Büro Brüssel

Ausgabe 05/2006                                                                                                                16.03.2006

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Strafrecht

-            Europäischer Haftbefehl: Empfehlungen des EP an den Rat

-            EuGH - Urteil zum Grundsatz „ne bis in idem“

 

 

Wirtschaftsrecht

-        EP-Abstimmung über Richtlinie zu Aktiengesellschaften

 

Sonstiges

-        Beschluss der Kommission zur Einsetzung einer Expertengruppe für bessere Rechtsetzung


 

Strafrecht

 

Europäischer Haftbefehl: Empfehlungen des EP an den Rat

Das EP hat am 15. März 2006 den Bericht von MdEP Hazan zur Evaluierung des Europäischen Haftbefehls mit großer Mehrheit angenommen. Während die Abgeordneten den Europäischen Haftbefehl vor allem wegen seiner Effizienz und Schnelligkeit überwiegend positiv bewerten, bemängeln sie dennoch Schwierigkeiten bei der Umsetzung und praktischen Anwendung und richten mehrere Empfehlungen an den Rat. Insbesondere soll der Rat alsbald den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte annehmen und dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten verfassungsmäßige oder rechtliche Hindernisse für die Anwendung des Europäischen Haftbefehls beseitigen. Besonderes Augenmerk bei der Anwendung des Europäischen Haftbefehls sei auf die Achtung der Menschenrechte und der persönlichen Freiheiten zu legen. Ferner wird der Rat aufgefordert, den Europäischen Haftbefehl schnellstmöglich von der 3. in die 1. Säule überzuleiten, um so die demokratische Legitimation zu stärken.

Frühere Berichte finden Sie hier: 13/2004, 5/2005, 18/2005

 

EuGH - Urteil zum Grundsatz „ne bis in idem“

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 09. März 2006 in der Rechtssache C-436/04 über Vorlagefragen des belgischen Kassationsgerichts zur grenzüberschreitenden Anwendbarkeit des Grundsatzes „ne bis in idem“ in zeitlicher Hinsicht sowie zur Definition des Begriffs „dieselbe Tat“ entschieden. Demnach ist

der in Art. 54 Schengener Durchführungsübereinkommen niedergelegte Grundsatz „ne bis in idem“ auf ein Strafverfahren anzuwenden, das in einem Vertragsstaat wegen einer Tat eingeleitet worden ist, die in einem anderen Vertragsstaat bereits zur Verurteilung des Betroffenen geführt hat, auch wenn das betreffende Übereinkommen im letztgenannten Staat zum Verurteilungszeitpunkt noch nicht in Kraft war. Erforderlich ist lediglich, dass das Übereinkommen zum Zeitpunkt des Erlasses des späteren Urteils im erstverurteilenden Vertragsstaat in Kraft getreten ist. Als maßgebendes Kriterium für die Definition des Begriffs „derselben Tat“ knüpft der EuGH an den materiellen Tatbegriff an, der rein sachverhaltsbezogen zu ermitteln sei. Nach Auffassung des EuGH sind die strafbaren Handlungen, die in dem betreffenden Fall in der Ausfuhr und Einfuhr derselben Betäubungsmittel bestanden, als „dieselbe Tat“ i.S.d. Art. 54 SDÜ anzusehen, wobei die endgültige Beurteilung den nationalen Gerichten zusteht. 

 

Wirtschaftsrecht

 

EP-Abstimmung über Richtlinie zu Aktiengesellschaften

Am 14. März 2006 hat das EP die Richtlinie zur Vereinfachung der Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals in erster Lesung behandelt. Durch eine Änderung der Zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie aus dem Jahr 1976 (Abl. L 26 v. 31.1.1977) sollen die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit von Aktiengesellschaften gesteigert werden. Ziel des Gesetzgebungsvorhabens ist es, Aktiengesellschaften die Durchführung bestimmter kapitalbezogener Maßnahmen zu erleichtern und diese so in die Lage zu versetzen, flexibler auf Marktenwicklungen reagieren zu können, ohne dabei die Rechte von Gläubigern und Aktionären zu schwächen. Erreicht werden soll dieses vor allem durch die Abschaffung bestimmter Berichts- und Konsultationspflichten der Aktiengesellschaften und die Festlegung eines harmonisierten Gerichtsverfahrens, auf welches die Gläubiger im Falle einer Kapitalherabsetzung zurückgreifen können. Die Parlamentarier haben den Bericht von MdEP Kauppi angenommen, der einige Änderungen des Richtlinienvorschlags beinhaltet, mittels derer Bürokratie und Berichtspflichten noch stärker verringert werden sollen. Unter anderem ist vorgesehen, Ausschluss- und Andienungsrechte ("squeeze out-" und "sell out-rights") aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen.

 

Sonstiges

 

Beschluss der Kommission zur Einsetzung einer Expertengruppe für bessere Rechtsetzung

Mit Beschluss vom 28. Februar 2006 hat die Kommission eine „Gruppe von hochrangigen nationalen Rechtsetzungssachverständigen“ eingesetzt, die die Kommission zu allen Fragen der besseren Rechtsetzung und der Ausarbeitung entsprechender Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene beraten soll. Im Vordergrund sollen dabei die Vereinfachung, Bewertung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Auswirkungen, Konsultationsverfahren sowie verschiedene Arten der Rechtsetzung stehen. Die Gruppe soll als Schnittstelle zwischen der Kommission und den maßgeblichen staatlichen Stellen die Kommission dabei unterstützen, das Regelungsumfeld für Unternehmen, Industrie, Verbraucher, Sozialpartner und für die Bürger zu verbessern. Sie soll die Verbreitung vorbildlicher Verfahren der besseren Rechtsetzung innerhalb der EU unterstützen und die Zusammenarbeit von Kommission und Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Durchführung von Maßnahmen zur besseren Rechtsetzung in den Einzelstaaten stärken.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher und RAin Mila Otto, LL.M.

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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