Büro Brüssel

Ausgabe 11/2006                                                                                                                08.06.2006

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

-            Europäisches Vertragsrecht

 

Strafrecht

-            Sachverständigentreffen zum Grünbuch über Kompetenzkonflikte und „ne bis in idem“

-            Internationale Strafregistervernetzung

 

 

Freizügigkeit

-        Politische Einigung im Rat über die Dienstlei-stungsrichtlinie

 


 

Zivilrecht

 

Europäisches Vertragsrecht

Auf dem 2. European Discussion Forum zum Europäischen Vertragsrecht, das von der österreichischen Ratspräsidentschaft am 26. Mai 2006 in Wien ausgerichtet wurde, machte die Kommission deutlich, dass sie im Rahmen der Anstrengungen einer besseren Rechtssetzung zum einen an einer Revision des Verbraucheracquis arbeite, zum anderen ein umfangreicheres Projekt zum europäischen Vertragsrecht anstrebe. Dabei solle es sich nicht um ein verbindliches Legislativinstrument, sondern um eine sog. „Toolbox“ handeln, die allerdings für Kommission, Parlament und Rat bindend sein könnte. Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang dieses Instrument sind noch offen.

Die Bundesrechtsanwaltskammer spricht sich in ihrer Stellungnahme für die Schaffung eines europäischen Referenzrahmens zum Vertragsrecht mit dem langfristigen Ziel aus, ein „Modellrecht“ zur Um-setzung in nationales Recht zur Verfügung zu stellen. Sie hält es für erforderlich, dass der Referenzrahmen sowohl das allgemeine als auch das besondere Vertragsrecht wiedergibt, sich also nicht nur auf die Harmonisierung des Verbraucheracquis beschränkt. Außerdem warnt sie vor einer zu detaillierten, an allen denkbaren Einzelfällen orientierten  Regelungsdichte, die die Anwendbarkeit des gemeinsamen Referenzrahmens als „Modellrecht“ in Zukunft erschweren würde.

Frühere Berichte: 5/2004, 20/2004, 23/2004, 17/2005, 18/2005, 6/2006

 

Strafrecht

 

Sachverständigentreffen zum Grünbuch über Kompetenzkonflikte und „ne bis in idem“

Am 30./31.Mai 2006 fand ein von der Kommission initiiertes Sachverständigentreffen zum Grünbuch über Kompetenzkonflikte und das „ne bis in idem“-Prinzip in Strafverfahren statt. Die Kommission möchte die Vermeidung positiver Kompetenzkonflikte erreichen, die sich daraus ergeben, dass mehrere Mitgliedstaaten in dem gleichen Fall Strafverfolgungen einleiten. Die Kommission schlägt als Lösung ein aus drei bis vier Schritten bestehendes Verweisungsverfahren vor, in dem sich die Behörden über die Strafverfolgung informieren und die Zuständigkeit möglichst einvernehmlich oder aber mit Hilfe eines Streitschlichtungsverfahrens auf die zur Strafverfolgung geeignetste Behörde übertragen. Bei der Anhörung wurde deutlich, dass das Kommissionsvorhaben mehrheitlich kritisch beurteilt wird: Schon das Ziel der Vermeidung „positiver Kompetenzkonflikte“ wurde nicht als drängendes praktisches Problem eingeschätzt; weiterhin bestand die Sorge, dass das von der Kommission vorgeschlagene ergebnisoffene Verfahren zu einer nicht hinnehmbaren Verfahrensverzögerung führen könnte. Während teilweise hinsichtlich der möglichen Kriterien für eine Zuständigkeitsbestimmung möglichst große Flexibilität befürwortet wurde, wurde auch die Forderungen nach einer „ex-ante“-Bestimmung der Zuständigkeit nach allgemeinen und vorhersehbaren Kriterien laut. Dieses entspricht der Position der BRAK, die statt eines Konsultationsverfahrens die Schaffung justiziabler Regeln, die einen einzigen Mitgliedstaat für zuständig erklären, favorisiert.

Frühere Berichte: 1/2006, 7/2006

 

Internationale Strafregistervernetzung

Am 6. Juni 2006 haben die Justizminister aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Belgien, Luxemburg und Tschechien sowie der Vizepräsident der Europäischen Kommission das Projekt der europäischen Strafregistervernetzung vorgestellt. Das Projekt, das 2003 als deutsch-französische Initiative begann, hat den Echtbetrieb aufgenommen. Unter Einschaltung der Zentralregister können Auskünfte ausländischer Strafregister elektronisch und damit schneller bearbeitet werden. Künftig wird der Heimatstaat eines rechtskräftig Verurteilten vom Urteilsstaat zudem unmittelbar nach der Eintragung in dessen Strafregister informiert werden.

Nachdem auf EU-Ebene im November 2005 der Beschluss des Rates über den Austausch von Informationen aus dem Strafregister verabschiedet wurde, hat die Kommission derweil im Dezember 2005 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten vorgelegt. Mit ihm sollen nicht nur die Modalitäten der Informationsübermittlung und –speicherung geregelt werden, sondern es sollen auch die Rahmenbedingungen für den Auf- und Ausbau eines elektronischen Systems zum Austausch von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen zwischen allen Mitgliedstaaten festgelegt werden.

Frühere Berichte: 20/2004, 21/2004, 23/2004,  3/2005, 23/2005, 1/2006

 

Freizügigkeit

 

Politische Einigung im Rat über die Dienstleistungsrichtlinie

Der Rat erzielte am 29. Mai 2006 eine politische Einigung über die Dienstleistungsrichtlinie. Grundlage der Einigung ist der von der Kommission im April 2006 vorgelegte Text, der die vom EP in erster Lesung angenommenen Änderungen größtenteils aufnimmt. Die politische Einigung beinhaltet, in Art. 3, dass berufsspezifische Richtlinien der Dienstleistungsrichtlinie im Kollisionsfall vorgehen. Außerdem werden Vorbehaltsaufgaben, und damit auch die anwaltliche Tätigkeiten in Deutschland, vom Prinzip der Dienstleistungsfreiheit (Art. 16) ausgenommen. Das Gleiche gilt für die Eintreibung von Forderungen. Damit sind die wesentlichen Forderungen der BRAK erfüllt. Mit der zweiten Lesung im EP ist im 2. Halbjahr 2006 zu rechnen.

Frühere Berichte: 1/2004, 12/2004, 2/2005, 3/2005, 5/2005, 6/2005, 11/2005, 12/2005, 13/2005, 14/2005, 15/2005, 17/2005, 18/2005, 22/2005, 3/2006, 7/2006

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue de Tervuren 142-144, B-1150 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.be

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher und RAin Mila Otto, LL.M.

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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