Büro Brüssel

Ausgabe 04/2006                                                                                                                02.03.2006

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

- Verfahren für geringfügige Forderungen –

  Berichtsentwurf

- Europäisches Mahnverfahren

- Geänderter Verordnungsvorschlag Rom II

- Bericht zum Erb- und Testamentsrecht

- Verjährungsfristen in grenzüberschreitenden

  Streitigkeiten aufgrund von Verletzungen

 

 

Strafrecht

- Mitteilung zu Rechtsverlusten infolge

  strafrechtlicher Verurteilungen in der EU

 

Sonstiges

- Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

  verabschiedet

 


 

Zivilrecht

 

Verfahren für geringfügige Forderungen - Berichtsentwurf

MdEP Prof. Dr. Mayer hat seinen Berichtsentwurf über den Vorschlag über eine Verordnung zur Einführung eines Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen vorgelegt. Mit dem Vorschlag soll ein einfaches, zügiges und kostengünstiges Verfahren geschaffen werden. Der Bericht verfolgt im Hinblick auf die kurz vor der Verabschiedung stehende Verordnung für ein Europäisches Mahnverfahren einen kohärenten Ansatz: Auch beim Verfahren für geringfügige Forderungen wird nun entgegen dem Kommissionsvorschlag eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf grenzüberschreitende Sachverhalte vorgesehen. An der von der Kommission vorgeschlagenen Streitwertgrenze in Höhe von 2000 € hält der Bericht fest.

Um eine schnelle Durchführung des Verfahrens gewährleisten zu können, ist vorgesehen, dass das Verfahren im Regelfall ein schriftliches sein soll. Der Bericht modifiziert dies nur geringfügig: Danach soll auf Ausführung oder Anträge beider Parteien eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, sofern das Gericht dies für notwendig hält. Dieses weitreichende Richterermessen ist Hintergrund des im Bericht neu eingefügten Erwägungsgrunds 13a, der bestimmt, dass das Gericht mit einer Person besetzt sein muss, welche die Befähigung zum Richteramt hat. Um eine Verkürzung der Parteiinteressen zu vermeiden, ist es aus Sicht der BRAK demgegenüber erforderlich, dass die mündliche Verhandlung zwingend durchgeführt wird, sofern eine Partei einen entsprechenden Antrag stellt.

Erfreulich aus Sicht der BRAK ist, dass der Bericht sowohl die Streichung der Regelung vorsieht, dass der Unterlegene die Anwaltskosten der Gegenseite nicht zu tragen hat, sofern er selbst nicht anwaltlich vertreten ist. Ebenso wird der Wegfall der Bestimmung begrüßt, dass ein Anwaltszwang im Rechtsmittelverfahren nicht besteht.

Die Stellungnahme der BRAK zum Verordnungsvorschlag finden Sie hier.

Frühere Berichte finden Sie hier: 1/2003, 9/2003,  20/2003, 6/2005, 17/2005, 1/2006

 

Europäisches Mahnverfahren

Der Rat kam am 21. Februar 2006 zu einer politischen Einigung bezüglich des Vorschlags zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens. Die endgültige Annahme des Vorschlags im Rat erfolgt nach der Fertigstellung des Textes in einer der nächsten Sitzungen. Dänemark wird die Regelung nicht annehmen.

Frühere Berichte finden Sie hier: 1/2003,  9/2003, 20/2003, 21/2003, 5/2004, 7/2004, 18/2004,  8/2005, 11/2005, 16/2005, 19/2005, 23/2005, 3/2006

 

 

Geänderter Verordnungsvorschlag Rom II

Die Kommission hat einen geänderten Vorschlag zu der Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vorgelegt. Rom II soll der Harmonisierung des auf zivil- und handelsrechtliche Schuldverhältnisse anwendbaren Rechts dienen. Der Vorschlag befasst sich mit Fragen der zivilrechtlichen Haftung für Schäden, die Dritten durch Verkehrsunfälle oder Unfälle aufgrund eines fehlerhaften Produkts entstanden sind. Ziel ist, dass alle mitgliedstaatlichen Gerichte auf Streitigkeiten aus außervertraglichen Schuldverhältnissen mit Auslandsberührung dasselbe Recht anwenden und so die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in der EU erleichtert wird. Im geänderten Vorschlag wird nunmehr bei gewerblicher Tätigkeit der Parteien eine vor Eintritt des schädigenden Ereignisses vereinbarte Rechtswahl anerkannt, während der ursprüngliche Vorschlag die Möglichkeit einer Rechtswahl lediglich nach Eintritt des schädigenden Ereignisses vorsah. Pressedelikte und ähnliche Handlungen (Art. 6 des ursprünglichen Vorschlags) sind vom Anwendungsbereich des geänderten Vorschlags ausgenommen worden. Auf spezielle Kollisionsregelungen für die Bereiche Produkthaftung, Wettbewerbsverstöße und Verkehrsunfälle wird verzichtet und stattdessen auf die allgemeine Kollisionsnorm in Art. 5 verwiesen, wonach grundsätzlich das Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, in dem der Schaden eintritt oder einzutreten droht.

 

Bericht zum Erb- und Testamentsrecht

Als Reaktion auf das Grünbuch Erb- und Testamentsrecht hat MdEP Gargani dem Rechtsausschuss des EP einen Bericht zum Erb- und Testamentsrecht vorgelegt. Er befürwortet die Erarbeitung eines Instruments des Gemeinschaftsrechts für den Bereich des internationalen Privatrechts in Fragen des Erb- und Testamentsrecht. Die Regelungen der gerichtlichen Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts sowie der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen und öffentlicher Urkunden sollten harmonisiert werden. Um die Übereinstimmung zwischen zuständigem Gericht und anwendbarem Recht zu gewährleisten, könnte beides nach dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Verstorbenen bestimmt werden, gleichzeitig sollte den Parteien aber auch die Möglichkeit gegeben werden, unter bestimmten Vorraussetzungen das zuständige Gericht sowie das auf ihre Erbschaft anwendbare Recht zu wählen.

Die Stellungnahme der BRAK zum Grünbuch Erb- und Testamentsrecht finden sie hier.

Frühere Berichte finden Sie hier: 5/2005, 22/2005

 

Verjährungsfristen in grenzüberschreitenden Streitigkeiten aufgrund von Verletzungen

Die britische Abgeordnete Wallis hat einen Berichtsentwurf mit Empfehlungen an die Kommission zu Verjährungsfristen in grenzüberschreitenden Streitigkeiten aufgrund von Verletzungen und tödlichen Unfällen vorgelegt. Hindergrund sind die europaweit unterschiedlichen Verjährungsfristen. Sie unterscheiden sich in einigen Staaten z.B. in Abhängigkeit davon, ob sich die Klage auf unerlaubte Handlung oder Vertrag gründet, oder je nach Art des Unfalls. Außerdem gibt es in einigen Mitgliedstaaten besondere Verjährungsfristen für Straftaten. Die Unterschiede betreffen insbesondere den Fristbeginn, die Fristhemmung und die Beweislast sowie die Anforderungen an die Beweisführung bei der Einrede der Verjährung. Außerdem ist teilweise kein besonderer Schutz für Minderjährige und Menschen mit einer Behinderung vorgesehen. Der Bericht schlägt die Festlegung von Mindestanforderungen für Verjährungsfristen durch Rechtsvorschriften auf EU-Ebene vor, soweit es sich um grenzüberschreitende Streitigkeiten handelt.

 

Strafrecht

 

Mitteilung zu Rechtsverlusten infolge strafrechtlicher Verurteilungen in der EU

Die Kommission hat am 21. Februar 2006 eine Mitteilung zu Rechtsverlusten infolge strafrechtlicher Verurteilungen in der Europäischen Union vorgelegt, in der sie der Frage nachgeht, ob und wie die Wirkung bestimmter Rechtsverluste auf das gesamte Gebiet der EU ausgedehnt werden sollte, um die Aberkennung von Rechten auf EU-Ebene wirksam zur Ahndung kriminellen Verhaltens und zur Verhinderung von Rückfällen einsetzen zu können. Unter Rechtsverlust versteht die Kommission Maßnahmen, die es einer natürlichen oder juristischen Person untersagen, bestimmte Rechte, Ämter oder Tätigkeiten auszuüben, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder bestimmte Handlungen vorzunehmen. Die Mitteilung bezieht sich allein auf Rechtsverluste, die auf eine strafrechtliche Verurteilung zurückgeführt werden können. Für durchsetzbar hält die Kommission zunächst die gegenseitige Anerkennung von Rechtsverlusten in Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten bereits über eine gemeinsame Basis verfügen. Bedingung für das Funktionieren eines solchen Systems sei der Informationsaustausch. Wegen der unterschiedlichen Rechtsnatur von Rechtsverlusten, die einen straf-, zivil-, handels-, verwaltungs- oder disziplinarrechtlichen Hintergrund haben könnten, sei nicht gewährleistet, dass alle Strafregister der Mitgliedstaaten Informationen über jeden Rechtsverlust enthielten. Es sollte daher geprüft werden, ob es auf EU-Ebene einer Mindestregelung bedarf, die alle Mitgliedstaaten verpflichtet, zumindest bestimmte Rechtsverluste in Registern zu erfassen.

Sonstiges

 

Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet

Am 21. Februar 2006 wurde im Rat die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen und formell angenommen. Nach ihrem Inkrafttreten bleiben den Mitgliedstaaten noch 18 Monate für die Umsetzung in nationales Recht.

Frühere Berichte finden Sie hier: 22/2004, 23/2004, 12/2005, 15/2005, 17/2005, 19/2005, 22/2005, 23/2005

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher und RAin Mila Otto, LL.M.

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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