Büro Brüssel

Ausgabe 05/2009

                                                                                                                                         19.03.2009

Themen in dieser Ausgabe:

Zivilrecht

- Anti-Diskriminierungsrichtlinie im LIBE-Ausschuss

Wirtschaftsrecht

- Abstimmung über Europäische Privatgesellschaft im EP

-Entschließung zur grenzüberschreitenden Sitz-verlegung

-Entschließung zum "small Business act"

 

 

 

Sonstiges

- Online Leitfaden für Europäischen Ombudsmann


 

 

 

Zivilrecht

 

Anti-Diskriminierungsrichtlinie im LIBE-Ausschuss

Am 16. März hat der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments den Bericht von Kathalijne Buitenweg angenommen über den Vorschlag für eine Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (Anti-Diskriminierungsrichtlinie). Die Richtlinie soll gelten für den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen, Bildung und den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum. Derzeit gibt es bereits Richtlinien, mit denen die Diskriminierung am Arbeitsplatz (Richtlinie 2000/78/EG), aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (Richtlinie 2004/113/EG) und wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft (Richtlinie 2000/43/EG) verboten wird. Buitenweg macht in ihrem Bericht vor allem ergänzende Vorschläge zu dem Richtlinienentwurf, z.B. hinsichtlich der Definition einer Behinderung und hinsichtlich des barrierefreien Zugangs. Weiterhin fordert sie u.a., dass auch die Diskriminierung aufgrund einer reinen Annahme über Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Ausrichtung in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen soll. Der Richtlinienentwurf selbst ist umstritten. So wird die vage Formulierung des Textes kritisiert sowie das tatsächliche Bedürfnis für eine weitere Regelung in Frage gestellt. Das EP wird sich im Plenum Anfang April 2009 mit dem Richtlinienentwurf befassen.

 

 

Wirtschaftsrecht

 

Abstimmung über Europäische Privatgesellschaft im EP

In seiner Sitzung am 10. März 2009 hat das Europäische Parlament seine Stellungnahme zu dem Verordnungsvorschlag über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft angenommen. Die Stellungnahme beruht hauptsächlich auf dem Bericht des Rechtsausschusses, der von dem Berichterstatter MdEP Lehne vorbereitet worden war. Das EP begrüßt die Einführung der neuen Gesellschaftsform. In ihren Änderungsanträgen fordert das Parlament u.a. einen grenzüberschreitenden Bezug der Gesellschaft, der allerdings nicht zu eng ausgelegt werden dürfe und ein Mindestkapital von 8.000 Euro, wenn keine Solvenzbescheiningung vorliegt. Der wohl strittigste Punkt im Rahmen des Verordnungsvorschlags ist die Frage der Mitbestimmung. Das Plenum weicht in seiner Stellungnahme von dem Bericht des Rechtsausschusses ab. Die Europäische Privatgesellschaft soll den Regeln für Arbeitnehmermitbestimmung unterliegen, die in dem Mitgliedstaat anwendbar sind, in dem die Gesellschaft ihren eingetragenen Sitz hat. Dies gilt nicht, wenn ein bestimmter, nach einem angegebenen Schlüssel zu berechnender Prozentsatz der Arbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat arbeitet, der einen größeren Umfang an Mitbestimmung vorsieht. In diesem Fall sollen nach Willen des EP die Mitbestimmungsregeln der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) nach der Richtlinie 2001/86/EG zur Geltung kommen, wonach sich Arbeitnehmervertreter und Geschäftsleitung auf ein Mitbestimmungssystem einigen können. Der Rat wird sich voraussichtlich im Mai mit dem Verordnungsvorschlag befassen. Die BRAK hatte die Einführung der Europäischen Privatgesellschaft in ihrer Stellungnahme begrüßt.

 

Frühere Berichte:1/2008, 18/2008,16/2008,13/2008,10/2008, 3/2007, 22/2006

 

Entschließung zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung

Am 10. März 2009 hat das Europäische Parlament in einer Entschließung die Kommission zu einem Richtlinienvorschlag zur grenzüberschreitenden Verlegung von eingetragenen Gesellschaftssitzen aufgefordert. In der  Entschließung stellt das Europäische Parlament fest, dass die derzeitige Praxis mit administrativen Hürden, Kosten und sozialen Folgewirkungen verbunden sei und keine Rechtssicherheit biete. In ihren Empfehlungen betont das Europäische Parlament, dass die grenzüberschreitende Verlegung weder die Auflösung der Gesellschaft noch irgendeine Unterbrechung oder den Rechtspersönlichkeitsverlust nach sich ziehen dürfe. Ferner dürfe die Verlegung nicht zur Umgehung rechtlicher, sozialer und steuerlicher Bedingungen führen. Die Aktionärsversammlung soll nach Vorschlag des EP die Verlegung nach Vorlage eines mit detaillierten Informationen versehenen Verlegeplans beschließen, der  auch den Arbeitnehmervertretern vorgelegt werden muss. Weiterhin solle von dem Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Gesellschaft ein Bericht mi den rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen erarbeitet werden. Nach Prüfung der Voraussetzungen der Verlegung durch das Herkunftsland soll die Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat registriert  und aus dem Register des Herkunftsmitgliedsstaats gelöscht werden. Für die Mitbestimmung soll das Recht des Aufnahmemitgliedstaats gelten, es sei denn, dass dieser nicht zumindest das gleiche Niveau an Mitbestimmung wie im Herkunftsland bietet. Gesellschaften, gegen die Verfahren zur Auflösung, Liquidation, Insolvenz, etc. anhängig sind, sollen keine Sitzverlegung vornehmen dürfen.    

 

Frühere Berichte: 13/2006

 

Entschließung des EP zum „Small Business act“

Ebenfalls am 10. März 2009 hat das Europäische Parlament die Kommission aufgefordert, die Leitprinzipien des Aktionsplans „Small Business act“, mit dem KMU wettbewerbsfähiger gemacht werden sollen, besser in die Rechtssetzung einzubeziehen. Das EP bedauert, dass der Small Business act kein rechtsverbindliches Instrument ist. Das EP fordert u. a. in seiner Entschließung einen verbesserten EU-weiten Schutz der Rechte am geistigen Eigentum und einen größeren Fokus auf das Arbeitsrecht, um es dem KMU zu ermöglichen, schneller auf Marktveränderungen zu reagieren. Das EP vertritt weiterhin die Auffassung, dass das Gesamtpotenzial des elektronischen Geschäftsverkehrs noch nicht ausgeschöpft sei. Moderne Anwendungen für die elektronische Abwicklung des Geschäftsverkehrs, die auf der Verwendung kompatibler elektronischer Signaturen und Authentifizierungszertifikate beruhen, würden zur Durchsetzungsfähigkeit von KMU den Wettbewerb fördern und sollten von der Kommission und den Mitgliedstaaten gefördert werden. Der Europäischen Privatgesellschaft misst das EP für KMU große Bedeutung zu.

 

Frühere Berichte: 13/2008

 

 

Sonstiges

 

Online-Leitfaden für Europäischen Ombudmann

Der Europäische Ombudsmann, P. Nikiforos Diamandouros, hat einen interaktiven Leitfaden für Beschwerdeführer vorgestellt, mit dem Bürger, Unternehmen, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), Verbände und andere Organisationen zu der Einrichtung geleitet werden sollen, die ihre Beschwerde oder Informationsanfragen am besten bearbeiten kann. Der Leitfaden ist in allen 23 offiziellen EU-Sprachen erhältlich unter www.ombudsman.europa.eu. Der Europäische Ombudsmann ist zuständig für Beschwerden über schlechte Verwaltung in den EU-Behörden, z.B. bei mangelnder Transparenz, verspäteter Zahlung für EU-Projekte oder Diskriminierung.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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