Büro
Brüssel
Ausgabe
03/2009 19.02.2009
Themen
in dieser Ausgabe: - Konsultation über die Schaffung
eines Statuts für eine Europäische Stiftung - EuGH - Urteil zu
Schiedsvereinbarungen und Brüssel I - EuGH Urteil zur
Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie |
Europäische Union - Mündliche Verhandlung BVerfG zum Lissabon Vertrag - Tagung zu praktischen Fragen der
grenzüberschreitenden Mediation |
Zivilrecht
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Konsultation über die Schaffung eines
Statuts für eine Europäische Stiftung
Die
Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen hat eine öffentliche Konsultation
über die mögliche Schaffung eines Statuts für eine Europäische Stiftung
vorgelegt. Diese steht im Zusammenhang mit einer gleichzeitig veröffentlichten Machbarkeitsstudie.
Inhaltlich bezieht sich die Konsultation auf die Schwierigkeiten im Umgang mit
Stiftungen, die grenzüberschreitend im Binnenmarkt tätig sind. Ziel der
öffentlichen Konsultation ist es, die
aktuelle Lage bezüglich der Stiftungen besser beurteilen zu können Bislang hat
die Europäische Kommission noch keine endgültige Entscheidung über die
Erforderlichkeit eines Statuts über die Europäische Stiftung getroffen. Ziel
eines solchen Status ist die Verwendung einer einheitlichen europäischen
Rechtsform, die entsprechend den nationalen Rechtsformen und auf freiwilliger
Basis ausgestaltet ist.
Der
Fragebogen des Konsultationspapiers gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil
des Fragebogens umfasst allgemeine Fragen über die Notwendigkeit und
Zweckmäßigkeit eines solchen Statuts sowie Fragen zu dessen möglichem Inhalt.
Diese Fragen sind insbesondere für die einzelnen Stiftungen von Interesse.
Demgegenüber
richtet sich der zweite Teil des Fragenkatalogs an Geber und Gründer von
Stiftungen. Diese Fragen befassen sich mit der Auswirkung eines möglichen
Statuts über die Europäische Stiftung auf deren Haltung gegenüber der
Unterstützung und Gründung von Stiftungen. Stellungnahmen zu der Konsultation
können bis zum 15.Mai unter markt-consultation-ef@ec.europa.eu
eingereicht werden.
EuGH Urteil zu Schiedsvereinbarungen
und Brüssel I
Am
10. Februar 2009 entschied der EuGH,
dass ein Gericht eines Mitgliedstaats einer Person nicht verbieten kann, einen
Zivilprozess vor einem Gericht eines anderen Mitgliedstaates einzuleiten,
selbst wenn dieser Prozess möglicherweise einer Schiedsvereinbarung zuwiderläuft.
Grundlage
des Rechtsstreit war ein Unfall eines von der Erg Petroli SpA gecharterten
Schiffes der Firma West Tankers, das in Italien einen Unfall mit einer der Erg
gehörenden Mole hatte. Der Chartervertrag sah die Geltung englischen Rechts
sowie ein Schiedsverfahren in London vor. Nachdem die Versicherer der Erg
Schadensersatz geleistet hatten, erhoben sie vor einem italienischen Gericht
Klage gegen West Tankers auf Rückerstattung der gezahlten Beiträge. West
Tankers hingegen leitete im Vereinigten Königreich ein Verfahren ein mit dem
Ziel, den Rechtsstreit dem Londoner Schiedsverfahren zu unterwerfen. Ferner
beantragte West Tankers das Verbot, sich einer anderen Methode als des
Schiedsverfahrens zu bedienen.
Der
EuGH führte daraufhin aus, dass solch ein Verbotsverfahren nicht in den
Anwendungsbereich der Verordnung EG Nr. 44/2001 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in
Zivil- und Handelssachen falle. Es könne jedoch dann Auswirkungen auf die
praktische Wirksamkeit der Verordnung haben, wenn es ein Gericht eines anderen
Mitgliedstaates in der Ausübung seiner Befugnisse, die ihm durch diese
Verordnung verliehen wurden, behindere.
Ferner
weist der EuGH in seinem Urteil darauf hin, dass gemäß der Verordnung EG Nr.
44/2001 kein Gericht die Zuständigkeit eines Gerichts in einem anderen
Mitgliedstaat prüfen dürfe. Somit sei es ausschließlich die Angelegenheit des
italienischen Gerichts, über seine eigene Zuständigkeit zu befinden. Die Anordnung eines Verbots, andere Maßnahmen
als das Schiedsverfahrens wahrzunehmen, stelle eine Beeinträchtigung der durch
die Verordnung verliehenen Befugnisse dar.
Wäre das italienische Gericht an der Prüfung seiner Zuständigkeit
gehindert und wäre die Schiedsvereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht
erfüllbar, so würde den Versicherern kein gerichtlicher Rechtsschutz zustehen.
Strafrecht
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EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie
Der
EuGH
entschied am 10. Februar 2009, dass der Erlass der Richtlinie 2006/24/EG
- besser bekannt als Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie auf eine geeignete
Rechtsgrundlage gestützt wurde.
Die
Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie regelt die Speicherung von Daten, die im
Zusammenhang mit der Bereitstellung öffentlicher elektronischer
Kommunikationsdienste verarbeitet und aufbewahrt werden müssen für die Zwecke
der der Vorbeugung, Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten
inklusive Terrorismus. Die Richtlinie war im Rat am 21. Februar 2006 mit
Gegenstimmen von Irland und der Slowakei beschlossen worden. Im Anschluss daran
hatte Irland einen Antrag beim EuGH gestellt, die Richtlinie für nichtig zu
erklären, da sie nicht auf Grundlage von Art. 95 EGV als Binnenmarktrichtlinie
hätte ergehen dürfen, sondern vielmehr auf Regelungen über die polizeiliche und
justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen gestützt hätte werden müssen, da der
einzige Zweck der Richtlinie darin bestehe, die Ermittlung, Entdeckung und
Verfolgung schwerer Verbrechen, einschließlich des Terrorismus, zu erleichtern.
Der
EuGH führt in seinem Urteil aus, dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten
wesentliche Unterschiede hinsichtlich der Speicherung von Daten bestanden
hätten, z.B. bei der Natur der gespeicherten Daten und der Speicherfrist. Diese
Unterschiede hätten sich ohne den Erlass der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie
unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes ausgewirkt, da bereits
absehbar gewesen sei, dass die Mitgliedstaaten neue Vorschriften erlassen
würden, die die vorhandene Differenzen zwischen den bestehenden nationalen Maßnahmen
noch ausweiten würden. Somit stelle
Art. 95 EGV die geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der
Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie dar, um diesen Maßnahmen entgegenzuwirken.
Ferner
implizierten die in der Richtlinie festgelegten Maßnahmen keine Strafverfolgung
durch die Behörden der Mitgliedstaaten, sodass die Richtlinie keine Regelungen
der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen erfasse. Die Richtlinie betreffe folglich im
überwiegenden Maße das Funktionieren des
Binnenmarktes.
Frühere
Berichte: 22/2004,
23/2004,
12/2005,
15/2005,
17/2005,
19/2005,
22/2005,
23/2005,
1/2006,
4/2006,
8/2006,
18/2008
Europäische
Union
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Mündliche Verhandlung BVerfG zum
Lissabon Vertrag
Am
10. und 11. Februar fand vor dem Bundesverfassungsgericht die mündliche
Anhörung über die Vereinbarkeit des Vertrags von Lissabon mit dem deutschen
Grundgesetz statt. Verhandelt wurde ein Organstreitverfahren der Linkspartei
sowie Verfassungsbeschwerden der einzelnen MdB der Linkspartei, Peter Gauweiler
(CSU) sowie weiteren Mitgliedern des Deutschen Bundestages.
Dabei
stand für den Prozessvertreter der Linkspartei, Prof. Dr. Andreas Fisahn,
insbesondere die Unvereinbarkeit des Vertrags von Lissabon mit dem
Sozialstaatsprinzip im Vordergrund. Die Linkspartei kritisierte die einseitige
Marktorientierung des Vertrags sowie die Verletzung der Menschenwürde durch die
Rechtsprechung des EuGH. Dieser würde die Menschenwürde in den einschlägigen
Urteilen Viking/Laval,
Schmidberger
und Omega
gegen die Europäischen Grundfreiheiten abwägen. Ferner liege in der Unterschreitung
der Maastricht-Kriterien eine Verletzung des Demokratieprinzips, die nicht
durch Darstellung der Europäischen Integration als nicht abgeschlossener
Prozess gerechtfertigt werden könne.
Die
Vertreter der Bundesregierung wiesen darauf hin, dass die Richter des EuGH in
den einschlägigen Urteilen die Menschenwürde gerade nicht als abwägbares Recht
verstanden, sondern diese im Gegenteil sogar gestärkt habe. Zudem sei durch die
Verbindlichkeit der Grundrechtecharta sowie durch den Beitritt der EU zur EMRK der
Grundrechtsschutz weiter verbessert worden. Der Vertrag von Lissabon stelle
weiterhin keinen Endzustand der Europäischen Integration dar, was nicht zuletzt
die Beitrittsverhandlungen mit weiteren Staaten zeigten.
Zu
welchem Ergebnis der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts kommt, bleibt
abzuwarten. Das Urteil wird voraussichtlich im Sommer gesprochen.
Frühere
Berichte: 20/2007,
22/2007,
03/2008,
4/2008,
8/2008
Sonstiges
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Tagung zu praktischen Fragen
grenzüberschreitender Mediation
Am
14. und 15. Mai veranstaltet die Europäische Rechtsakademie (ERA) eine Tagung zu praktischen Fragen
grenzüberschreitender Mediation und Mediationstechniken in Trier.
Gefördert
wird das Seminar durch die Europäische Kommission im Rahmen des Programms für
die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen, die Tagungsgebühr beträgt 300
Euro.
Gerichtet
ist die Tagung an alle interessierten Anwälte und Anwältinnen, die die
Mediation ausüben. Die Sprachen der
Veranstaltungen sind Deutsch und Englisch mit jeweiliger Simultanübersetzung.
Interessierte Teilnehmer können sich über die Homepage der Europäischen
Rechtsakademie www.era.int für die Tagung
anmelden.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer,
Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743
86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen und Natalie Barth |
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