verurteilungen

 

Rechtsprechung

- Verbindlichkeit von Urteilen des EGMR

 

 

Sonstiges

- .eu-Top-Level-Domain

- Verschiebung der Abstimmung über die neue  

  Kommission

- Informationsblätter der GD Freiheit, Sicherheit und
  Recht

 


 

Zivilrecht

 

Weiteres Vorgehen im Europäischen Vertragrecht

Die Kommission hat als Ergebnis der Konsultation über den Aktionsplan für ein kohärenteres Europäisches Vertragsrecht am 11.10.2004 die schon länger erwartete Mitteilung zum weiteren Vorgehen im Europäischen Vertragsrecht und der Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands vorgelegt. Darin sind insgesamt drei Maßnahmen vorgesehen: die Ausarbeitung eines Vertragswerkes (sog. „gemeinsamer Referenzrahmen“), das klare Definitionen von unbestimmten Rechtsbegriffen, Grundprinzipien und Mustervorschriften des Vertragsrechts auf europäischer Ebene enthalten soll, die Förderung der Ausarbeitung von EU-weiten allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Entscheidung über ein sog. „optionales Instrument“, d.h. über eine sektorübergreifende Maßnahme, wie z. B. eine EU-Verordnung oder Empfehlung. Ziel des gemeinsamen Referenzrahmens ist die Verbesserung und Vereinfachung des geltenden und künftigen Gemeinschaftsrechts. Ferner sollen die nationalen Gesetzgeber den Referenzrahmen bei der Umsetzung vertragsrechtlicher EU-Richtlinien in nationales Recht heranziehen können. Der Anhang der Mitteilung enthält einen Vorschlag für eine denkbare Struktur des Referenzrahmens. Die Kommission hält für dessen Ausarbeitung die Mitwirkung von Interessengruppen aus der Praxis für unverzichtbar. Dafür richtet sie derzeit ein Netz von Experten ein, das die Vorarbeiten der mit der Ausarbeitung des Referenzrahmens beauftragten Forschungsgruppe begleiten soll. Die BRAK hat bereits einen Experten für dieses Netzwerk benannt. Die Verabschiedung des gemeinsamen Referenzrahmens ist - sehr ehrgeizig - für das Jahr 2009 vorgesehen.

 

Die Mitteilung der Kommission über das weitere Vorgehen finden Sie unter:

http://www.europa.eu.int/comm/consumers/cons_int/safe_shop/fair_bus_pract/cont_law/com2004_de.pdf

 

Weitere Informationen der Kommission zu der Mitteilung:

http://www.europa.eu.int/comm/consumers/cons_int/safe_shop/fair_bus_pract/cont_law/communication2004_de.htm

 

Den Aktionsplan der Kommission für ein kohärenteres Europäisches Vertragsrecht finden Sie hier:

http://www.europa.eu.int/comm/consumers/cons_int/safe_shop/fair_bus_pract/cont_law/com_2003_68_de.pdf

 

Einen Überblick über alle Dokumente und Veranstaltungen der Kommission im Bereich des Europäischen Vertragsrechts gibt:

http://www.europa.eu.int/comm/consumers/cons_int/safe_shop/fair_bus_pract/cont_law/index_de.htm

Strafrecht

 

Verbesserter Informationsaustausch von Verurteilungen

Die Kommission hat am 13.10.2004 einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Austausch von Informationen aus dem Strafregister vorgelegt. Hintergrund ist der jüngste französisch/belgische Fall von Pädophilie (Michel Fourniret), in dem der Austausch von Informationen über Verurteilungen zwischen den beiden Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß funktionierte. Ziel des Vorschlages ist daher die Verbesserung der derzeitigen, auf das europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 gestützten Austauschmechanismen und insbesondere ein rascherer Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Jeder Mitgliedstaat soll eine Zentralbehörde benennen, die jeweils die Zentralbehörden der anderen Mitgliedstaaten unverzüglich und automatisch über Verurteilungen von Staatsangehörigen dieser Mitgliedstaaten unterrichtet, sobald diese den zuständigen Behörden im Urteilsstaat vorliegen. Darüber hinaus sollen Anträge auf Informationen aus dem Strafregister von der Zentralbehörde des ersuchten Mitgliedstaats innerhalb von höchstens 5 Tagen beantwortet werden. Der Beschluss soll bis spätestens 30.06.2005 umgesetzt werden. Der Beschluss ist zwar nicht rechtlich verbindlich, hat jedoch programmatischen Charakter. Vor Jahresende will die Kommission daher einen ehrgeizigeren, legislativen Vorschlag zur Einrichtung eines auf elektronische Datenverarbeitung gestützten Netzes für den Informationsaustausch über Strafurteile vorlegen.

 

Den Beschlussvorschlag über den Austausch von Informationen aus dem Strafregister finden Sie hier:

http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2004/com2004_0664de01.pdf

 

Presseinformationen der Kommission:

http://www.europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/1225&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

 

 

Rechtsprechung

 

Verbindlichkeit von Urteilen des EGMR

Der Zweite Senats des BVerfG hat am 19.10.204 hinsichtlich der Verbindlichkeit von Urteilen des EGMR für deutsche Gerichte einen Grundsatzbeschluss gefasst. Darin heißt es, deutsche Gerichte und Behörden müssten die Urteile des EGMR stets gebührend in ihre Überlegungen mit einbeziehen und sie schonend in die nationale Rechtsordnung einpassen. Die Gerichte seien zur Berücksichtigung solcher Urteile jedenfalls dann verpflichtet, wenn sie in verfahrensrechtlich zulässiger Weise erneut über den Gegenstand eines von ihnen bereits entschiedenen Falls zu urteilen haben und den Urteilen ohne materiellen Gesetzesverstoß Rechnung tragen können. Ein Beschwerdeführer kann die Missachtung dieser Berücksichtigungspflicht  als Verstoß gegen seine Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip rügen. Eine „schematische Vollstreckung“ der Urteile sei allerdings falsch. Dies ist das erste Mal, dass das BVerfG sich grundsätzlich zu der Frage äußert, wie deutsche Gerichte mit Urteilen aus Straßburg umzugehen haben. Im konkreten Fall hoben die Richter eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg über das Umgangrecht eines leiblichen Vaters mit seinem Kind auf, weil es sich nicht mit einem Urteil des EGMR auseinander gesetzt hatte.

 

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 2 BvR 1481/04) finden Sie unter:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20041014_2bvr148104

 

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:

http://www.bundesverfassungsgericht.de/cgi-bin/link.pl?presse

 

Sonstiges

 

.eu-Top-Level-Domain

Am 12.10.2004 hat die GD Informationsgesellschaft mit EURid (European Registry of Internet Domain Names), einem Konsortium aus belgischen, italienischen und spanischen Unternehmen, einen Dienstleistungsvertrag zur Vergabe von .eu-Top-Level-Domain (.euTLD) unterzeichnet. Bereits im April 2002 hatte die Europäische Kommission die Einführung einer .euTLD beschlossen. Top-Level-Domains (TLD) werden in zwei Kategorien unterteilt, einerseits in Ländercodes wie z. B. „.de“ für Deutschland oder „be“ für Belgien, andererseits in allgemeine Bezeichnungen, wie  z. B. „.com“, „.org“ oder „.net“. Die neue .euTLD gibt europäischen Unternehmen und Privatpersonen die Möglichkeit eines europaweiten Internetauftritts sowohl für Websites als auch für E-Mail-Adressen. Rechtsstreitigkeiten werden vor den europäischen Gerichten ausgetragen. Die neue .euTLD soll einen ebenso hohen Stellenwert erreichen, wie die international am häufigsten verwendete TLD .com. Derzeit ist die Registrierung einer .eu-Domain noch nicht möglich. Die Kommission rechnet mit dem Vergabestart zuerst für Inhaber bestimmter Schutzrechte, wie z. B. Markennamen, im 3. Quartal des kommenden Jahres. Danach wird für alle die Registrierung einer .eu-Domain denkbar sein.

 

Weitere Informationen zur Registrierung und zum Zeitplan finden Sie auf derEURid Homepage (englisch):

http://www.eurid.org

Verordnung der Kommission vom 28.04.04 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung:
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/l_162/l_16220040430de00400050.pdf

Pressemitteilung der Europäischen Kommission (englisch):

http://europa.eu.int/information_society/newsroom/cf/itemlongdetail.cfm?item_id=1383

 

Allgemeine Informationen der Kommission zur eu-Domain (englisch) :

http://europa.eu.int/information_society/topics/ecomm/all_about/todays_framework/public_resources/names_addresses/doc/Factsheet_dotEU-october04.pdf

 

Verordnung des EP und des Rates zur Einführung der Domäne oberster Stufe « .eu » :

http://register.consilium.eu.int/pdf/de/02/st03/03613-r1d2.pdf

 

Verschiebung der Abstimmung über neue Kommission

Die für den 27.10.2004 geplante Abstimmung des EP über das Team des designierten EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso ist verschoben worden. Hintergrund ist der Antrag Barrosos, mehr Zeit für das Überdenken seines Teams zu haben. Bei fraktionsinternen Probewahlen in Straßburg hatten die meisten Sozialisten und Liberalen das Team mit dem umstrittenen Italiener Rocco Buttiglione abgelehnt. Dessen Äußerungen zu Homosexualität und Ehe sowie den Auffanglagern von Asylbewerbern in Nordafrika waren auf starke Kritik gestoßen. Außerdem sind die designierten Kommissare für Wettbewerb, Neelie Kroes, für Landwirtschaft, Mariann Fischer Boel, für Energie, László Kovács, für Umwelt, Stavros Dimas und für Steuern, Ingrida Udre umstritten. Das EP kann lediglich die Kommission als Ganzes, nicht jedoch einzelne Mitglieder ablehnen. Heute soll in Rom ein Krisengipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs stattfinden. Wann Barroso dem EP ein neues Team präsentieren wird, ist unklar. Die nächste Parlamentssitzung ist für Mitte November angesetzt. Die niederländische Ratspräsidentschaft erklärte, die noch amtierende EU-Kommission unter dem Italiener Prodi werde trotz des geplanten Amtsantritts der neuen Kommission am 01.11.2004 bis auf weiteres geschäftsführend im Amt bleiben. Barroso war vom Parlament im Juli für das Amt des Kommissionspräsidenten bestätigt worden, so dass er selbst nicht in Frage stehen dürfte.

 

Informationen des EP zur Verschiebung finden Sie hier:

http://www2.europarl.eu.int/omk/sipade2?PUBREF=-//EP//TEXT+PRESS+DN-20041027-1+0+DOC+XML+V0//DE&L=DE&LEVEL=2&NAV=X&LSTDOC=N#SECTION2

 

Rede des designierten Kommissionspräsidenten Barroso vor dem EP in Straßburg (englisch):

http://europa.eu.int/comm/commissioners/barroso/speeches/speech_20041127_en.pdf

 

Bericht über die Ablehnung des designierten Justizkommissars Buttiglione in der Ausgabe 19/2004 der Nachrichten aus Brüssel:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Bruessel/Nachrichten/2004/Nachrichten19aus2004.pdf

 

Informationsblätter der GD Freiheit, Sicherheit und Recht

Die GD Freiheit, Sicherheit und Recht hat Informationsblätter über Grundsatzfragen im Zusammenhang mit dem Ausbau der EU in einen Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts im Internet veröffentlicht. Diese Informationsblätter sollen auch Nicht-Fachleuten die Grundsätze und Tätigkeiten der EU-Organe in diesen Bereichen näher bringen. Gegenwärtig wurden u. a. Informationen über die folgenden Themen veröffentlicht: Terrorismus, Grundrechte, das Leben und die Kriminalität, Tampere, fünf Jahre danach, Eurojust und Europäischer Haftbefehl.

 

Eine Gesamtübersicht der Themen finden Sie hier:

http://europa.eu.int/comm/justice_home/key_issues_de.htm

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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