Büro Brüssel

Ausgabe 02/2009                                                                                                                05.02.2009

Themen in dieser Ausgabe:

Zivilrecht

- EU-Verbraucherbarometer 2009

 

Wirtschaftsrecht

- Kommission prüft Kapitalbeteiligungsgesetz

 

Strafrecht

- Rahmenbeschluss des Rates zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Straf-verfahren

 

 

Freizügigkeit

- Staatsangehörigkeitsvorbehalt bei Notaren

- Anerkennung von Hochschuldiplomen

 

 

 

Sonstiges

- EU-Kalender Online

- Bundestagswahl/Europawahl


 

Freizügigkeit

 

Anerkennung von Hochschuldiplomen

Der EuGH hat am 29.01.2009 entschieden, dass sich ein Inhaber eines Befähigungsnachweises eines anderen Mitgliedstaates, der keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaates fallende Ausbildung, Prüfung oder Berufserfahrung in diesem Mitgliedstaat bescheinigt, im Hinblick auf die Zulassung zu einen reglementierten Beruf im Aufnahmemitgliedstaat nicht auf die Richtlinie 89/48/EWG zur Anerkennung von Hochschuldiplomen berufen kann. 

Grundlage dieses Urteils war die Homologation von italienischen Befähigungsnachweisen in Spanien, die ein italienischer Staatsbürger als Voraussetzung für die Eintragung in das italienische Ingenieursverzeichnis nutzen wollte, obwohl er weder ein nach italienischem Recht erforderliches Staatsexamen besaß, noch Prüfungen in Spanien abgelegt oder dort eine Berufstätigkeit ausgeübt hatte.

Fraglich war im konkreten Fall allein, ob die Homologationsbescheinigung ein Diplom im Sinne der Richtlinie darstellt. Ziel dieser Richtlinie ist die Beseitigung von Hindernissen für die Ausübung eines Berufs in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem der Befähigungsnachweis über die betreffenden Qualifikationen ausgestellt wurde. Eine Gleichstellung des Befähigungsnachweises kann nach den Erwägungsgründen der Richtlinie jedoch nicht geschehen, wenn keine Qualifikationen im Rahmen des Bildungssystems des Mitgliedstaates erfolgt sind, in dem der Befähigungsnachweis ausgestellt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH dient der Befähigungsnachweis der Erleichterung des Zugangs zum Beruf, da er den Besitz zusätzlicher Qualifikationen belegt. Die spanische Homologation ist jedoch nicht geeignet, zusätzliche Qualifikationen zu belegen. Weder die Homologation noch die Eintragung in das Ingenieurverzeichnis ergingen auf der Grundlage einer Überprüfung der Qualifikationen oder Berufserfahrung. Würde diese Konstellation in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen werden, hätte dies zur Folge, dass den Mitgliedstaaten die in dem fünften Erwägungsgrund genannte Möglichkeit, ein Mindestniveau der erforderlichen Qualifikationen zu bestimmen, genommen würde. Damit würde das Ziel, die Qualität der im eigenen Mitgliedstaat erbrachten Leistungen selbst zu bestimmen, umgangen.

 

 

Staatsangehörigkeitsvorbehalt bei Notaren

Die EU-Kommission hat den Entschluss gefasst, beim EuGH Klage gegen die Niederlande zu erheben. Grund hierfür ist die bisher nicht erfolgte Verabschiedung eines Gesetzes zur Abschaffung der Staatsangehörigkeit als Voraussetzung für den Zugang zum Beruf des Notars.

Die EU-Kommission sieht in der Voraussetzung der Staatsangehörigkeit für den Notarberuf einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV), der nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt gerechtfertigt werden könne (Art. 45 EGV). Bei der Tätigkeit des Notars handelt es sich nach Auffassung der EU-Kommission nicht um eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der öffentlichen Gewalt. Dies folge daraus, dass der Notar keine Entscheidungen gegen den Willen einer der Parteien, die er berate, durchsetzen könne. Er entscheide damit nicht und übe keine hoheitlichen Befugnisse aus.

Die Kommission hatte die Niederlande neben 6 weiteren Mitgliedstaaten (darunter auch Deutschland) in einer „begründeten Stellungnahme“ im Jahre 2006 förmlich zur Änderung der Rechtsvorschriften aufgefordert, die nur eigenen Staatsangehörigen den Zugang zum Notarberuf gestatten. Die Niederlande hatten sich daraufhin verpflichtet, dieser Stellungnahme nachzukommen. Entgegen des geplanten Zeitpunktes für die Annahme des gemeinschaftsrechtskonformen Gesetzentwurfs am 01.08.2007 ist dies jedoch bis heute nicht geschehen.

 

Frühere Berichte: 19/2006

 

Zivilrecht

 

EU-Verbraucherbarometer 2009

EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva hat am 2. Februar 2009 den zweiten Jahresbericht über die Lage auf den Verbrauchermärkte, das „Verbraucherbarometer“, vorgestellt. Ziel des Barometers ist es, Anzeichen auszumachen, die auf mögliche Marktstörungen hinweisen. Das erste Verbraucherschutzbarometer wurde 2008 vorgelegt. Die Umfrage hat ergeben, dass die Verbraucher von den über 20 untersuchten Branchen für Produkte und Dienstleistungen insbesondere Energie, Bankwesen und öffentlicher Verkehr für verbesserungsfähig halten. Abgefragt wurden die Kriterien Preis, Wechselmöglichkeiten, Zufriedenheit, Beschwerden und Sicherheit. Zu dem vorgelegten Resultat bemerkte Kommissarin Kuneva allerdings, dass die vorhandenen Daten noch unvollständig seien und dass es auf den Märkten an vielen Stellen an der notwendigen Transparenz mangele. Kommissarin Kuneva kündigte an, dass 2009 besonders die Stromversorger und die unfairen Bedingungen für Stromverbraucher unter die Lupe genommen werden sollen. Dieser Sektor sei aufgrund seiner Bedeutung für das Budget der Privathaushalte vorrangig. Außerdem belegten die vorliegenden Informationen, dass es bei den Durchsetzungsmechanismen und Rechtsmitteln für Verbraucher erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gebe und sie verbesserungswürdig seien. Die Kommission plant deswegen, neben dem Ende letzten Jahres veröffentlichten Grünbuch für kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren eine Mitteilung über Rechtsdurchsetzung und von Folgemaßnahmen zu veröffentlichen.

 

Frühere Berichte: 5/2004, 20/2004, 23/2004, 17/2005, 18/2005, 1/2006, 6/2006, 11/2006, 17/2006, 3/2007, 6/2007, 9/2007, 11/2007, 21/2007, 3/2008, 7/2008, 10/2008, 21/2008

 

 

Wirtschaftsrecht

 

Kommission prüft Kapitalbeteiligungsgesetz (MoRaKG)

Die Europäische Kommission prüft das in Deutschland geplante Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) auf dessen Vereinbarkeit mit den EU-Beihilfevorschriften. Das neue Gesetz soll die Bereitstellung von Wagniskapital für junge und mittelständische Unternehmen fördern und sieht zu diesem Zweck Steuervorteile für Wagniskapitalgesellschaften und natürliche Personen vor, die Wagniskapitalbeteiligunen in den Zielgesellschaften halten. Die BRAK hatte den Gesetzentwurf in ihrer Stellungnahme Nr.1/2008 grundsätzlich begrüßt. Nach Auffassung der Kommission werden durch die geplanten Maßnahmen allerdings bestimmte Unternehmen selektiv begünstigt und den Wagniskapitalgesellschaften das Recht eingeräumt, Verluste der Zielgesellschaften steuerlich abzuziehen. Natürliche Personen mit Beteiligungen würden möglicherweise von Einkommenssteuervorteilen profitieren, wenn ihre Beteiligungen mit Gewinn verkauft werden. Außerdem bezweifelt sie, ob die Maßnahmen mit den EU-Risikokapitalleitlinien vereinbar sind. Das Prüfungsverfahren der Kommission wird ergebnisoffen geführt.

 

 

 

 

Strafrecht

 

Rahmenbeschluss des Rates zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren

Auf Initiative der Tschechischen Republik, Polens, Sloweniens, der Slowakei und Schwedens hat der Rat am 20. Januar 2009 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren vorgelegt. Ziel ist es, durch Kooperation der Mitgliedstaaten zu verhindern, dass in mehreren Mitgliedstaaten parallele Verfahren wegen derselben Tat durchgeführt werden. Dazu legt der Rahmenschluss fest, wie die nationalen Strafverfolgungsbehörden Informationen über laufende Strafverfahren austauschen können und sieht außerdem bei Kompetenzkonflikten zwischen mehreren zuständigen Mitgliedstaaten eine Möglichkeit der direkten Konsultation vor, mit deren Hilfe geregelt werden soll, welcher Staat für die Durchführung eines bestimmten Strafverfahrens der geeignetste ist. Der Vorschlag wird nun im EP im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres diskutiert.

 

Frühere Berichte: 11/2006, 7/2006, 5/2006, 1/2006, 21/2005, 16/2005.

 

 

 

Sonstiges

 

EU Kalender online

Seit dem 30. Januar 2009 ist der EU Kalender online einsehbar. Alle Ereignisse der EU-Institutionen sind in dem Wochenkalender vermerkt, zusammen mit Hintergrundinformationen, Ansprechpartnern und weiterführenden Links.

 

Bundestagswahl/Europawahl

Am 27. September 2009 findet die Wahl zum Deutschen Bundestag und am 7. Juni 2009 die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland statt. Informationen über die Möglichkeiten der Wahlteilnahme für Deutsche, die außerhalb der Bundesrepublik leben, und Antragsvordrucke können unter www.bundeswahlleiter.de und www.bruessel.diplo.de abgerufen werden.

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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