Büro Brüssel

Ausgabe 1/2005                                                                                                                  13.01.2005

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Antidiskriminierungsrichtlinie

 

Strafrecht

- Beschluss des Europol-Verwaltungsrats zum

  Informationsaustausch

 

Wirtschaftsrecht

- Europäische Aktiengesellschaft

 

 

Sonstiges

- Allgemeine rechtliche Hinweise zu den Folgen der 

  Seebebenkatastrophe

- Standardvertragsklauseln zur Übermittlung perso-

  nenbezogener Daten

- Europäischer Verfassungsvertrag

- Bürgerbeauftragter

 


 

Zivilrecht

 

Antidiskriminierungsrichtlinie

Kurz nachdem sich am 15.12.2004 die Bundesregierung in Deutschland auf einen Entwurf des Gesetzes zum Schutz vor Diskriminierungen (Antidiskriminierungsgesetz - ADG) (S. 6-25) geeinigt hatte, hat sich am 20.12.2004 die EU-Kommission gemäß Art. 226 EGV zur Klage u.a. gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der Richtlinie 2000/78/EG zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf entschlossen. Die Bundesregierung plant, durch ein einheitliches Gesetz die drei bestehenden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG, sowie die noch nicht erlassene vierte Antidiskriminierungsrichtlinie zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (Kommissionsvorschlag KOM(2003) 657 endgültig) umzusetzen. Der Gesetzesentwurf untersagt eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters, der Herkunft, einer Behinderung, der Religion, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Er behandelt schwerpunktmäßig arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote im Bereich der Berufsausbildung und der Beschäftigung. Darüber hinaus enthält er auch zivilrechtliche Benachteiligungsverbote für den Rechtsverkehr zwischen Privatleuten, z.B. für Verträge mit Lieferanten, Dienstleistern oder Vermietern. Davon nicht erfasst ist der sogenannte private Nähebereich, in dem Vertragspartner typischerweise nach individuellen Kriterien auswählt werden. Außerdem ist die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle vorgesehen, die in den Zuständigkeitsbereich des Bundesfamilienministeriums fallen und neben den Beauftragten des Bundestages und der Bundesregierung tätig werden soll.

 

Die Pressemitteilung des BMJ zum Gesetzesentwurf finden Sie hier.

 

 

Strafrecht

 

Beschluss des Europol-Verwaltungsrats zum Informationsaustausch

Am 14.-15.12.2004 hat der Verwaltungsrat des Europäischen Polizeiamts (Europol) durch Beschluss die Modalitäten festgelegt, um in den EU-Mitgliedstaaten ein Informationssystem zum organisierten Verbrechen einzurichten. In dieses System können die Polizeibehörden der Mitgliedstaaten strafverfolgungsrelevante Informationen über Schwerkriminelle und insbesondere Terrorverdächtige gemäß den für sie geltenden nationalen Verfahrensvorschriften eingeben. Darüber hinaus kann Europol entsprechende Informationen von anderen Behörden oder aus Drittstaaten hinzufügen. Zweck des neuen Informationssystem ist ein rascher und effizienterer Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Gemäß dem Europol-Übereinkommen unterstützt die Behörde die nationalen Polizeibehörden bei ihren Ermittlungstätigkeiten im Bereich der schwerwiegenden internationalen Kriminalität und trägt zur Intensivierung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei. Dem Europol-Verwaltungsrat gehört jeweils ein Vertreter jedes Mitgliedstaates an.

 

Wirtschaftsrecht

 

Europäische Aktiengesellschaft

Am 29.12.2004 ist das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) in Kraft getreten. Das SEEG setzt zwei EU-Rechtsakte aus 2001, die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea - SE) sowie die ergänzende Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer, in deutsches Recht um. Somit können nunmehr auch deutsche Unternehmen europaweit unter der Rechtsform der SE grenzüberschreitend tätig werden. Durch die für Kapitalgesellschaften einheitliche europäische Rechtsform wird die Verschmelzung von Unternehmen, die ihren Sitz in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten haben, sowie die Gründung von Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat vereinfacht. Außerdem führt das SEEG Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer ein, durch welche die Arbeitnehmervertretungen auf die Beschlussfassung in der Unternehmensleitung Einfluss nehmen können.

 

Weitere Informationen zum Inhalt des SEEG finden Sie in der Pressemitteilung des BMJ vom 28.12.2004.

 

Wir berichteten über das SEEG bereits in Ausgabe Nr.11 aus 2004 der Nachrichten aus Brüssel.

 

Sonstiges

 

Allgemeine rechtliche Hinweise zu den Folgen der Seebebenkatastrophe

Um den Hinterbliebenen der Opfer ersten Beistand zu leisten, haben die BRAK und das BMJ gemeinsam allgemeine rechtliche Hinweise ausgearbeitet, die auf der Internetseite des BMJ eingestellt sind. Neben dem Link zu den allgemeinen rechtlichen Hinweisen stellt die BRAK auf ihrer Internetseite außerdem regelmäßig aktualisierte Listen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zur Verfügung, die in diesen Spezialfällen beraten können.

 

Standardvertragsklauseln zur Übermittlung personenbezogener Daten

Am 07.01.2005 hat die Kommission auf der Grundlage der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG (Teil 1 und 2 der Richtlinie) eine Entscheidung erlassen, in der sie zum dritten Mal seit 1998 einen neuen Standardvertrag (Anhang, S. 7-13) für die Übermittlung personenbezogener Daten in Nicht-EU-Länder vorsieht. An den der Entscheidung vorausgegangenen Verhandlungen waren maßgeblich die internationale Handelskammer, Wirtschaftsverbände und der Ausschuss der EU-Datenschutzaufsichtsbehörden beteiligt. Die Anwendung der Standardvertragsklauseln ist fakultativ. Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU oder des EWR können damit auf unkomplizierte Weise ihrer Verpflichtung nachkommen, bei der Datenübermittlung an Unternehmen in Drittländern ein angemessenes Datenschutzniveau einzuhalten. Nicht erforderlich ist die Verwendung besonderer Vertragsklauseln für Datenübermittlungen an die Schweiz, Kanada, Argentinien sowie das britische Kronland Guernsey und Isle of Man, deren Datenschutzbestimmungen die Kommission für angemessen erachtet. Dasselbe gilt für die Datenübermittlung an US-Unternehmen, die sich auf die Grundsätze der vom US-Handelsministerium getroffenen "safe-harbour"-Regelungen verpflichtet haben.

 

Die Pressemitteilung der Kommission vom 07.01.2005 finden Sie hier.

 

Europäischer Verfassungsvertrag

Mit großer Mehrheit hat das EP am 12.01.2005 den Europäischen Verfassungsvertrag angenommen. Nachdem es bereits eine breite Zustimmung in der Debatte gab, stimmten 500 Abgeordnete für den Antrag, 137 dagegen und 40 Parlamentarier enthielten sich. Die meisten Verfassungsgegner kommen aus den Reihen der Euroskeptiker, der extremen Rechten und der Kommunisten. Mit der Annahme ist der Weg frei für den Ratifizierunsmarathon in den einzelnen Ländern durch Parlamentsbeschluss oder durch Volksentscheid.

 

Zum Inhalt des Verfassungsvertrages siehe Nachrichten aus Brüssel Nr. 2 aus 2003.

 

 

Bürgerbeauftragter

Am 11.01.05 hat das EP in geheimer Abstimmung den bisherigen Bürgerbeauftragten Nikiforos Diamandouros wiedergewählt. Gegenkandidat war der Italiener Giuseppe Fortunato. Diamandouros konnte 564 von 643 abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen. Der 61 Jahre alte Politikprofessor aus Athen hatte Anfang 2003 die Nachfolge des vorzeitig in den Ruhestand gegangenen Finnen Jacob Söderman angetreten. Der Europäische Bürgerbeauftragte wird vom EP zu Beginn jeder Wahlperiode  gewählt. Er untersucht Beschwerden über Missstände in der Verwaltungstätigkeit der Organe und Institutionen der EU. Mit Beschwerden über nationale, regionale oder kommunale Verwaltungen der Mitgliedstaaten kann sich der Bürgerbeauftragte nicht befassen. Bei seiner Wiederwahl betonte Diamandouros die Bedeutung der Ratifizierung der europäischen Verfassung, insbesondere wegen der rechtlich verbindlichen Grundrechtscharta.

 

Über den Europäischen Bürgerbeauftragten berichteten wir bereits in den Ausgaben Nr. 19 aus 2004 und Nr. 7 aus 2003 der Nachrichten aus Brüssel.

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Tanja Struve und RA Wolfgang Eichele LL.M..

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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